Strache vs. Korun

Heißes Hass-Duell um das Minarett

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Seit einer Woche diskutiert jeder Stammtisch: Soll auch Österreich wie die Schweiz Minarette verbieten? Ist der Islam zu mächtig? FP-Chef Strache und die Grüne Alev Korun trafen sich zum Duell.

Die Organisation des Treffens entpuppte sich zu einem nicht ganz unkomplizierten Hürdenlauf. Bevor FP-Chef HC Strache und Grüne-Nationalratsabgeordnete Alev Korun (40), die in der Türkei geboren wurde, in den Ring stiegen, wurden einige Bedingungen gestellt.

Das Duell rund um Minarett, Moschee und Islam musste auf neutralem Boden stattfinden. Keiner der beiden Politiker wollte sich auf „feindliches“ Gebiet begeben – sprich: in den Klubräumen der Grünen oder der FPÖ diskutieren. Man wollte jeden möglichen Heimvorteil des jeweils anderen vermeiden.

Nach einigen Telefonaten fand man im Parlament eine neutrale Zone – die Cafeteria.

Beim Zusammentreffen war die Antipathie freilich mehr als spürbar. Man begrüßte sich kühl, würdigte einander keines Blickes. Nur für die Kamera schaute man sein Gegenüber an. Und das erst nach der höflichen Aufforderung der Redakteurin.

Nikolo für Alev Korun
Als kleines Mitbringsel hatte Strache einen Schokoladen-Nikolo für sein Vis-à-vis mitgebracht. Die Nationalratsabgeordnete mit türkischen Wurzeln Alev Korun, die in der Türkei die Volksschule und das Gymnasium besuchte, ignorierte die bewusste Provokation des FP-Chefs.

„Hassprediger Strache“?
Bei der einstündigen Diskussion gingen die Wogen hoch. Religionsfreiheit ja, Minarett nein – war die Botschaft von HC Strache. Nicht überraschend. Neu hingegen, dass er vor allem Türken als Integrationsverweigerer outete.

Das brachte die Grüne-Politikerin Korun auf die Palme. Ihr Vorwurf: „Herr Strache, Sie sind ein Hassprediger, der die Religion genauso missbraucht, wie es die radikal fanatischen Muslime tun.“

"Probleme machen nur die Türken"
ÖSTERREICH:
Herr Strache, in Österreich gibt es nur drei Minarette. Wovor fürchtet sich die FPÖ eigentlich?
HC Strache: Es geht nicht um Furcht. Bei uns ist die Religionsfreiheit gesichert. Um die Religion auszuüben, braucht es aber kein Minarett als Siegessymbol über das Christentum und als Symbol der Frauenunterdrückung. Das war auch der Ausdruck der Schweizer Volksabstimmung, wozu ich den Schweizern nur gratulieren kann. Minarett und Burka sind Symbole, die auch nicht im Koran vorgesehen sind.
Alev Korun: Wenn man sich schon um Symbolik bemüht, dann sollte man alle Religionen gleich behandeln. Im Fall des Islam soll das Minarett ein Machtsymbol sein, der Kirchturm ist für Sie hingegen keines. Und: Auch der Kirchturm ist auch in der Bibel nicht vorgesehen. In der Schweiz hat die Mehrheit darüber entschieden, wie sehr eine Minderheit das Recht auf freie Religionsausübung in Anspruch nehmen darf. Auch wenn das im Rahmen einer Volksabstimmung passiert ist, ist das Beschneidung der Rechte einer Minderheit.
Strache: Es ist gut, wenn wir beleuchten, wie in Europa die Religionsfreiheit gelebt wird. Im Vergleich zu vielen negativen Entwicklungen in islamischen Ländern, wo es beispielsweise Kirchenbau-Verbote gibt wie in der Türkei.
Korun: Sie prangern an, dass es in vielen Ländern dieser Welt keine Religionsfreiheit gibt und dann sollen wir uns als Österreicher ausgerechnet an diesen Ländern orientieren und die Religionsfreiheit wie dort einschränken. Das ist absurd.
Strache: Wir erleben eine völlige Intoleranz in den islamischen Ländern dieser Welt und darauf müssen wir hinweisen. Im Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wird dargelegt, dass Moscheen als Plattform für Radikalisierungsaktivitäten dienen. Es gibt radikale Hassprediger in österreichischen Moscheen, die den Koran über die österreichische Verfassung stellen.
ÖSTERREICH: Dann sollten Sie große Moscheen begrüßen. Hier kann die angebliche Radikalisierung viel besser beobachtet werden...
Strache: Es hat ja keiner ein Problem mit einem Gebetshaus. In Vorarlberg und Kärnten gibt es gute Landesgesetze, wo die Bevölkerung bei allen Bauvorhaben eingebunden werden muss, ohne dass die Religionsfreiheit behindert wird. Wir brauchen keine Moschee, kein Minarett und keine Kuppel. Denn diese Symbole werden vom türkischen Ministerpräsidenten Erdogan missbraucht. Er hat gesagt, dass die Moschee für ihn wie eine Kaserne, die Kuppel wie ein Helm und die Minarette wie Bajonette zu betrachten sind – bis hin, dass die Gläubigen für ihn wie Soldaten sind.
Korun: Ich würde sagen, Erdogan missbraucht genauso wie Sie die Religion für die Politik. Sie fuchteln ja bei Ihren Reden mit dem Kreuz in der Hand herum, wofür Sie von den Bischöfen kritisiert wurden. Damit nehmen Sie das Christentum in Geiselhaft wie Erdogan den Islam. Zu dem Punkt Religionsfreiheit: Das ist ganz typisch für Sie, wie Sie die Diskussion in der Öffentlichkeit führen. Bei den Interviews sind Sie dafür. Und dann marschieren Sie in Wien-Brigittenau bei einer Demonstration unter einem Transparent „Ka Moschee wär scheen“. Wie können Sie da von Religionsfreiheit sprechen? Noch dazu ist es bei diesem Projekt weder um eine Moschee noch um ein Minarett gegangen. Da versuchen Sie ganz bewusst Stimmung zu machen. Die Botschaft ist: Muslime raus aus Österreich, Muslime raus aus Europa.
Strache: Das ist eine ganz unsinnige Behauptung. Ich missbrauche die Religion nicht. Das Kreuz ist nicht Eigentum einer Kirche, sondern das Kreuz gehört jedem Menschen, der sich dazu bekennt. Ich verteidige das Kreuz, dass es nicht aus den Schulklassen verbannt wird. Ich verteidige den Nikolaus, dass er nicht aus den Kindergärten verbannt wird. Ich bin froh, dass Frankreichs Präsident Verständnis für die Schweizer gezeigt hat. Ich finde es schlecht, dass die Politiker in Österreich bis hin zum Bundespräsidenten Heinz Fischer so abgehoben sind, dass sie eine Politik betreiben, die völlig an der Bevölkerung vorbeigeht. Fischer spricht sich für Minarette aus und spricht damit gegen die Bevölkerung.
Korun: Warum werden Muslime von der FPÖ ständig als zurückgeblieben dargestellt und ihre Weltanschauung pauschal mit Demokratieunfähigkeit gleichgesetzt? Das ist Verleumdung und Angstmache. Ich sehe, dass auf beiden Seiten, bei Muslimen und Nicht-Muslimen wenig Information über den jeweiligen anderen herrscht. Wir sollten als Gesellschaft das verändern. Moslems sind in ihrer Einstellung zu Religion so vielfältig wie Christen. Da gibt es Leute, die in die Moschee gehen, und genauso solche, die quasi „Taufscheinmuslime“ sind und nie eine Moschee besuchen.
Strache: Ich gebe Ihnen recht, dass die Integration vorangetrieben werden muss. Das Problem, das wir jetzt in Österreich wahrnehmen, ist nicht mit den Moslems aus Ägypten oder aus dem Irak. Da gibt es kaum Konflikte, sondern nur mit Moslems aus dem Raum der Türkei. Wir müssen hinterfragen, warum es laut Studien bei 50 Prozent der eingewanderten Türken keine Integrationsbereitschaft gibt. Darüber sollten wir reden.
Korun: Erstens ist die Zahl falsch und zweitens beleidigen Sie damit alle Türken, die sich mustergültig integriert haben.

Moderation: I. Metzger

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