Krieg in Nahost

Hamas stimmt Vorschlag für Feuerpause im Gazastreifen zu

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Nach monatelangen indirekten Verhandlungen ist zum ersten Mal wieder Bewegung in die Gespräche über eine Feuerpause im Gaza-Krieg gekommen.

Die islamistische Hamas hat nach eigenen Angaben einem von den Vermittlern Ägypten und Katar unterbreiteten Vorschlag für eine Waffenruhe zugestimmt. Gleichzeitig begann Israel am Montag mit entscheidenden Vorbereitungen für den lang angekündigten Militäreinsatz in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen.

Hamas-Auslandschef Ismail Haniyeh informierte den katarischen Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und den ägyptischen Geheimdienstleiter Abbas Kamal per Telefon über die Entscheidung, wie die Organisation am Montagabend auf Telegram mitteilte. Es blieb unklar, welchen Inhalten des Vorschlags die Hamas genau zugestimmt hat. Aus Hamas-Kreisen in der libanesischen Hauptstadt Beirut hieß es jedoch, es handle sich um eine "Schlüsselentwicklung".

Ben-Gvir: Zustimmung der Hamas ein "Trick"

Der israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir wies hingegen israelischen Medienberichten zufolge die Zustimmung der Hamas als einen "Trick" zurück. "Es gibt nur eine Antwort auf die Tricks und Spiele der Hamas: einen sofortigen Befehl, Rafah zu erobern, den militärischen Druck zu erhöhen und Hamas weiter bis zur vollständigen Niederlage zu bedrängen", sagte der Rechtsaußen-Politiker. Eine offizielle Reaktion der israelischen Regierung lag zunächst nicht vor.

Allerdings hieß es von israelischer Seite, dass es sich nicht mehr um den gleichen Vorschlag handle, auf den sich Israel und Ägypten vor zehn Tagen geeinigt hätten und der die Grundlage indirekter Verhandlungen gewesen sei. Es seien "alle möglichen Klauseln" eingefügt worden, hieß es in einem Bericht des Fernsehsenders Channel 12.

Monatelange Verhandlungen

Israel und die Hamas verhandeln seit Monaten nicht direkt miteinander, es gibt aber Gespräche. Deren Schwerpunkt war zuletzt aus Katar nach Ägypten verlegt worden.

Im Gazastreifen strömten nach Bekanntwerden der Zustimmung der Hamas zu dem Vermittler-Vorschlag Menschen auf die Straßen und feierten, als sei Frieden bereits näher gerückt. Sie riefen "Gott ist groß".

Das israelische Militär rief am Montag rund 100.000 Einwohner des östlichen Teils der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten dazu auf, sich in das einige Kilometer nördlich gelegene Al-Mawasi-Lager zu begeben. Sie wurden demnach per SMS, Telefon sowie mit Flugblättern und über arabischsprachige Medien informiert. Nach Augenzeugenberichten begaben sich viele Menschen rasch auf die Flucht, während sie ihre Habseligkeiten unter anderem mit Eselskarren transportierten.

Die Islamisten beharren bisher auf einem Abkommen, in dem sich Israel von vornherein zur Beendigung des Krieges und zum vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen verpflichtet. Israel lehnt aber eine derartige Verpflichtung ab und möchte sich weitere militärische Handlungsmöglichkeiten vorbehalten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte zuletzt mehrere Erklärungen abgegeben, in denen er sich kompromisslos zeigte. So sagte er, Israel werde selbst dann Rafah angreifen, wenn ein Geisel-Deal zustande käme.

Geiseln in Rafah vermutet

Israel will mit dem Militäreinsatz in Rafah die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zerschlagen, die sie seit Oktober in dem Küstenstreifen bekämpft. Es werden die Hamas-Führung und auch Geiseln in der Stadt an der Grenze zu Ägypten vermutet. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.

Ein israelischer Militärsprecher erklärte, es handle sich um einen "begrenzten Einsatz". Die Menschen sollten sich in eine "erweiterte humanitäre Zone" im Bereich Al-Mawasi begeben. Dort gebe es Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente. Die Armee ermögliche dort auch die Einrichtung von Feldkrankenhäusern. Der Sprecher betonte, die Versorgung der Bevölkerung mit humanitären Hilfsgütern werde während des Räumungseinsatzes ungehindert weitergehen. Man könnte diese über verschiedene Routen in den Küstenstreifen bringen, etwa über den Hafen in Ashdod.

Angriffe im Osten der Stadt Rafah

Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde teilte am Montag mit, bei verschiedenen israelischen Angriffen in Rafah seit Sonntagabend seien mindestens 28 Palästinenser getötet worden. Auch am Montag gab es Berichte über heftige Angriffe im Osten der Stadt Rafah.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde wurden seit Beginn des Kriegs vor sieben Monaten 34.735 Palästinenser getötet und mehr als 78.000 weitere verletzt. Die Angaben, die nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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