"Heimschläferin" Gritsch im Heimvorteil

ÖSV-Frauen starten mit frischem Wind in Sölden

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Das erste alpine Ski-Rennen des Winters findet traditionsgemäß in Sölden statt. Der Frauen-Riesentorlauf ist diesmal auch der Startschuss einer neuen Zeitrechnung im Österreichischen Skiverband:

Thomas Trinker hat als Rennsportleiter übernommen und soll mit seinem Team Katharina Liensberger und Co. an die Spitze führen. Elf ÖSV-Aktive starten am Samstag (ab 10 Uhr und 13.05 Uhr im Sport24-Liveticker). Für Vorjahressiegerin Mikaela Shiffrin beginnt die Jagd nach ihrer fünften großen Kugel.

2021 gewann Shiffrin vor der Schweizerin Lara Gut-Behrami und der Slowakin Petra Vlhova, als beste Österreicherin war Katharina Liensberger Vierte. Was die Vorarlbergerin damals noch nicht wissen konnte: Nach einer Covid-Erkrankung im Dezember bekam ihre Saison einen Knick, die WM-Dritte 2021 knackte im Riesentorlauf nur noch in Lenzerheide als Sechste ein weiteres Mal die Top Ten. Nicht zuletzt um diese Baustelle soll sich Star-Trainer Livio Magoni, der frühere Erfolgscoach von Vlhova, nun kümmern. Der Italiener ist als "Sonderbeauftragter" des neuen Techniktrainers Georg Harzl hauptsächlich für die Doppel-Weltmeisterin da.

"Zuerst hat er gesagt, ich muss erst einmal Skifahren lernen", erinnerte sich Liensberger an das Kennenlernen auf der Piste und musste dabei laut lachen. "Nein, ganz so krass war es nicht. Aber natürlich haben wir vom Ansatz nach seinen Methoden alles neu aufgerollt. Wir sind sehr viele Technikübungen gefahren, haben wirklich vorne begonnen - speziell im Riesenslalom, weil wir gewusst haben, da gibt es einiges zu tun."

Letzter ÖSV-Erfolg in Sölden vor acht Jahren

Der bisher letzte österreichische Sölden-Triumph liegt acht Jahre zurück, damals gewann Anna Veith ex aequo mit Shiffrin. Bis dato letzte Riesentorlauf-Siegerin des ÖSV im Weltcup war Eva-Maria Brem am 7. März 2016 in Jasna. Neo-Chef Trinker ist sich bewusst, dass es in der Disziplin nicht von heute auf morgen bergauf gehen wird. Trotzdem wagte der Steirer eine hoffnungsvolle Prognose: "Acht sind realistisch im zweiten Durchgang, drei in Top 15. Haben werden wir sechs im Finale."

Im ÖSV-Aufgebot stehen gleich elf Frauen, darunter sind mit Magdalena Kappaurer und Sophia Waldauf zwei Debütantinnen. Kappaurer, die Schwester von Elisabeth Kappaurer, und Magdalena Egger (beide 21) waren 2021 noch als Vorläuferinnen auf dem Rettenbachgletscher im Einsatz. Der sechsfachen Junioren-Weltmeisterin Egger traut Trinker in ihrem zweiten Weltcup-Riesentorlauf die Final-Qualifikation zu. "In Ushuaia und Pitztal ist sie im Steilen so gut zurechtgekommen. Das war eine freudige Überraschung für uns." Mittel- und langfristig soll es für die Vorarlbergerin Richtung Speed gehen. "Ich habe selten eine Athletin gesehen, die so einen Grundspeed hat", verriet Trinker.

Gritsch mit absolutem Heimvorteil

Mit Franziska Gritsch, die sich als Europacup-Gesamtsiegerin 2021/22 einen fixen Weltcup-Startplatz erkämpft hat, ist auch eine echte Einheimische mit von der Partie. "Ich habe das Privileg, zu Hause schlafen zu können und daheim gemütlich in den Tag zu starten", erzählte die an der Ötztaler Gletscherstraße aufgewachsene Athletin des SC Sölden-Hochsölden. Ramona Siebenhofer fühlt sich auch im Riesentorlauf gut vorbereitet. "Wenn es einstellig wird, wäre das cool", sagte sie. Verzichten muss Trinker auf Stephanie Brunner, da die Tirolerin bei ihrem angeschlagenen Knie lieber vorsichtig ist.

Shiffrin schickt sich an, als erste Frau überhaupt zwei Jahre nacheinander in Sölden zu gewinnen. Falls der 27-Jährigen das gelingt, wäre es ihr insgesamt dritter Sölden-Erfolg und sie gemeinsam mit Tina Maze Rekordsiegerin. Dazu hätte sie als Einzige neben Vreni Schneider (1984/85 bis 1994/95) und Renate Götschl (1996/97 bis 2006/07) in elf aufeinanderfolgenden Jahren mindestens ein Weltcup-Rennen gewonnen.

"Ich habe ein bisschen Probleme gehabt und fühle mich in der Vorbereitung für das Rennen am Samstag nicht superwohl", gestand die US-Amerikanerin. "Aber ich liebe Sölden und liebe es, hier Rennen zu fahren. Ich hoffe, dass von diesen positiven Emotionen etwas hervorkommt, wenn wir auf dem Berg sind." Ihre Konkurrentin Gut-Behrami meinte am Donnerstag, sie fühle sich aktuell mit 31 "fitter als mit 20". Als Kampfansage sei das aber nicht zu verstehen, denn: "Fit heißt nicht unbedingt immer schnell."

Einen Strich durch die Rechnung könnte dem ohne Corona-Beschränkungen inszenierten Sölden-Spektakel das Wetter machen, das es mit den Frauen weniger gut meint als mit den Männern. Der Samstag dürfte trüb und nass starten, später soll aber die Sonne durchkommen. "Der Wind könnte ein Problem werden", befürchtete Trinker.
 

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