EU-Beitritt

Schallenberg sorgt mit Ukraine-Aussagen für Wirbel

Teilen

Äußerungen von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zu EU und Ukraine haben für große Resonanz im Ausland gesorgt.  

Schallenberg hatte am Samstag laut über "maßgeschneiderte Angebote der engstmöglichen Anbindung der Ukraine" an die EU nachgedacht, die nicht unbedingt über eine Vollmitgliedschaft laufen müssten. Russische und ukrainische Medien interpretierten dies als kategorisches Nein Wiens zu einem ukrainischen EU-Beitritt, deutliche Kritik kam auch aus Kiew.

"Ich glaube, dass wir auf der europäischen Ebene die Herausforderung haben, dass wir unsere gesamte Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik neu denken müssen", sagte Schallenberg am Samstag beim 14. europäischen Mediengipfels in Lech am Arlberg. In Hinblick unter anderem auf die Ukraine hatte er dabei erklärt, dass das Signal "Ja, ihr gehört zu Europa, ja, ihr gehört zum Westen" nicht nur über eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union funktionieren könne.

Er verstehe das Ansinnen eines EU-Beitritts der Ukraine in der Emotionalität des Moments, aber es gebe auch Bosnien-Herzegowina sowie seit Jahren die auf Eröffnung von Beitrittsverhandlungen wartende Länder wie Serbien, Montenegro, Mazedonien und Albanien. Man dürfe nicht den Fehler machen, dass man mit dem richtigen Fokus auf die Ukraine auf den Westbalkan, Moldau und den Südkaukasus vergessen würde, betonte er.

"Eine Anbindung eines Staates wie der Ukraine muss nicht zwangsläufig über eine Vollmitgliedschaft passieren. Da denken wir in vorgefertigten Schablonen", erklärte Schallenberg und plädierte, für Staaten wie Moldau, Georgien und die Ukraine maßgeschneiderte Angebote der engstmöglichen Anbindung an die Europäische Union zu schaffen. Er könne sich etwa ein System vorstellen, bei dem sich diese Staaten in konkreten Bereichen wie Energie, Verkehr und Binnenmarkt vollwertig involvieren ohne formales Mitglied der EU zu sein. Angesichts eines langwierigen Beitrittsprozesses müsse man zudem sehr vorsichtig sein, welche Erwartungshaltungen Diskussionen über eine Vollmitgliedschaft in Kiew und der Ukraine erzeugten, betonte der Außenminister.

Kritik an Aussagen

Ukrainische Onlinemedien, die sich zunächst auf eine kurze Zusammenfassung der Schallenberg'schen Erläuterungen auf der Homepage der österreichischen Gratiszeitung "Heute" bezogen, titelten am Sonntag mit "Österreichisches Außenministerium lehnt EU-Beitritt der Ukraine ab".

"Wir erachten diese Äußerungen für strategisch kurzsichtig, und sie entsprechen nicht den Interessen eines vereinten Europas", kommentierte am Sonntag der ukrainische Außenamtssprecher Oleh Nikolenko in der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform. Schallenbergs Erklärung ignoriere zudem die Tatsache, dass eine "überwältigende Mehrheit" der Bevölkerung in den EU-Gründerstaaten die Mitgliedschaft der Ukraine unterstütze.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba habe bereits von jenem sehr hohen Preis gesprochen, den das ukrainische Volk für die Fehler von vielen europäischen Regierungen zahlen müsse, erinnerte Nikolenko. "Ihre nicht angemessene Wahrnehmung der Realität hat zu einer politischen und wirtschaftlichen Abschwächung Europas geführt und Russland die Möglichkeit gegeben, die Stabilität in der EU zu sprengen und eine hybride Aggression gegen europäische Staaten zu realisieren", erklärte er.

Anscheinend würden europäischen Regierungen auch der aktuelle Krieg, die Opfer und Zerstörungen nicht reichen, kritisierte der Ministeriumssprecher. Denn die EU-Mitgliedschaft der Ukraine weiterhin unter verschiedenen Vorwänden zu verschieben oder für die Mitgliedschaft nach einer Alternative zu suchen bedeute, Putins aggressiven Plänen nachzugeben und die Stärkung der Europäischen Union durch die Miteinbeziehung der Möglichkeiten der Ukraine zu bremsen.

Wahrgenommen wurde Schallenbergs Auftritt aber auch in Russland: Im gleichgeschalteten russischen Nachrichtenaggregator news.yandex.ru avancierten Schallenbergs Äußerungen am Sonntag mit Dutzenden Online-Berichten in ganz Russland zu einer der wichtigsten Nachrichten des Tages.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.