Peter Schröcksnadel hat den Österreichischen Skiverband (ÖSV) in einem Bilanzgespräch vehement angesichts der Doping-Affären während seiner Amtszeit verteidigt.
"Letztlich ist es sicher kein Imageschaden, weil Doping alle Nationen betrifft", sagte der Tiroler am Montagabend in der Servus-TV-Sendung "Sport und Talk". Nur sei man hierzulande in einem besonders gut: "Im Nestbeschmutzen sind wir super."
Beim Thema Doping wurde ein ansonsten äußerst harmonisch verlaufendes Interview jäh emotional. Schröcksnadel sieht den ÖSV zu Unrecht in ein schlechtes Licht gerückt. "Würde der Verband Doping unterstützt haben, oder würden die Ärzte des Verbandes das gemacht haben, würde ich zustimmen. Das war aber nicht der Fall", betonte Schröcksnadel.
Vier große Dopingaffären hat Schröcksnadel während seiner 31-jährigen Amtszeit erlebt, eine der eindrücklichsten bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin, als er vor internationaler Presse zu Protokoll gab: "Austria is a too small country to make good doping." Sein mittlerweile legendäres Zitat erachtet Schröcksnadel unverändert als passend. "Es war vielleicht das Englisch holprig, aber inhaltlich stimmt es zu hundert Prozent."
Operation Aderlass
Für Schröcksnadel zeigt dies nicht zuletzt ausgerechnet die Doping-Razzia bei der WM in Seefeld 2019. Im Zuge der "Operation Aderlass" folgten Festnahmen der ÖSV-Langläufer Dominik Baldauf und Max Hauke, der deutsche Drahtzieher Mark S. ist erst im Jänner zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Mit Gerald Heigl wurde im Zuge der Affäre im Vorjahr auch ein ÖSV-Langlauftrainer als Beitragstäter rechtskräftig schuldig gesprochen und sportrechtlich lebenslang gesperrt. Ähnlich wie der mehrfach skandalumwitterte Walter Mayer, einst als Cheftrainer "Vater" des sogenannten österreichischen Langlaufwunders.
Eine Beteiligung des ÖSV sei in der Aderlass-Causa unterstellt worden, so Schröcksnadel. "Das war ein deutscher Arzt, der Athleten akquiriert hat. Das ist wie bei Eltern, die Kinder haben, die irgendwelche Drogen nehmen: Die erfahren das als letzte. Man kann es nie vermeiden, das einer etwas macht, das nicht erlaubt ist. Das kann immer wieder passieren." Sportrechtlich hatte der Doping-Skandal Schuldsprüche u.a. gegen Hauke, Baldauf, Harald Wurm und Martin Stockinger zur Folge. Auch der bereits bei Olympia 2014 aufgeflogene Johannes Dürr wurde verurteilt sowie als Wiederholungstäter lebenslang gesperrt.
Kein ÖSV-Skandal
Besonders schwer im Magen liegt dem Langzeit-Präsident aber die Dopingaffäre bei Olympia 2006 in Italien. Einen ÖSV-Skandal sieht Schröcksnadel hier im Rückblick nämlich nicht. Denn: "Es war eine Olympia-Mannschaft, es war keine ÖSV-Mannschaft. Es war damals der Herr Jungwirth Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees. Die waren verantwortlich für die Olympia-Mannschaft."
Zwar bestritt Schröcksnadel nicht, dass die später verurteilten Biathleten Wolfgang Rottmann und Wolfgang Perner auch ÖSV-Sportler gewesen seien, bekräftigte aber mehrmals: "In Turin sind alle außer die zwei Biathleten vom italienischen Gericht freigesprochen worden."
Neben Rottmann und Perner war der später aus dem ÖSV ausgeschlossene Langlauftrainer Emil Hoch (von der WADA als Doping-Unterstützer bis 2023 gesperrt) in Italien im Juli 2012 zu bedingten Haft- und unbedingten Geldstrafen verurteilt worden. Die sechs weiteren Angeklagten, unter ihnen auch Schröcksnadel, wurden freigesprochen. Schröcksnadels Conclusio: "Es war kein Skandal. Der Skandal war, das einer daraus gemacht worden ist."
Schröcksnadel übergibt im Juni sein Amt nach 31-jähriger Tätigkeit. Die laufende Nachfolge-Suche - in der Pole Position dürfte der frühere Skirennläufer Michael Walchhofer stehen - wollte er nicht kommentieren. "Aktiv möchte ich mich nicht einmischen, aber ich werde meine Meinung haben", sagte der 79-Jährige.