Die NATO berät über die Aufnahme Georgiens und der Ukraine in das Bündnis. Die Europäische Union und die NATO sind uneins in der Frage des russischen Truppenabzugs aus Abchasien und Südossetien.
Die NATO-Verteidigungsminister beraten ab Donnerstag in London über die Folgen der Kaukasus-Krise. Im Zentrum des zweitägigen informellen Treffens steht ein Arbeitsessen mit dem georgischen Ministerpräsidenten Lado Gurgenidse. Russland wirft der Allianz vor, Georgien militärisch wiederaufrüsten zu wollen. Bei dem Treffen dürften die USA zudem den Druck erhöhen, Georgien und die Ukraine in das Bündnis aufzunehmen. Deutschland und Frankreich sperren sich bisher gegen den Kandidatenstatus.
EU und NATO uneins über russischen Truppenabzug
EU-Kommissionspräsident
José Manuel Barroso sagte am Mittwoch in Brüssel, ein Abzug aus
Kern-Georgien reiche aus, damit die EU wieder Verhandlungen über ein neues
Partnerschaftsabkommen mit Russland fortsetzen könne. Südossetien und
Abchasien seien von der Forderung ausgenommen, alle Truppen auf die
Positionen vor dem 7. August zurückzuziehen. "Denn sie (die
Russen) waren ja schon zuvor in Südossetien und Abchasien",
begründete das Barroso.
NATO mit Sechs-Punkte-Plan
NATO-Sprecher James Appathurai sagte
hingegen in Brüssel, die NATO wolle, dass der vom französischen Präsidenten
Nicolas Sarkozy ausgehandelte Sechs-Punkte-Plan "voll umgesetzt"
werde. In diesem Plan ist der Rückzug aller Truppen auf die Positionen vor
dem 7. August, an dem der Konflikt ausbrach, enthalten. Das bedeute aus
Sicht der NATO keineswegs, dass Russland in ganz Südossetien und Abchasien
weiterhin Truppen stationieren dürfe, sagte der NATO-Sprecher. So hätten die
Separatisten in Südossetien vor dem 7. August nur ein Drittel des Gebiets
kontrolliert. "Es gibt da einige Fragen, die die Russen beantworten
müssen, wenn es um die Rückkehr auf die Positionen vor dem 7. August geht."
Die EU-Gipfelkonferenz hatte am 1. September erklärt: "Solange sich die Truppen nicht auf die Positionen zurückgezogen haben, die sie vor dem 7. August innehatten, werden die Treffen zur Aushandlung des Partnerschaftsabkommens verschoben."
Vor dem Ausbruch des jüngsten Kaukasus-Konflikts am 7. August befanden sich weniger als 500 russische Soldaten als Teil einer auch Georgier einschließenden Friedenstruppe in Südossetien. In Abchasien war die Zahl auf maximal 2500 begrenzt. Nach dem Konflikt hat Russland die abtrünnigen georgischen Regionen als unabhängige Staaten anerkannt und erklärt, künftig würden insgesamt 7600 russische Soldaten dort dauerhaft stationiert.
Bereits Anfang der Woche hatte dies NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer heftig kritisiert: "Wenn die Russen mit so vielen Soldaten in Südossetien bleiben, kann ich darin keine Rückkehr zum Status quo sehen." Der Verbleib der russischen Soldaten in den beiden abtrünnigen Gebieten sei "völlig inakzeptabel".
Saakaschwili will um Hilfe gegen Russland bitten
Der georgische
Präsident Michail Saakaschwili will die Vereinten Nationen im Konflikt mit
Russland um Hilfe bitten. Er werde vor der UN-Vollversammlung über
"russische Aggression" und "ethnische Säuberungen" sprechen und die
internationale Gemeinschaft um Hilfe bitten, kündigte Saakaschwili vor
seinem Abflug nach New York an.
Jüngste Russland-kritische Äußerungen von US-Außenministerin Condoleezza Rice zeigten, "dass wir Zeuge einer neuen Ära in den internationalen Beziehungen sind und sich die Weltordnung verändert hat", sagte Saakaschwili. Rice hatte am Donnerstag eine kritische Neuausrichtung des Verhältnisses zu Russland angekündigt. Saakaschwili soll am Dienstag vor der UN-Vollversammlung sprechen.