Wunder von Chile

"Die ganze Rettung war Spannung pur"

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3 Österreicher waren an der Rettung der Bergleute in Chile beteiligt.

Die Anspannung ist weg, auch der Druck: Johannes Pemberger, 44, aus Hütttenberg (Kärnten) war Schichtführer an der Seilwinde, er zog die Kumpel aus der Tiefe. Millimeterarbeit. Die Kapsel durfte weder zu schnell gezogen werden, noch zu langsam. Eine Nervenschlacht vor Milliardenpublikum. Wir sprachen mit dem „Retter mit den sensiblen Händen“.

ÖSTERREICH: Sie haben an der Seilwinde die Rettungskapsel gesteuert, hatten einen Bärenanteil an der Rettung der 33 Kumpel in Chile. Wie ging es Ihnen dabei?
Johannes Pemberger: Es war ein gutes Gefühl und eine enorme Ehre für mich und meine Kollegen, dass wir bei diesem großen Projekt dabei sein durften und unserer Firma helfen konnten. Als der erste Kumpel und der letzte Gerettete aus der Kapsel gestiegen sind – das waren wunderschöne Momente, die ich wohl nie vergessen werde. Die gesamte Rettung ist Spannung pur gewesen, weil immer unklar war, ob alles unfallfrei über die Bühne gehen wird.
ÖSTERREICH: Wie lange hat Ihr Einsatz gedauert?
Pemberger: Wir waren zu dritt und insgesamt 42 Stunden lang nonstop im Einsatz an der Seilwinde – ohne Schlaf. In Zwei-Stunden-Schichten haben wir uns abgewechselt, aber in den Pausen hat keiner von uns wirklich schlafen oder abschalten können, dafür sind wir einfach zu aufgeregt gewesen. Ein bisschen essen und trinken zwischendurch, dann bin ich gleich wieder zu meinen Kollegen, hab’ zug’schaut, alles beobachtet.
ÖSTERREICH: Beim ersten Testlauf ist die Kapsel in 55 Meter Tiefe stecken geblieben, die Röhre hat an dieser Stelle einen Knick, das 24-Millimeter-Seil scheuerte am Fels. Bei der Bergung selbst funktionierte aber alles problemlos. Was war das Schwierigste?
Pemberger: Ich hab’ so konzentriert sein müssen, es hat kein Fehler passieren dürfen. Wir haben die Vier-Meter-Kapsel, in der die Kumpel raufgezogen wurden, gesteuert, jede Sekunde musst du punktgenau aufpassen, wo schnell und dann wieder langsam gefahren werden kann. Die Angst, dass es nicht klappen könnte, ist allgegenwärtig gewesen.
ÖSTERREICH: Beschreiben Sie die Stimmung an der Unglücksstelle?
Pemberger: Alle sind von Beginn an zuversichtlich gewesen, aber doch angespannt. Angehörige, Experten, der Präsident – alle haben Angst gehabt, dass etwas Unvorhergesehenes geschehen könnte. Doch als der Erste oben war, das war unfassbar. Die Stimmung, die Emotionen, der Jubel, die Hymne. Die Familien haben sich umarmt, haben geweint, alle sind glücklich gewesen. Das haben wir natürlich mitgekriegt – eine einzigartige Stimmung.
ÖSTERREICH: Hat man sich bei Ihnen auch persönlich bedankt?
Pemberger: Ja, selbstverständlich. Angehörige der Kumpel sind zu mir an die Winde gekommen, haben mir auf die Schulter geklopft und sogar der Präsident hat sich per Handschlag bei mir bedankt. Wann passiert schon so etwas? Das ist wirklich eine große Ehre für mich. Da weiß man, dass man etwas sehr Großes geleistet hat.
ÖSTERREICH: Was war Ihre genaue Aufgabe vor Ort?
Pemberger: Unser Team von ÖSTU-Stettin hat bei der gesamten Rettung von Beginn an mitgewirkt. Zuerst bei den Bohrungen, dann bei den Tests, als die Kapsel erstmals in die Erde gelassen worden ist, und schließlich bei der Rettung. Wir haben die Seilwinde gesteuert, das ist Millimeterarbeit, weil es immer wieder Widerstände geben kann.
ÖSTERREICH: Eine Milliarde Menschen sah zu, wie Sie an der Winde gesteuert und auf zwei Monitoren das gesamte Geschehen in der Grube und in der Röhre beobachtet haben. Woher nahmen Sie die Kraft und Konzentration?
Pemberger: Meine Gedanken sind immer bei meiner Familie gewesen, meiner Frau, meinen beiden Kindern, das macht stark. Ich bin jetzt seit fast einem Monat von zu Hause weg, habe aber immer Kontakt mit meiner Frau und meinen Kindern gehalten, jeden Tag, jeden Abend. Auch am Rettungstag, während meiner 2-Stunden-Pausen, habe ich mich bei ihnen gemeldet und erzählt, wie es vorangeht.
ÖSTERREICH: Wie geht es jetzt weiter?
Pemberger: Gestern haben wir frei gehabt, sind aus der Wüste ins Hotel nach Copiapó gefahren, in die nächste Stadt. Erstmals hab’ ich ausschlafen können, mich erholen. Heute fahren wir wieder zurück zur Mine, beginnen mit den Abbauarbeiten der gesamten Anlage, das wird wohl die ganze Woche dauern. Dann fliegen wir zurück zu unseren Familien. Freitag sind wir vielleicht daheim.

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