Showdown zum Endspurt

Bombast-Szenen im Wahlkampf

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Fernduell der Favoriten in der Frankreich-Präsidenten-Wahl.

Eine Woche vor der ersten Runde der Präsidentenwahl standen viele Franzosen am Sonntag vor einer politischen Richtungswahl - beim Besteigen der Pariser Metrolinie 1. Auf der einen Seite ging es zum Place de la Concorde - und damit zur Großkundgebung des um seine Wiederwahl kämpfenden Präsidenten Nicolas Sarkozy. Auf der anderen dagegen ging es nach Vincennes, wo sein wichtigster Herausforderer Francois Hollande die Massen zu mobilisieren suchte.

Hier "Das starke Frankreich" Sarkozys, dort Hollandes "Der Wandel jetzt". Staatstragender Rahmen mit einem Meer blau-weiß-roter Nationalflaggen beim einen, Volksfestcharakter mit karibischer Musik und Marionetten beim anderen. Beide Seiten machten rund 100.000 Anhänger geltend - eine nur schwer zu überprüfende Zahl. Viel wichtiger war jedoch die Macht der Bilder, die bei beiden Veranstaltungen ganze Scharen dicht gedrängter Anhänger zeigten.

Der Sozialist Hollande, der Sarkozy aus dem Amt drängen will, meinte mit Blick auf die von Sarkozy für sich beanspruchte "schweigende Mehrheit": "Die Mehrheit wird nicht schweigend, sondern mutig sein" - und bei der Wahl den politischen Wandel einleiten. Er sieht sich in aktuellen Umfragen in der Rolle des Spitzenreiters.

Zum Jubeln sei es aber noch zu früh, warnte er in einem Interview der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche": "Es wäre ein politischer und auch moralischer Fehler." Er fügt aber selbstbewusst hinzu: "Ich stehe bereit, Frankreich als Präsident zu regieren; auch die Mitglieder meines Teams: Die ersten (Rede)Texte sind schon verfasst."

Sarkozy dagegen sitzt eine Woche vor der ersten Wahlrunde in einem Popularitätstief wie kaum ein anderer seiner Vorgänger im Elyseepalast. Wenn er das Blatt noch wenden will, würde er "die unglaublichste Trendwende in der Geschichte der Präsidentenwahlen" hinlegen, meinte ein Kommentator der Zeitung "Journal du Dimanche" bereits. Doch der Polit-Fuchs gibt sich noch längst nicht geschlagen.

Nur wenige Gehminuten von seinem Amtssitz entfernt versuchte er auf dem gleichen Platz den Befreiungsschlag, auf dem er vor fünf Jahren seinen Wahlsieg gefeiert hatte. Unter den Augen seiner Frau Carla rief ein ungewohnt kämpferischer Sarkozy aus: "Französinnen, Franzosen: Helft mir! Helft Frankreich!"

Die Werte der Nation
Von den Werten der Nation war in seiner Ansprache die Rede, der kulturellen Besonderheit Frankreichs - und auch von Europa. Frankreich werde die Debatte über eine Neudefinierung der Europäischen Zentralbank (EZB) anstoßen und notfalls das Schengen-Abkommen über offene Grenzen aussetzen. Es gelte Frankreichs Besonderheiten in einer sich wandelnden Welt zu bewahren und das Wachstum wieder zu fördern. Tabu-Themen werde es nicht mehr geben.

"Wenn man die Angst beschwört, befindet man sich bereits auf dem Rückzug", kam aus Vincennes die Antwort Hollandes, der ebenfalls zur starken Wahlbeteiligung aufrief. Die Nichtwähler könnten für Sarkozy das entscheidende Zünglein an der Waage spielen - für Hollande dagegen seinen Vorsprung aufbauen. Unter wolkenverhangenem Himmel in Jacken und Mänteln den kühlen Frühlingstemperaturen trotzend waren die Menschen auch aus anderen Teilen des Landes zu dem Fernduell mit nur wenigen Kilometern Distanz angereist.

An Symbolik mangelte es nicht: Die Gärten des Louvre - die Tuillerien - bei Sarkozy als Hintergrund, das Schloss von Vincennes dagegen als Kulisse bei Hollande: Beides waren wichtige Zentren der Macht in Frankreichs Geschichte. Auf der Strecke zwischen beiden Kundgebungsorten waren in der Früh bereits Zehntausende unterwegs - nicht, um die Wahlkämpfer zu unterstützen, sondern um am Paris-Marathon teilzunehmen.

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