Bayerns Wirtschaftsminister Huber und Parteivize Seehofer streiten um den Parteivorsitz. Der bayerische Innenminister Beckstein soll Ministerpräsident werden.
Nach seiner Rücktrittsankündigung berät der bayerische Ministerpräsident und Parteichef Edmund Stoiber heute mit CSU-Spitzenpolitikern über die Nachfolge. Um den CSU-Vorsitz konkurrieren der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber und Parteivize Horst Seehofer. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein gilt dagegen als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten. Der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos hat nach eigener Darstellung keine Ambitionen auf den Parteivorsitz.
Mehrere Einzelgespräche
Stoiber führt in der Staatskanzlei
Einzelgespräche unter anderem mit Seehofer, Huber, Beckstein,
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann
und Landtagspräsident Alois Glück. Mit Seehofer will Stoiber telefonieren.
Ramsauer hatte ein Mitentscheidungsrecht der CSU-Bundestagsabgeordneten für
den Parteivorsitz gefordert.
Die Landesgruppe will die angestrebte Nachfolgeregelung mit Beckstein und Huber aber voraussichtlich mittragen. Ramsauer sagte, er spüre die Erwartung in der Partei, dass nun Ruhe und Geschlossenheit eintrete. Nach einem Bericht der "Passauer Neuen Presse" sprach sich eine Mehrheit der Abgeordneten gegen eine Kampfabstimmung zwischen Huber und Seehofer und für eine einvernehmliche Lösung aus.
Abgang am 30. September
Stoiber hatte nach einer beispiellosen
Führungskrise am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt von allen Ämtern
angekündigt. Er will am 30. September das Amt des Regierungschefs im
Freistaat abgeben und auf dem Parteitag im Herbst auch nicht mehr für den
CSU-Vorsitz kandidieren. Stoiber, mit 14 Jahren Amtszeit dienstältester
deutscher Ministerpräsident, begründete seinen Schritt mit der Wahrung der
Interessen Bayerns und seiner Partei. "Der Erfolg und die Geschlossenheit
der CSU, das Wohl und die Zukunftsfähigkeit des Freistaats Bayern waren
stets mein oberstes politisches Ziel", sagte er.
Am Abend wurde Stoiber bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Rücktrittsankündigung von der CSU in Bamberg bei einem Neujahrsempfang mit viel Beifall gefeiert. Er betonte, für ihn stünden immer die Verantwortung für Bayern im Vordergrund und das Wohl der Gesamtpartei über den Einzelinteressen. "Deshalb habe ich auch heute meine Entscheidung getroffen."
Der wegen Enthüllungen über sein Privatleben in Bedrängnis geratene deutsche Agrarminister Seehofer (57) sowie auch Huber meldeten umgehend ihre Kandidatur für den Parteivorsitz an. Seehofer sagte, er könne den bundespolitischen Anspruch der CSU verkörpern. Huber meint von sich, dass er als Parteichef die ganze Breite einer großen Volkspartei abdecken könne. Beckstein hat sich bereits offen für die Nachfolge Stoibers als Ministerpräsident gezeigt. Er betonte aber, es sei noch keine Entscheidung gefallen. "Wir sind nicht am Ende von Gesprächen, sondern am Beginn von Gesprächen." Die gesamte Nachfolge solle "ein Übergang mit Respekt und Ehre und Achtung" werden.
Lob von Merkel für Stoiber
Die deutsche Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) lobte Stoiber für seine Arbeit. Sie werde ihn mit
Kräften unterstützen. SPD-Chef Kurt Beck sagte in Mainz, mit einem
Ministerpräsidenten auf Abruf werde das Verhandeln in Berlin nicht
einfacher. Beck und Vize-Kanzler Franz Müntefering (SPD) stellten die
Partnerschaft mit der Union aber nicht in Frage. Die Koalition stehe, man
könne vernünftig zusammenarbeiten.