ÖSTERREICH traf Ski-Held Marcel Hirscher (28) bei seinem 1. Auftritt nach Knöchelbruch.
15 Kamerateams, 20 Fotografen, 50 Journalisten scharen sich vor Hirscher. Erstmals seit seinem fatalen Trainingscrash im August, bei dem er sich den Bruch im linken Außenknöchel zugezogen hat, stellte er sich der Öffentlichkeit. Eloquent, selbstsicher, aber vor allem topmotiviert, plauderte er über seinen Comeback-Plan.
Der ist mehr als überraschend. Gleich nach dem Weltcup-Auftakt Ende Oktober in Sölden will er wieder auf Skiern stehen. Die Rückkehr in den Weltcup plant er mit dem Slalom am 12. November in Levi (FIN). Im Jänner will er endgültig topfit sein. Um dann im Februar bei Olympia in Südkorea zur Goldmedaille zu carven.
"Schmerzen sagen mir, wie weit ich in der Reha bin"
Olympia-Gold. Es ist die einzige Medaille, die dem Salzburger in seiner beeindruckenden Sammlung noch fehlt. Doch Hirscher stellt auch klar: Sollte sich die politische Lage bis zu den Winterspielen nicht entspannen, könnte er die Medaillenjagd boykottieren. Marcel: „Das Leben ist mehr als eine Medaille, die dann vielleicht sehr sauer schmeckt.“
Dass Hirscher auch ein harter Hund ist, wissen wir seit gestern. Trotz großer Schmerzen verzichtet er auf Medikamente. „Nur bei der Einlieferung ins Spital habe ich etwas bekommen. Seitdem nicht mehr.“ Warum? Marcel: „Die Schmerzen sagen mir, wie weit ich in der Reha schon bin.“ Und unser Ski-Held ist schon sehr weit.
Hirscher über Comeback und Boykott: "Wenn sich Lage verschärft, verzichte ich auf Olympia"
ÖSTERREICH: Marcel, nach all deinen Erfolgen: War diese Verletzung die Challenge, die du noch gebraucht hast?
Marcel Hirscher: (lächelt) Ich hätte gerne darauf verzichten können, aber ja, es ist definitiv eine Challenge. Ich muss meine persönliche Erwartungshaltung stark reduzieren. Ich hoffe, dass ich bald das ärztliche Okay kriege, um im Trockenen in den Skischuh zu steigen und Kniebeugen zu machen. Dann gibt’s die Antworten auf Fragen, die mich beschäftigen: Tut mir der Skischuh weh? Kann ich reinsteigen? Halte ich das von den Schmerzen an der Bruchstelle überhaupt aus?
ÖSTERREICH: Spätestens bis Olympia willst du wieder topfit sein, oder?
Hirscher: Das wäre mir zu spät! Olympia ist im Februar. Richtig parat will ich im Jänner sein. Ein Start in Sölden Ende Oktober ist aus ärztlicher Sicht unmöglich. Wenn alles gut funktioniert, kann der Slalom in Levi im November ein Thema sein, um mitzufahren.
ÖSTERREICH: Kommt aufgrund der politischen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel ein Olympia-Verzicht für dich infrage?
Hirscher: Wenn sich die Lage noch weiter verschärft, fahre ich dort nicht hin. Das ist mir Olympia nicht wert. Das Leben ist mehr als eine Medaille, die dann vielleicht sehr sauer schmeckt. Ich mache mir meine Gedanken, aber es ist für mich schwer zu beurteilen, ob die Geschichte nur hochgekocht wird.