Neuer Vertrag

Merkel und Sarkozy verkünden neue EU

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 Bei Gipfeltreffen in Paris präsentierten Merkel und Sarkozy Rettungsplan für die EU.

Es war das Bild des Tages: Frankreichs Präsident Sarkozy und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gingen nach dem obligatorischen Begrüßungs-Kuss Hand in Hand (!) in den Elysée Palast. Als wollte man dem Rest Europas noch einmal demonstrieren, wer beim EU-Gipfel am Donnerstag den Ton angeben wird. Und klarzustellen: Zwischen Deutschland und Frankreich passt bei der Euro-Rettung kein Blatt Papier.

"Merkozy" demonstrieren Einigkeit in Paris

Bereits am Mittwoch übergeben sie ihren Plan an EU-Chef
Knapp eineinhalb Stunden dauerte das Arbeitsessen, dann präsentierten „Merkozy“ ihren Rettungskonzept, das sie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bereits am Mittwoch – einen Tag vor dem EU-Gipfel – vorlegen werden.

  • Nationale Schuldenbremsen in der Verfassung für alle 17 Euro-Ländern.
  • Für Staaten, deren Defizit die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschreitet, soll es automatische Strafen geben. Defizitverfahren können derzeit nur von einer qualifizierten Mehrheit eingeleitet werden, künftig soll das umgedreht werden. Nur wenn eine qualifizierte Mehrheit dagegen ist, soll es kein Defizitverfahren geben. Die Strafen sollen voraussichtlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhängt werden.
  • Sarkozy und Merkel wollen eine Änderung der EU-Verträge wenn möglich für alle 27 EU-Länder. Falls dies nicht zustande kommt, kann es aber auch nur eine Vertragsänderung für die 17 Euro-Länder geben. Welche Länder bei der Vertragsänderung dabei sind, soll bereits vor dem EU-Gipfel entschieden werden.
  • Jedes Monat soll es ein Treffen der Staats- und Regierungschefs geben – eine Art „Wirtschaftsregierung“ für Europa.
  • Der Euro-Rettungsschirm ESM soll schon auf 2012 vorgezogen werden. Ursprünglich sollte dieser dauerhafte Rettungsfonds erst Mitte 2013 starten. Und: Im Rahmen des ESM wird eine qualifizierte Mehrheit von 85 % für Entscheidungen reichen. Einzelne EU-Staaten sollen Hilfen mit ihrem Veto also nicht mehr blockieren können.
  • Von der Idee von Eurobonds haben sich Frankreich und Deutschland – wohl auf Drängen Merkels – vorerst verabschiedet. „Eurobonds sind keine Lösung der Krise“, meinte auch Sarkozy.

„Was sicher bisher ereignet, darf sich nie mehr ereignen“, warnte Sarkozy.
Der Euro reagierte positiv auf den gemeinsamen Auftritt von Merkel und Sakozy: Am Nachmittag kletterte die Gemeinschaftswährung auf 1,3479 US-Dollar.

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17:36 Uhr: Die Aussicht auf eine schnelle Reform der EU-Verträge hat den Euro am Montag gestützt. Am Montagnachmittag erreichte die Gemeinschaftswährung ein Tageshoch bei 1,3479 US-Dollar und kostete damit knapp einen Cent mehr als zum Handelsstart am Morgen.

17:27 Uhr: Merkel hat Kritik aus den Reihen der französischen Sozialisten an einer angeblichen deutschen Dominanz in Europa zurück gewiesen. "Wir arbeiten zusammen in einer nie gekannten Art und Weise, auch was das Finden von Lösungen anbelangt. Wir haben ein Maß an Gemeinsamkeit über eine gemeinsame Währung gefunden", sagte sie mit Blick auf Vorwürfe, sie betreibe eine Politik nach Art Otto von Bismarcks im 19. Jahrhundert.

17.15 Uhr: Sarkozy: "Wir haben keine Zeit. Die Dinge liegen klar: so schnell wie möglich wird gehandelt auf der Basis dieser Vereinbarung zwischen Frankreich und Deutschland plus den anderen."

17.07 Uhr: Bereits bei diesem EU-Gipfel soll die Entscheidung fallen, in welchem Rahmen die Verträge geändert werden: Entweder mit allen 27 EU-Staaten oder nur in der Gruppe der 17 Euro-Länder.

16.55 Uhr: Zeitplan
Sarkozy: "Die Zeitplanung ist sehr einfach. Am Mittwoch senden wir den Brief an von Rompuy ab. Donnerstag und Freitag hoffen wir alle Vorschläge, die wir vorzulegen haben, präsentieren zu können, und dann werden wir sehen, wie das Echo ist, ob man einen Vertrag mit 27 oder mit 17 Staaten anstrebt. (...) Wir sind uns der Schwere der Situation bewusst und auch der Verantwortung."

16.43 Uhr: Merkel: "Wir werden natürlich auch mir dem Europaparlament sprechen und sagen wie wir uns das vorstellen, damit jetzt kein Missverständnis auftritt, aber wir sind fest entschlossen, die Entscheidung jetzt genau bei diesem Rat herbeizuführen."

16.33 Uhr: Merkel betonte, dass bei den geplanten Sanktionen bis hin zum Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht jedes einzelne Budget eines Landes überprüft werden solle. Auch Sarkozy sagte, der EuGH könne nicht die nationalen Haushalte annullieren.

15.56 Uhr: Absage an Eurobonds
Merkel und Sarkozy wollen derzeit keine Eurobonds, sagte der französische Präsident. Nach den Worten Sarkozys streben Berlin und Paris Vertragsänderungen möglichst für alle 27 EU-Länder an, aber es seien auch Veränderungen nur der 17 Euro-Länder möglich. Teil der Vorschläge seien zudem nationale Schuldenbremsen sowie eine Beteiligung des Privatsektors.

Merkel, Sarkozy
© EPA

15.50 Uhr: ESM schon 2012
Der künftige Euro-Rettungsschirm ESM soll vorgezogen werden - statt 2013 soll der dauerhafte Rettungsfonds schon im kommenden Jahr starten.

15.46 Uhr: Automatische Strafen für Defizitsünder
Sarkozy auf der Pressekonferenz nach dem Essen: Frankreich und Deutschland streben automatische Strafen für Staaten an, deren Defizit die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschreitet.

15.35 Uhr: Der polnische Europaminister Mikolaj Dowgielewicz kritisiert die Rolle Deutschlands und Frankreichs. Nur EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy habe das Recht, beim Gipfeltreffen der Europäer zur Eurorettung Ende der Woche Vorschläge für Vertragsänderungen zu machen. Van Rompuys Bericht müsse die Grundlage sein, nicht deutsch-französische Vorschläge.

15.26 Uhr: Sarkozy unter Druck
Für Sarkozy hat das Ergebnis des Treffens auch innenpolitisch hohe Bedeutung. Im kommenden Frühjahr wird in Frankreich gewählt. Sarkozys Herausforderer, der Sozialist Francois Hollande, wandte sich schon im Vorfeld des Treffens gegen den Kurs Angela Merkels: Er lehne ein Durchgriffsrecht der EU auf nationale Budgets ab. "Ich verwahre mich dagegen, dass die Justiz entscheiden soll an Stelle der Parlamente", so Hollande. Außerdem kritisierte er, dass Merkel entscheide und Sarkozy ihr lediglich folge.

Merkel. Sarkozy
© AP

14.51 Uhr: Kommt gemeinsamer IWF-Fonds der Euro-Länder?
Nach einem "Welt"-Bericht sollen die 17 Notenbanken der Euro-Länder einen dreistelligen Milliardenbetrag in einen Spezialfonds des Internationalen Währungsfonds (IWF) einzahlen, aus dem dann Programme für Krisenländer finanziert werden. Auch andere Zentralbanken wie die US-amerikanische Fed seien bereit, einen Teil der Kosten zu finanzieren.

14.28 Uhr: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat beim Arbeitsessen im Elysee-Palast in Paris Heimvorteil. Ob er diesen ausspielen kann? Zwar wollen beide die Haushaltspläne der Euro-Staaten schärfer kontrollieren, doch Merkel will darüber hinaus die Autorität europäischer Institutionen so stärken, dass sie Durchgriffsrechte auf nationale Budgets hätten. Sarkozy lehnt das ab, will stattdessen gemeinsame Staatsanleihen aller Euroländer (sog. Eurobonds). Diese lehnt wiederum Merkel ab.

Merkel, Sarkozy
© EPA

14.09 Uhr: EZB bereitet Rettungspaket von 1 Billion Euro vor
Die britische "Sunday Times" berichtet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ein riesiges Rettungspaket für die Eurozone vorbereitet. Der Plan solle nur umgesetzt werden, wenn sich die europäischen Regierungschefs auf eine strengere Kontrolle der Staatsfinanzen durch die EU einigen können. Eine Quelle für die Information nennt das Blatt nicht.

14.05 Uhr: Deutscher Finanzminister: Nein zu Eurobonds
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble bekräftigt erneut seine Ablehnung von gemeinsamen europäischen Staatsanleihen. "So lange wir keine Fiskalunion haben, wäre der Anreiz, Schulden zu günstigen Zinsen aufzunehmen, für die Andere mithaften, eine unüberwindliche Versuchung", so Schäuble in Budapest.

13.51 Uhr: Anleger reißen sich um deutsche Anleihen
Bei der Versteigerung unverzinslicher Schatzanweisungen mit sechsmonatiger Laufzeit wurden 2,675 Mrd. Euro von Anlegern besorgt. Die Versteigerung war damit 3,8-fach überzeichnet. Die Durchschnittsrendite lag bei nur 0,0005 Prozent.

13.34 Uhr: Beinhartes Sparprogramm in Italien
Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen aus Italien und Spanien sind sehr deutlich gesunken. Die gestern vorgelegten Sparpläne der Monti-Regierung in Italien scheinen die Investoren am Anleihenmarkt zu überzeugen. Das Bild des Tages lieferte dabei Arbeitsministerin Elsa Fornero : Sie brach, als sie ihren Landsleuten die drastischen Pensions-Kürzungen live verkündete, in Tränen aus.

13.24 Uhr: EU-Kommission lehnt Vertragsänderungen ab
"Wir haben unter den bestehenden Verträgen die Instrumente, um unsere Überwachung von Haushalten und Wirtschaftspolitiken zu verschärfen, darunter auch die Möglichkeit von Sanktionen", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel.

13.21 Uhr: Wie "Focus" berichtet, könnten Vertragsveränderungen für mehr zentrale Kontrolle der Haushalts- und Finanzpolitik zunächst nur im Kreis von Euro-Staaten kommen, deren Bonität mit der Bestnote bewertet wird: Neben Deutschland und Frankreich also etwa Österreich, den Niederlanden und Finnland.

13.15 Uhr: Nach dem Arbeitsessen wollen Merkel und Sarkozy in einer gemeinsamen Pressekonferenz über das Ergebnis informieren.

Merkels Plan
Deutschlands eiserne Kanzlerin hat genaue Vorstellungen. Sie will Europa zu einer Fiskal- und Stabilitätsunion ausbauen. Daher wird Merkel folgende Punkte fordern:

l Unumstößliche Stabilitätskriterien, eine „neue europäische Schuldenbremse“. Merkel will rechtsverbindliche Grenzwerte ohne jeden politischen Spielraum.Zudem verlangt die deutsche Kanzlerin strenge Kontrolle der Haushaltsdisziplin durch die EU-Kommission. l Die Kommission soll automatische Sanktionen verhängen und Durchgriffsrechte auf die nationalen Haushalte im Falle von Verstößen gegen die Stabilitätskriterien erhalten. l Klagerecht gegen Defizitsünder vor dem Europäischen Gerichtshof.

Der Weg zu diesen Vertragsänderungen ist ein langer, weil sie von allen 27 Staaten ratifiziert werden müssen. Derzeit prüft die deutsche Regierung Möglichkeiten, wie sie diesen Weg abkürzen könnte.

Faymann auf Merkel-Linie
Letzten Freitag jettete Kanzler Werner Faymann zu Angela Merkel nach Berlin. Die deutsche Bundeskanzlerin weihte ihren „Lieblings-Sozi“ vorab in ihre Pläne ein. Der Gedanke dahinter: Sie wollte abtasten, ob Österreich beim Regierungsgipfel hinter Deutschland stehen wird. Am Donnerstagabend wird Faymann zum Gipfel nach Brüssel reisen. Das große Thema wird nicht nur Merkels Rettungsplan sein, sondern: Braucht man dafür eine Volksabstimmung oder nicht? Faymann glaubt das übrigens nicht.

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