Pilotanlage in Drünrohr

EVN testet das Geschäft mit CO2

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Der niederösterreichische Versorger will künftig mit CO2 Geld verdienen. In einer Pilotanlage beim kalorischen Kraftwerk Dürnrohr wird seit Mitte 2009 CO2 aus den Abgasen herausgewaschen, gereinigt und künftig der Industrie als Rohstoff angeboten, sagte EVN-Sprecher Stefan Zach.

Geprüft wird, ob sich das Projekt, bei dem die EVN Partner aus Wissenschaft und Industrie mit an Bord hat, wirtschaftlich rechnet. Man sei diesbezüglich aber sehr zuversichtlich. Eingesetzt wird Kohlendioxid derzeit unter anderem in der Düngemittelproduktion, aber auch in der Getränke-, Pharma- und Kosmetikindustrie.

In Dürnrohr können zum jetzigen Zeitpunkt technisch rund 40.000 t CO2 pro Jahr für Industriezwecke erzeugt werden. Machbar seien in einer Großanlage mehrere hunderttausend t. Auf Basis der derzeit eingesetzten Technologie können 5-10 % des vorhandenen Rauchgases entnommen werden. Die EVN entwickelt aber bereits die nächste Generation einer CO2-Abscheideanlage.

"Die EVN sieht CO2 als Wertstoff mit Zukunft", so Zach. Partner sind der zum A-Tec-Konzern gehörende Anlagenbauer AE&E, Proionic und die Montan Universität Leoben. Der Preis für CO2 für Industriezwecke liegt - je nach Qualität und Anforderung - bei 130 bis 150 Euro pro Tonne für Großkunden. Für Kleinkunden könnte man sogar das Zehnfache erzielen. Im Emissionshandel liegt der Preis für 1 t CO2 derzeit bei rund 13 Euro.

Der weltweite CO2-Jahresbedarf allein für die Erzeugung von Harnstoff, der unter anderem in der Düngemittel- und Kosmetikindustrie eingesetzt wird, und Melamin lag 2007 bei 80 Mio. t. Derzeit wird Kohlendioxid für Industriezwecke vor allem aus Erdgas erzeugt. Neben der Reduktion von CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung könnte somit auch zusätzlicher Erdgas-Einsatz vermieden werden. Angesichts des weltweiten CO2-Ausstoßes von rund 30 Mrd. t ist die stoffliche Verwertung des Treibhausgases aber wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Neben der derzeitigen Verwendung in der Industrie - die beispielsweise das "Prickeln" in Getränke bringt, bei der Produktion von Handcreme und Aspirin verwendet wird oder im Feuerlöscher steckt - gibt es aber auch weitergehende Visionen. So könnten beispielsweise Kohlenwasserstoffe oder Methanol synthetisiert werden, die dann direkt genutzt oder weiterverarbeitet werden. Manche Forscher gehen einen Schritt weiter.

Der Chemie-Nobelpreisträger George A. Olah von der University of Southern California in Los Angeles, sieht die Chance, einen der Fotosynthese abgeschauten künstlichen Kreislauf zu schaffen, bei dem Wasser und CO2 wieder in organische Verbindungen umgewandelt werden. Olah befürworte daher schon seit Jahren die Schaffung einer Methanolwirtschaft, die das Zeitalter von Öl, Gas und Kohle ablösen soll. Denn Methanol eignet sich als Treibstoff für Verbrennungsmotoren und kann direkt in Brennstoffzellen verwendet werden.

Auch Biomasse könnte aus CO2 entstehen: In einer Pilotanlage im deutschen Braunkohlekraftwerk in Bergheim-Niederaussem in der Nähe von Köln werden Algen direkt mit dem im Rauchgas enthaltenen CO2 "gefüttert". Aus der Algenbiomasse könnten dann Treibstoffe, Chemikalien oder Biomasse gewonnen werden. Alles noch Zukunftsmusik - die EVN will jedenfalls rasch wissen, ob sich das Abscheiden von CO2 auszahlt.

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