Studie

Handel mit EU spart Schweiz 1 Mrd. Franken

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55 Prozent aller Schweizer Exporte gehen in die EU.

Freihandelsabkommen zahlen sich aus: Nur schon der Vertrag mit der EU als wichtigstem Handelspartner der Schweiz bringt den Schweizer unternehmen Zolleinsparungen von über 1 Mrd. Franken ein. Die Schweizer Industrieexporteure konnten im Jahre 2012 alleine in den vier Schweizer Nachbarländern und Großbritannien 987 Mio. Euro (1,22 Mrd. CHF) an Zöllen sparen.

Dies geht aus einer Studie der Exportförder- und Standortpromotionsorganisation Switzerland Global Enterprise (S-GE) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Die erste Untersuchung zu dem Thema zeigt gemäß der Organisation, die früher Osec hieß, dass die meisten Zolleinsparungen mit Deutschland anfallen, wo Schweizer Firmen 597 Mio. Euro sparten.

Mit weitem Abstand dahinter folgt Frankreich (184 Mio. Euro) vor Italien (87 Mio. Euro). Fast so viele Zolleinsparungen werden in Österreich (75 Mio. Euro) erzielt, obwohl das Land viel kleiner ist als Italien. Großbritannien folgt auf Platz fünf mit 45 Mio. Euro.

"Insgesamt ist das Freihandelsabkommen mit der EU extrem wichtig", sagte Privatdozent Patrick Ziltener von der Universität Zürich, der die Studie im Auftrag von S-GE erstellt hat, am Dienstag vor den Medien in Zürich. In die Europäische Union gehen derzeit 55 Prozent aller Schweizer Exporte.

Für einige Branchen sei das seit 1973 bestehende Abkommen gar überlebensnotwendig, wie etwa für die Plastik- und Gummisektoren, die durch das Freihandelsabkommen um 89 Prozent der Zölle herumkommen. Große Zolleinsparungen ermögliche es auch der Textilindustrie (87 Prozent), der Maschinen-, Elektronik- und Metallindustrie (69 Prozent) und der Fahrzeugbranche (65 Prozent).

Aber auch bei der Chemie- und Pharmabranche sowie der Uhrenindustrie, wo der Handel sowieso schon weitgehend zollfrei ist, sind die Einsparungen durch den Freihandelsvertrag beträchtlich: Alleine bei den Ausfuhren nach Deutschland sind das pro Jahr 30 Mio. Euro bei den Uhren und 120 Mio. Euro in der Chemie- und Pharmabranche.

Allerdings werden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. "Das verbleibende Einsparungspotential bei den Exporten in die fünf Länder beläuft sich auf 104 Mio. Euro", sagte Ziltener. Alleine im Export nach Deutschland bezahlten hiesige Unternehmen noch 55 Mio. Euro an Zöllen.

Aber auch im Export nach Italien fielen immer noch erhebliche Zölle im Wert von 27 Mio. Euro an. Der Löwenanteil davon entfällt auf die Chemie- und Pharmaindustrie. Wieso das Einsparungspotenzial nicht voll genutzt werde, gehe aus der Zollstatistik nicht hervor, sagte Ziltener.

"Freihandelsabkommen sind für die Schweizer Exportwirtschaft enorm wichtig, weil die WTO-Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels seit einiger Zeit ins Stocken geraten sind", sagte der Chef von Switzerland Global Enterprise, Daniel Küng: "Wir brauchen Freihandelsabkommen, um unseren Unternehmen den Zugang zu anderen Märkten zu öffnen."

Insgesamt hat die Schweiz Freihandelsabkommen mit 38 Staaten. Nachdem im letzten Sommer das Freihandelsabkommen der Schweiz mit China unterzeichnet wurde, sollen weitere Verträge etwa mit Indonesien und Indien folgen, auch wenn die Verhandlungen derzeit stocken.

"Dann hätte die Schweiz allein aufgrund der Freihandelsabkommen mit diesen drei Staaten einen vereinfachten Handelszugang zu einem Markt mit rund einem Drittel der Weltbevölkerung", sagte Küng.

Ganz oben auf der Wunschliste der Schweizer Wirtschaft stehe aber ein Freihandelsabkommen mit den USA, sagte Küng. 2006 hätte sich die Gelegenheit dazu ergeben. Der Bundesrat hatte aber damals die Bemühungen aus Rücksicht auf die heimische Landwirtschaft gestoppt. Auf die Frage, ob das eine schlaue Idee gewesen sei, sagte Küng: "Nein, sicher nicht. Ich finde es für die Schweizer Wirtschaft schade, dass die Gelegenheit nicht genutzt wurde."

Derzeit beobachtet Bern mit Argusaugen die Bemühungen der USA und der EU um ein Freihandelsabkommen. Dieses könnte erhebliche Nachteile für Schweizer Unternehmen gegenüber der EU-Konkurrenz bringen. Es stelle sich die Frage, ob die Schweiz irgendwie auf den Zug aufspringen könne, sagte Küng.

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