Edelstahlsparte Inoxum:

ThyssenKrupp verhandelt mit Finnen

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Neuer Edelstahlriese könnte bei Verkauf von Inoxum an finnische Outokumpu entstehen.

Der deutsche Mischkonzern ThyssenKrupp verhandelt mit dem finnischen Konkurrenten Outokumpu über die Zukunft seiner Edelstahlsparte. "Wir haben Gespräche mit Outokumpu begonnen", sagte ein Konzernsprecher am Montag. Dabei werde eine "mögliche Zusammenführung" geprüft.

Finnische Outokumpu bestätigt Gespräche
Outokumpu bestätigte Gespräche mit ThyssenKrupp über "strategische Optionen". Deren Ausgang sei aber noch offen. Die Aktien beider Konzerne legten zu: ThyssenKrupp-Anteilsscheine gewannen knapp ein Prozent auf 21,35 Euro, den Dividendenabschlag herausgerechnet lagen sie fast drei Prozent höher. Outokumpu-Aktien notierten mit einem satten Plus von über elf Prozent bei 7,49 Euro.

Zwei mit dem Vorgang vertraute Personen sagten der Nachrichtenagentur Reuters, die Gespräche seien schon sehr weit gediehen. "ThyssenKrupp verhandelt bereits seit einiger Zeit mit Outokumpu", sagte eine der Personen. Der Konzern erwäge zunächst ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Finnen, an dem diese die Mehrheit halten sollen. Letztlich sei aber eine Trennung möglich: "ThyssenKrupp strebt einen Komplettverkauf der Tochter Inoxum an." Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Sparte und die Ausgestaltung einer Übereinkunft mit Outokumpu sei indes noch nicht gefallen. Der Konzern peile aber eine rasche Vereinbarung an. "Der Aufsichtsrat muss noch zustimmen", hieß es weiter.

Experten haben den Wert der ThyssenKrupp-Tochter auf ein bis zwei Mrd. Euro beziffert. Ein Zusammenschluss der Edelstahlgeschäfte der beiden Unternehmen würde die bereits seit langer Zeit erwartete Konsolidierung der Branche einen großen Schritt voranbringen. Die Branche leidet unter Überkapazitäten. Wegen der Größe der Geschäfte und der überschaubaren Zahl von Anbietern müssten sicher Zugeständnisse an die Kartellbehörden gemacht werden. Neben ThyssenKrupp und Outokumpu gehören die ArcelorMittal -Abspaltung Aperam und Acerinox aus Spanien zu den wichtigsten Playern.

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ThyssenKrupp hält sich bei Inoxum offiziell weiter alle drei Möglichkeiten für eine Abtrennung - einen Börsengang, eine Abspaltung und einen Verkauf - offen. "Bei einem Verkauf würde ThyssenKrupp am meisten bekommen", sagte der Insider. An einen Börsengang sei wegen des Marktumfeldes nicht zu denken. Bei einer Abspaltung würde der Konzern nichts einnehmen und könne nur eine begrenzte Höhe an Schulden mit übertragen.

11.000 Mitarbeiter betroffen
"Ein Verkauf ist die wahrscheinlichste Variante" hatten bereits vor wenigen Tagen mehrere Insider aus dem Umfeld von ThyssenKrupp und bei Investmentbanken gesagt. Bereits im Februar könne es soweit sein. ThyssenKrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger hatte auf der Hauptversammlung am Freitag bekräftigt, die Tochter mit weltweit 11.000 Beschäftigten, etwa die Hälfte davon in Deutschland, bis Ende dieses Jahres abzustoßen.

Hiesinger will insgesamt Geschäfte mit einem Umsatz von rund zehn Mrd. Euro und etwa 35.000 Beschäftigten abstoßen. Dazu gehören neben der Edelstahlsparte diverse Autozulieferer. Hiesinger muss die Schulden von zuletzt 3,6 Mrd. Euro zurückfahren und Mittel für Investitionen in Wachstumsgeschäfte wie Aufzugssparte zu erhalten. Der Konzern leidet unter erheblichen Belastungen durch die Verluste seiner neuen Stahlwerke in Übersee. Diese binden Gelder, die an anderer Stelle investiert werden könnten.

Die Arbeitnehmervertreter müssen einem Verkauf an Outokumpu zustimmen. Sie haben sich ein umfangreiches Mitspracherecht einräumen lassen. Danach müsste sich ein Bieter als "Best Owner" qualifizieren. Die Finnen müssten daher ein Konzept vorlegen, dass etwaige Bedenken bezüglich Arbeitsplatz- und Standortsicherheit zerstreut. Die Arbeitnehmerseite habe bereits ein Gespräch mit den Finnen über die Zukunft der Edelstahlsparte geführt, sagte ein hochrangiger Vertreter der Arbeitnehmer. "Dabei haben wir sehr deutlich gemacht, dass die Verträge und Zusagen zwischen ThyssenKrupp und der Arbeitnehmerseite einzuhalten sind", sagte der Vertreter. Gerieten Standorte der Sparte in Gefahr, drohe ein "Riesenärger" mit den Arbeitnehmern.

In Deutschland gehören das über 100 Jahre alte Traditionsunternehmen Nirosta und die Hochleistungswerkstofftochter VDM zu der Sparte. Große Standorte sind Krefeld, Bochum und Düsseldorf-Benrath. Im Ausland zählen Werke in Italien, Mexiko, den USA und China dazu.

Inoxum hatte im vergangenen Geschäftsjahr mit über 11.000 Beschäftigten seinen Umsatz um 14 Prozent auf 6,7 Mrd. Euro gesteigert. Doch der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) übersprang mit 15 Mio. Euro nur knapp die Null-Linie. Ein Jahr zuvor hatte Inoxum sogar 57 Mio. Euro Verlust geschrieben. Das Edelstahlgeschäft gilt als stark konjunkturabhängig.

Betriebsräte befürchten massive Einschnitte
Betriebsräte und IG Metall befürchten für den Fall eines Verkaufs der Edelstahlsparte Inoxum des deutschen ThyssenKrupp-Konzerns an den finnischen Konkurrenten Outokumpu massive Einschnitte. "Wir sind inzwischen überzeugt davon, dass ThyssenKrupp seine Edelstahlsparte an den finnischen Konzern Outokumpu verkaufen will", teilten Betriebsräte und IG Metall am Montag in einem internen Informationsschreiben an die Beschäftigten mit.

"Wir befürchten, dass es in diesem Fall zu Einschnitten bei der Inoxum kommen wird", hieß es in der Erklärung weiter. Vor allem zwei Produktionsstätten in Krefeld und Bochum seien "massiv und sofort gefährdet". Es drohten aber noch weitere Einschnitte: "Die Arbeitsplätze im Stainless Bereich sind insgesamt bedroht." Die Arbeitnehmer wollten dies aber nicht hinnehmen: "Darauf gibt es nur eine Antwort: Das akzeptieren wir nicht."

 Der Vorstand des ThyssenKrupp-Konzerns müsse "sofort" Klarheit über das Ausmaß der drohenden Einschnitte schaffen. Es gebe klare Vereinbarungen zwischen der Konzernleitung und den Arbeitnehmern zur Zukunft der Edelstahlsparte. "Wir erwarten von jedem neuen Eigentümer, dass er sich daran hält und mit uns rechtsverbindlich vereinbart, dass die dort gemachten Zusagen dauerhaft gelten", hieß es weiter. Noch am Nachmittag könnte es zu spontanen Arbeitsniederlegungen im Werk Krefeld kommen, hieß es ergänzend in Kreisen des Arbeitnehmerlagers.

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