Fast schon kultig erschien Simon Ammann standesgemäß als Erster der drei Medaillengewinner zur Pressekonferenz. Mit weißer Sonnenbrille lächelte der smarte Schweizer vom Podium und war sich wohl noch gar nicht bewusst, dass er mit diesem neuerlichen Olympia-Double nicht nur in der Heimat, sondern auch weltweit zur Skisprung-Legende geworden ist.
"Letzten Samstag habe ich es noch ein bisschen scheu gesagt: es ist wirklich extrem voll geil, was jetzt abgegangen ist. Mir fällt es ein bisschen schwer, das zu realisieren, weil es irgendwie alles so gelaufen ist", sagte der nunmehr vierfache Olmypiasieger und bewies einmal mehr Demut. "Sich mit so einer unglaublichen Sicherheit wieder zurechtzufinden auf der Schanze ist ein unglaubliches Glück und ich bin schlussendlich nur derjenige, der das einfach ausgeführt hat. Unter diesen Umständen ist es natürlich nicht so schwierig."
Das Erlebnis Whistler ist mit jenem 2002 in Park City nur schwer zu vergleichen. "Vor acht Jahren ist es natürlich viel mehr einfach so herausgebrochen, und jetzt war es viel durchdachter als vor acht Jahren. Aber mit einem ähnlichen emotionalen Drive wie jetzt auch." Natürlich ist der 1,73 m kleine Schweizer, der in Unterwasser geboren wurde, aber spätestens jetzt keine Probleme mehr haben wird, sich finanziell über Wasser zu halten, mit Vorstellungen nach Kanada gekommen. "Doch dann von Anfang an diese Kraft zu haben, das ist wirklich magisch für mich."
Im Vergleich zu Tennis-Superstar Roger Federer sieht er zwei verschiedene Persönlichkeiten. "Roger hat immer eine unglaubliche Konstanz gezeigt. Ich bin eher der Mensch für diese speziellen Momente. Die Schweiz kann froh sein, dass wir immer wieder gute Sportler haben." Ammann hat sich an diesem Tag so nebenbei auch zum erfolgreichsten Winter-Olympioniken der Schweiz katapultiert.
Katapultiert nur dank einer revolutionären Bindung? Das wäre wohl zu einfach. Ammann beschreibt die Diskussion als eine nicht neue, auch im Vorjahr gab es viele neue Lösungen. "Es gab auch eine finnische Bindung, die diesen Lösungsansatz hatte, die hat mir nicht so gefallen und auch einen österreichischen Springer, der hatte auch eine eigene Lösung, der war nicht ganz vorne mit dabei." Er selbst hat das Teil im Sommer getestet und ein sehr gutes Gefühl gehabt. Aus dem Bauch heraus hat er entschieden, es in Klingenthal erstmals zu probieren, erst im zweiten Springen klappte die Feinabstimmung.
"Mich hat es eher erstaunt, dass es so lange ging, bis man das entdeckt hat und dass es dann so einen Lärm um ein System gibt, das eigentlich schon vorher gesprungen wurde", wunderte sich Ammann, der wiederholte, er nehme die Aktion der Österreicher nicht persönlich. "Ich war mir meiner Stärke bewusst und es hat mich auch fokussierter gemacht auf die Sprünge hin. Also war das schlussendlich fast ein doppelter Vorteil, auch mental."
Und er rät jedem, der behauptet, dass ein einziges Detail einen Springer so stark macht, zu Vorsicht. Als er im ersten Durchgang so flach und mit so viel Risiko hinausgesprungen ist, "dann kommt das einfach nur von einem unglaublichen Selbstvertrauen. Das kann ich ruhig hier sagen, das war der Schlüssel heute."
Dann wurde Ammann zur Dopingkontrolle gezerrt, man hatte aber den Eindruck, dass er gerne noch länger Fragen beantwortet hätte. Beim Hinausgehen gelang noch die Frage, ob er es sich vorstellen kann, es bei den Spielen 2014 noch einmal zu versuchen. "Wenn es nächstes Jahr so gut läuft, dann versuche ich aufzuhören!", schreit er, bedrängt von den VANOC-Offiziellen.