Wahlniederlage

Blaues Auge für Obama

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Obama regiert gegen rechte Mehrheit. Republikaner können ihn jetzt blockieren.

Es war eine historische Abfuhr: US-Präsident Barack Obama verlor bei den "Midterm"-Kongresswahlen massiv. Nun erwartet Amerika eine Zeit der politischen Blockade.

US-Präsident Barack Obama leckt seine Wunden nach der brutalen Wahlniederlage der Demokraten bei den "Midterm"-Kongresswahlen. Als Tsunami wurde der Siegeszug der Republikaner (GOP) bezeichnet. Beim schlimmsten Blutbad für die Demokraten im Repräsentantenhaus seit 70 Jahren kam es zu einem Republikaner-Zugewinn von rund 60 Sitzen – weit mehr als die 52 bei Newt Gingrichs legendärer Revolte gegen Präsident Bill Clinton 1994.

Blockierende Übermacht
Nach dem Erdrutsch führen die Konservativen die Unterkammer überlegen mit 239 zu 183 Sitzen an, während bei dreizehn Posten noch gezählt wurde. Einziger Lichtblick für Obama: Der Senat könnte mit 51 zu 49 Sitzen gehalten werden.

Der blessierte Präsident reagierte prompt mit einer Pressekonferenz auf die radikal veränderte Politlandschaft. Er suchte Kooperation nach der feindlichen Übernahme des "House". Doch eher wird ein totaler Stillstand erwartet, eine politische Eiszeit.

"Obamas Agenda ist tot"
Mit diesen Worten streute der rechte Kommentator Charles Krauthammer auch noch Salz in die Wunden. Mehr noch: Die Republikaner hatten im Wahlkampf versprochen, die weitere Implementierung von Obamas historischer Gesundheitsreform nach Kräften zu torpedieren. Und die anvisierten Klima-, Immigrations- und Bildungsreformen dürften ebenfalls verschwinden.

Warum erhielt Obama so eine gewaltige Abfuhr? Er bekämpfte mit einem gewaltigen 878-Milliarden-Dollar-Paket und verstärkter Regulierungswut die Wirtschaftskrise. Die Resultate kamen aber nicht schnell genug. Die Jobkrise (9,6 Prozent Arbeitslosigkeit) zermürbt weiter. 88 Prozent bezeichneten den Zustand der US-Wirtschaft als "miserabel" – und zeigten sich besorgt über das explodierende Budgetdefizit. "Die Amerikaner stellten sich gegen eine Ausweitung des Regierungseinflusses", so NBC-Moderator David Gregory. Vor allem Wechselwähler wandten sich von Obama ab.

Tea Party
Genau in dieses Horn stieß die erzkonservative "Tea Party"-Bürgerbewegung, die Eingriffe des "Sozi Obama" in die Freiheiten der Bürger ablehnt. Insgesamt wurde die "Tea Party" mit ihrer Leitfigur Sarah Palin zum großen Phänomen der Wahlschlacht 2010, da sie die rechten Massen mobilisierte. Für die Republikanerin Palin ist es die Plattform, von der sie Obama 2012 direkt herausfordern kann.

 

Kommentar 1: "Obama ist nie ein Messias gewesen"

Anton Pelinka
© APA/Hochmuth

Anton Pelinka, Professor der "Central European University" in Budapest, (c)APA/Hochmuth

"Die erwartete Schlappe: Midterm Elections waren schon immer Abrechnungswahlen – Reagan hat verloren. Bill Clinton auch. Diesmal sind die Verluste bloß stärker ausgefallen als üblich. Amerika erwartet nun eine Art "Große Koalition", der Präsident muss in Zukunft Kompromisse machen, die Mitte suchen.

Barack Obama ist kein Messias, das war von Anfang an eine Überschätzung. Er war bloß anders als George W. Bush. Jetzt müssen eben jene, die das in ihn projiziert haben, ihre hohen Erwartungen auf ein realistisches Maß zurücknehmen."


Kommentar 2: "Amerika versteht Obama nicht"

Eva Nowotny
© APA/Grünwald

Eva Nowotny, langjährige österreichische Botschafterin in Washington, (c) APA/Grünwald

"Das war eine Abrechnungswahl, Barack Obama hat einen massiven Denkzettel serviert bekommen. Ganz offensichtlich hat die schlechte Wirtschaftslage eine entscheidende Rolle gespielt – Arbeitslosigkeit, stockender Wirtschaftsmotor, Gesundheitsreform. Entmystifiziert ist Obama nun zwar nicht – aber er muss seinen Umgang mit der US-Öffentlichkeit ändern. Die Amerikaner brauchen einen hemdärmeligeren Ton und keine philosophischen Reden, die wir so sehr an Obama schätzen. Sie wollen Gespräche auf Augenhöhe, wie Clinton sie perfekt praktiziert hat."
 
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