Koalition zerfällt

Regierungskrise in Slowenien eskaliert

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Zwei weitere Koalitionspartner wenden sich von Premier Pahor ab.

Nach der Referendumsohrfeige der Wähler am Sonntag hat der slowenische Ministerpräsident Borut Pahor nun auch die Unterstützung seiner beiden liberalen Koalitionspartner verloren. Sie haben am Mittwochabend die Karten auf den Tisch gelegt und eine umfassende Regierungsumbildung gefordert. Die zweitgrößte Koalitionspartei "Zares" stellte dem Regierungschef ein Ultimatum: Räumt er nicht bis 25. Juni seinen Platz, "sind wir nicht mehr dabei".

Rücktrittsforderungen gegen Premier Pahor

Golobic hat schon vor geraumer Zeit gefordert, dass die Chefs der drei Koalitionsparteien ihre Ministerposten aufgeben, um der Regierung zu einem Neustart zu verhelfen. In der vergangenen Woche ging er selbst voran und demissionierte als Wissenschaftsminister. Am Mittwoch ließ er sich seine Forderung auch vom Parteivorstand absegnen. Golobic betonte, dass es sich um eine "endgültige Entscheidung" handle. Ein Rücktritt Pahors sei für eine umfassende Regierungsbildung erforderlich: "Erst wenn er fällt, fallen auch alle Minister."

Forderung nach neuer Regierung

Rückendeckung bekam die Partei nun auch von den kleineren Liberaldemokraten (LDS). Diese stellten zwar kein Ultimatum, forderten aber unmissverständlich "eine neue Regierung". LDS-Chefin Katarina Kresal stellte auch ihren eigenen Posten als Innenministerin und jenen ihres Justizministers Ales Zalar zur Verfügung. "Wir können dabei sein oder auch nicht, für uns ist alles möglich. Wir verlangen nicht nur den Kopf von irgendjemandem, sondern stellen auch unsere eigenen zur Verfügung." Die drei Parteien sollten sich "über alle Positionen unterhalten, auch darüber, wer die Regierung führen wird", forderte Kresal.

8 von 10 Slowenen mit Regierung unzufrieden
Die Mitte-Links-Regierung ist so unpopulär wie keine ihrer Vorgängerinnen im unabhängigen Slowenien. 80 Prozent der Slowenen sind mit der Arbeit der Koalition unzufrieden, im vergangenen halben Jahr musste sie fünf Niederlagen in Volksabstimmungen wegstecken. Ihre Gesetzesvorlagen wurden mit Mehrheiten zwischen 70 und 80 Prozent verworfen, am vergangenen Sonntag scheiterte auch die als Herzstück von Pahors Reformpolitik geltende Pensionsreform an der Urne.

Laibacher Bürgermeister so populär wie nie zuvor

Die Regierung würde derzeit sogar ein Referendum über die Anhebung von Gehältern verlieren, sagte der Laibacher Bürgermeister Zoran Jankovic. Daher seien vorgezogene Neuwahlen der einzige Weg, sagte der eigentliche starke Mann der slowenischen Linken. Der serbischstämmige Politiker wird derzeit als heißester Premierskandidat bei den nächsten Wahlen gehandelt. Seine Popularität zeigte sich auch beim Pensionsreferendum am Sonntag. Während landesweit 72,2 Prozent gegen die Reform stimmten, wurde sie in der Hauptstadt Ljubljana mehrheitlich angenommen.

Regierungschef Pahor schließt Rücktritt aus
Pahor sieht sich unterdessen weiterhin als "bester Mann" für die derzeitigen Krisenzeiten und einen Rücktritt kategorisch ausgeschlossen. So lange er das Mandat des Parlaments habe, werde er dieses ausüben. Zur nunmehrigen Rücktrittsforderung seiner Koalitionspartner äußerte er sich nicht, doch reagierte sein Parteistellvertreter Igor Luksic äußerst scharf. Der Versuch, anderen Parteien ihre Personalpolitik vorschreiben zu wollen "ist nicht nur undemokratisch, sondern auch unanständig", sagte Luksic der Tageszeitung "Vecer".

Koalitionsregierung ohne Mehrheit im Parlament
Pahors Sozialdemokraten haben im Parlament 28 der 90 Mandate. Die beiden Koalitionspartner steuern 14 Mandate bei. Seit dem Austritt der Demokratischen Pensionistenpartei (DeSUS) Anfang Mai hat die Koalition also keine parlamentarische Mehrheit mehr. Pahor hat als Konsequenz aus dem Scheitern der Pensionsreform ein Sparpaket angekündigt, das er ohne die Unterstützung der beiden liberalen Koalitionspartner nicht durch die Volksvertretung bringen kann. Seine eigene Position ist relativ gut abgesichert, weil in Slowenien ein Regierungschef nur durch die Wahl eines Nachfolgers abgewählt werden kann.

Kommt große Koalition oder Übergangskabinett?

Während Medien bereits den Europaminister und Ex-Notenbankgouverneur Mitja Gaspari als möglichen Übergangspremier handeln, schließen Beobachter nicht aus, dass Pahor noch einen verzweifelten Versuch unternehmen könnte, eine Verständigung mit den oppositionellen Demokratischen Partei (SDS) von Ex-Premier Janez Jansa zu erreichen. Dieser hat zwar vorgezogene Neuwahlen gefordert, hat aber natürlich ein Interesse an einer möglichst langen Agonie der Linken. Der für seine scharfzüngigen Kommentare bekannte Politikexperte Vlado Miheljak meinte unterdessen, die beste Lösung wäre, wenn Pahor ein fachlich angesehener Experte nachfolgen würde: Als "Konkursverwalter" bis zu den Parlamentswahlen im Herbst 2012.
 

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