Klima-Gipfel

Alle hoffen auf Barack Obama

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Der US-Präsident kommt heute nach Kopenhagen.

Beim Weltklima-Gipfel in Kopenhagen haben die Staats- und Regierungschefs von 26 einflussreichen Staaten bis tief in die Nacht an Kompromisse gearbeitet, um das Treffen doch noch zu einem Erfolg zu bringen. Der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen sagte nach dem Ende der Beratungen am frühen Freitagmorgen: "Wir haben diskutiert, wie wir vorankommen können. Und wir hatten einen sehr ergiebigen, konstruktiven Dialog ... fast zwei Stunden lang." Die Staats- und Regierungschefs hätten sich nun für eine kurze Nachtruhe zurückgezogen und die Überarbeitung des Textentwurfs für den angestrebten Klimavertrag ihren Mitarbeitern überlassen. "Wir werden uns in der Gruppe der Staatschefs wieder um 08.00 Uhr treffen", sagte Rasmussen.

Eintreffen von Obama erwartet
Der schwedische Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzende Fredrik Reinfeldt sagte, die Gespräche hätten sich vor allem auf die Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes konzentriert. Zudem sei es um die Frage gegangen, wie den vom Klimawandel besonders stark getroffenen Entwicklungsländern kurzfristige und langfristige Finanzhilfen garantiert werden könnten. Reinfeldt zeigte sich zuversichtlich. "Es ist noch nicht vorbei", sagte er. "Es war ein sehr konstruktives Treffen."

"Wir arbeiten dran", erklärte der US-Klimaunterhändler Todd Stern. US-Präsident Barack Obama sollte gegen 08.30 Uhr in Kopenhagen eintreffen, um persönlich an der entscheidenden Phase der Klimagipfels teilzunehmen. Obamas Sprecher Robert Gibbs machte klar, dass es aus Sicht Washingtons besser sei, auf der Mammutkonferenz kein Ergebnis zu erreichen, als eine inhaltslose Übereinkunft.

Merkel für Begrenzung der Erderwärmung
Obama soll auch zu Gesprächen mit dem chinesischen Premier Wen Jiabao zusammentreffen. Die USA und China, die gemeinsam fast für die Hälfte aller Treibhaus- Emissionen verantwortlich sind, verhandeln seit Monaten bilateral über das Klimaabkommen. Washington verlangt von Peking Zusagen für die internationale Kontrolle von Klimazielen, was China bisher grundsätzlich ablehnt. Allerdings zeigte der chinesische Delegationsleiter He Yafei guten Willen. "Wir versprechen, unsere Aktionen überprüfbar zu machen", sagte er. Jede internationale Überprüfung müsse aber "auf freiwilliger Basis" erfolgen, niemand dürfe Chinas Souveränität gefährden.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hält eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad für die wichtigste Messlatte des Gipfels. "Gelingt das nicht, dies für alle als geltende Verpflichtung zu erreichen, (...) ist die Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert", sagte Merkel im deutschen Bundestag vor ihrer Abreise.

Faymann hofft auf konkretes Angebot
Bundeskanzler Werner Faymann (S) setzt seine Hoffnungen wie viele Andere auf den US-Präsidenten: Wenn dieser zu den finanziellen Hilfen der USA "ein konkretes Angebot" auf den Tisch lege, werde dies wohl eine "Sogwirkung" haben, meinte der Kanzler am Rande der Gespräche. Die Ankündigung von Außenministerin Hillary Clinton, sich an insgesamt 100 Milliarden Dollar (69,7 Mrd. Euro) schweren Ausgleichszahlungen an ärmere Länder zu beteiligen, sei "ein guter Anfang" gewesen.

Faymann plädierte dafür, ein Abkommen in Kopenhagen zuwege zu bringen und schloss sich dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy an, der gemeint habe, "wir sind die letzte Generation, die das entscheiden kann". Man habe jetzt keine Zeit mehr zu verlieren, sagte Faymann. Auch er pochte auf die Verhandlungsposition der EU: Das Ziel, bis 2020 eine 20-prozentige Reduktion von Treibhausgasen zu erreichen, stehe. "Wenn es gelingt, mit anderen etwas zustande zu bringen, dann werden wir auf 30 Prozent erhöhen."

Verbindliches Abkommen
Auch für Umweltminister Nikolaus Berlakovich (V) ist noch kein Ende absehbar: "Es ist work in progress", sagte Berlakovich am Donnerstagabend. Er zeigte sich aber optimistisch über den Fortgang des Gipfels: Es gebe ein neues Verhandlungsmoment, auch durch die Signale der USA: "Die Maschinen sind voll angelaufen."

Insgesamt ringen mehr als 10.000 Delegierte um ein Abkommen, um die gefährliche Erderwärmung auf 2 Grad zu deckeln. Alles darüber hinaus wird dem Weltklimarat IPCC zufolge nicht mehr beherrsch- und finanzierbar. Den Plan, diesen Freitag einen rechtsverbindlichen Klimavertrag zu beschließen, der am 1. Jänner 2013 das Kyoto-Protokoll ablösen und diesmal auch für die USA sowie alle Schwellen- und Entwicklungsländer gelten könnte, hat die Staatengemeinschaft angesichts der stockenden Vorverhandlungen schon vor Monaten aufgegeben. Stattdessen soll ein politisch verbindliches Abkommen unterzeichnet werden, das aber bereits die wichtigsten Auflagen für jedes Land enthalten und in den Folgemonaten zum Vertrag weitergesponnen werden sollte.

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