Jüngster der Flirscher Brüder raste im Olympia-Slalom von 12 auf 3.
Michael Matt hatte den Rucksack schon geschultert und wollte Richtung Auto marschieren, als alles anders kam. Als Halbzeit-Zwölfter in den zweiten Durchgang gegangen, lag er immer noch an dritter Stelle, als nur noch Henrik Kristoffersen oben stand. "Gehen verboten" hieß es da von den Verantwortlichen. Und da schied der Norweger aus und Bronze für den Tiroler stand fest.
Mit der Medaille hatte der 24-Jährige eigentlich schon abgeschlossen gehabt. Den Printjournalisten hatte er enttäuscht bereits Interviews gegeben und dabei der Piste stets den Rücken zugedreht. "Ich mag gar nicht hinschauen." Weil Zeit war, plauderte er über das Erlebnis Olympia ("Hier ist es so ruhig, da ist Kitzbühel, Schladming viel extremer"), und das Kribbeln am Start. "Es ist etwas mehr, aber nicht so schlimm. Leider muss ich jetzt wieder vier Jahre warten", sagte er und wandte sich ab. "Ich muss das von heute verdauen."
Am Ende wurde aus der schweren Kost ein "Happy Meal" und der Flirscher gestand. "So etwas habe ich noch nicht erlebt. Diese Warterei im Ziel, da habe ich gedacht, ich drehe durch. Umso schöner ist jetzt diese Bronzemedaille." Möglich geworden war sie auch, weil man nach sechs schwierigen Trainingstagen mit bis zu acht Läufen und massiven Problemen, das Set up für den aggressiven Schnee zu finden, nochmals alles auf eine Karte gesetzt hatte.
Umstellung vor zweitem Lauf
In der Halbzeitpause des Rennens fuhr Matt deshalb noch auf einen von den Trainern gesteckten Kurs. "Wir hatten so noch einmal die Chance, etwas zu probieren. Haben die Einstellung vom Schuh geändert, die Kantenschärfe, da gibt es leider Gottes tausend verschiedene Sachen, die man machen kann. Das im zweiten war wieder Skifahren." Wegen eines Fehlers im Mittelteil sei er sich aber ziemlich sicher gewesen, dass es sich für eine Medaille nicht ausgehe. Es war am Ende aber Laufbestzeit.
"Indirekt hatte ich abgeschlossen gehabt, aber natürlich hofft man." Aber man wisse ja ungefähr, wofür etwas reichen könne. Er habe schon gezeigt, dass er von weit hinten vorfahren könne. Die Devise für den zweiten Durchgang lautete "voll angreifen, aber mit Hirn fahren", denn sinnlos fahren und bis dahin schnell sein und rausfliegen, bringe auch niemanden etwas. "Ich wusste, mit einem sehr guten Lauf ist Dritter oder Zweiter möglich."
Michael setzte die Tradition im Hause Matt fort, bei Olympischen Spielen eine Medaille zu gewinnen. Andreas holte 2010 in Vancouver Silber im Ski Cross, Mario 2014 in Sotschi Gold im Slalom. "Gleich bei den ersten Spielen zuzuschlagen, das ist schon saucool", sagte der Gewinner eines Weltcuprennens (Kranjska Gora 2017) und WM-Achte von 2017. In St. Moritz war es nach Halbzeitrang drei in die andere Richtung gegangen.
Tipps per Telefon von Bruder
Zwischen den Durchgängen habe er mit Mario telefoniert, erzählte Michael. "Das ist kein gutes Zeichen, wenn er nach dem ersten Lauf anruft. Denn dann bin ich meistens langsam. Er kennt sich sehr gut aus, sieht das Ganze nicht am Hang, sondern distanzierter. Ich habe meine vier, fünf Leute, wo ich Wert drauf lege, was die denken, was man ändern kann."
Michael Matt war in den beiden letzten Spezialslaloms vor Olympia in Kitzbühel und Schladming ausgeschieden, hatte danach zweimal viertägige Ski-Pausen eingelegt. "Ich habe das für mich gebraucht, dass ich einmal ein bisschen Abstand bekomme, damit ich wieder mehr Freude am Skifahren habe. Dass ich hier sechs, sieben Tage durchfahren kann, dass ich die volle Energie habe."