Drama bei Loveparade

"Veranstalter sind an den Toten schuld"

Teilen

Das Gelände für das Fest war angeblich nicht für die Besuchermenge geeignet.

Die erste Love-Parade in Duisburg endete als Albtraum. In einer Massenpanik haben sich junge Menschen, die nicht mehr zur Party durchkamen, in einem Tunnel totgetreten oder zerdrückt. Einige sollen auf der Flucht vor der Menschenmasse am Tunnelende von einer schmalen Treppe gestürzt sein.

Gelände für 350.000 Menschen
Unterdessen gab es auch ersten Schuldzuweisungen: "Man kann nicht mit einer Million Menschen planen und dann ein Gelände für 350.000 Menschen bereitstellen", meinte ein Besucher im Fernsehsender n-tv.

"Veranstalter sind schuld"
Der Erfinder der Love-Parade, Dr. Motte, hat den Veranstaltern der Technoparade in Duisburg die Schuld für die Katastrophe mit mindestens 15 Toten gegeben. "Die haben einen krassen Management-Fehler begangen. Wie kann man denn Menschen nur durch einen einzigen Zugang auf das Gelände lassen. Das ist ein Skandal", sagte der DJ dem "Berliner Kurier".

Für ihn sei die Frage nach der Verantwortung klar. "Die Veranstalter sind schuld!" Sie hätten aus "reiner Profitgier" gehandelt. "Die haben doch gewusst, dass es voll wird. Was also haben Zäune und Security da zu suchen? Bei nur einem Zugang." Die Katastrophe sei "einfach schrecklich", sagte der Techno-Guru. "Mein Mitgefühl gilt den Familien der Toten und den Verletzten."

Panik absehbar
Die Panik war Zeugen zufolge schon vor ihrem Höhepunkt am Nachmittag absehbar. Erst klappten Menschen im Partyvolk zusammen, bekamen keine Luft mehr. Dann eskalierte die Situation. In dem hunderte Meter langen Tunnel und auch am Ende vor dem Love-Parade-Eingang zu einem alten Güterbahnhofsgelände wurden die Einsatzkräfte nicht Herr der Lage.

"Wir standen mittendrin. Es hatten immer mehr Menschen noch versucht, zum Gelände zu kommen", sagte der 21-jährige Raver Fabio. "Wir waren schon durch den Tunnel durch und standen auf dem kurzen Stück vor dem Eingang. Dort ging es aber nicht weiter." Einige seien über Zäune und über eine Leiter geklettert oder über eine enge Treppe am Tunnelende.

"Wir sind danach durch den Tunnel zurück. Meine Freundin und ich haben schon kaum mehr Luft mehr bekommen und haben die Ellbogen ausgefahren, um noch wegzukommen", berichtet Fabio. "Anschließend haben wir die Polizei alarmiert und gesagt, dass es im Tunnel gleich zur Massenpanik kommen wird." Passiert sei aber erst einmal nichts. "Das war etwa eine Dreiviertelstunde vor dem Unglück gewesen. Da waren aber schon Leute reihenweise zusammengeklappt."

Party läuft weiter
Auf dem Gelände der Love-Parade lief die Party unterdessen zuerst weiter. Erst nach und nach verbreitete sich die Nachricht und erzeugte Entsetzen unter den mehr als eine Million Besuchern. Später mischte sich die wummernde Musik mit den Rotorgeräuschen der herannahenden Rettungshubschrauber.

Später saßen viele Partygäste vor der absperrenden Banderole auf dem Loveparade-Gelände, schüttelten den Kopf, das Gesicht voller Tränen. "Ich kann das immer noch nicht fassen", sagte der 17-jährige Achmed Hasan aus Hamm. Er wollte gerade mit seinem gleichaltrigen Freund Hendrik Weigers aus Rheinberg in Richtung des stillgelegten Güterbahnhofs, als die Panik unter der Brücke aufkam.

Aggressive Stimmung
"Als die Polizei das Gelände abriegeln wollte, wurden wir brutal nach vorne gedrückt, die Leute vorne bekamen keine Luft mehr", sagte der junge Mann. Dabei sei die Stimmung zunächst gar nicht aggressiv gewesen, sagte er. "Die wollten doch alle nur Spaß", berichtete der 17-Jährige aus Hamm. "Dann haben alle geweint, ich habe geweint", sagt er, muss kurz schlucken und ergänzt: "Ich habe noch nie gesehen, wie ein Mensch gestorben ist."

Auf der riesigen Veranstaltungsfläche lehnten sich viele Menschen am frühen Abend gegen die Banderolen. Sie wollten Kontakt zu ihren Familien aufnehmen und ihnen sagen, dass es ihnen gut geht. Die Folge: Nach dem schweren Unglück brach das ohnehin schon schwache Handynetz vollends in sich zusammen.

Im Schatten standen die Freundinnen Melanie Rogsch (34) und Nicole Vetrih (40) aus Moers. "Die Situation bedrückt uns, ein Scheiß-Gefühl", sagten die beiden. "Ich kann das gerade irgendwie nicht glauben", sagte Nicole Vetrih. Gerüchte würden schon seit einer guten Stunde über das Gelände wabern. Das Handy von Anna Gregor (19) aus Neukirchen klingelte. Es war die Mutter, sie kam durch. "Ja, es geht mir gut", sagte die junge Frau. "Ich finde das total schlimm."

Traurig und gleichzeitig irritiert wirkten Philipp Müller (27) aus Ratingen und Kathrin Poerschke (30) aus Essen. "Wir wurden gerade über das Unglück informiert. Meine Mama hat das im Fernsehen gesehen und sich nach uns erkundigt", sagte Kathrin Poerschke. "Es ist das Thema, es wird gar nicht mehr soviel getanzt", so Melanie Dorn (28) aus Erkrath.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.