Bei der Lufthansa streiken die Piloten. Der Ausstand begann um Mitternacht, wie das Unternehmen mitteilte. Für Montag musste die Lufthansa 40 bis 50 % der Flüge streichen. Von 1.800 Flügen werden maximal 1.100 Flüge stattfinden, sagte ein Konzernsprecher. Eine Annäherung der Streitparteien gab es zuletzt nicht - im Gegenteil: Die Airline geht gerichtlich gegen den Streik der Piloten vor.
Beim Arbeitsgericht Frankfurt wurde ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung eingereicht, sagte Lufthansa-Sprecher Bartels. Der Streik sei unverhältnismäßig. Lufthansa sei verpflichtet, Schaden von Unternehmen, Mitarbeitern und Aktionären abzuwenden.
Im Tarifkonflikt war am Wochenende keine Einigung erzielt worden, obwohl sich der deutsche Verkehrsminister Ramsauer als Vermittler eingeschaltet hatte. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat gut 4.000 Piloten aufgerufen, für vier Tage ihre Arbeit ruhen zu lassen. Dies wäre der längste Pilotenstreik der Lufthansa-Geschichte.
Der Konzern bietet den Piloten eine Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2012 an, will sich aber nicht darauf einlassen, deutsches Tarifrecht auch für Unternehmensteile im Ausland durchzusetzen. Genau darauf pocht die Gewerkschaft. Sie befürchtet einen sukzessiven Abbau der hoch bezahlten Lufthansa-Piloten und die Verlagerung von Arbeitsplätzen.
Nach derzeitigem Stand werde der Streik wie geplant bis Donnerstag fortgesetzt, hieß es seitens der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit am Montag. Damit dürften binnen vier Tagen rund 3.200 Flüge ausfallen. Sollte es am Ende des aktuellen Streiks weiter keine Gespräche geben, seien neue Streiks denkbar.
Was Lufthansa-Piloten verdienenDas Anfangsgehalt eines Piloten im Konzerntarifvertrag der Lufthansa liegt nach Angaben der Gesellschaft bei 62.000 Euro brutto im Jahr. Einen Gutteil der Kosten ihrer zweijährigen Ausbildung müssen die Piloten abstottern, sobald sie im Job stehen. Ihr Anteil beträgt 60.000 Euro, was laut Lufthansa etwa ein Drittel der Kosten deckt. Nach dem Aufstieg zum Kapitän können die Piloten nach Angaben aus Luftverkehrskreisen mit einem Anfangsgehalt von 110.000 Euro rechnen, das bei einem erfolgreichen Berufsleben im Cockpit auf mehr als 250.000 Euro anwachsen kann. Vom Erfolg des Unternehmens ist eine variable Vergütung von bis zu einem zusätzlichen Monatsgehalt abhängig. Bisher musste dafür ein Konzerngewinn von mehr als 1 Mrd. Euro erzielt sein. Die Piloten haben zusätzlich Anspruch auf umfangreiche Sozialleistungen und eine Betriebsrente. Nach Angaben der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit müssen sie sich selbst aber kostspielig gegen eine Berufsunfähigkeit absichern, die aus gesundheitlichen Gründen bei strengen alljährlichen Untersuchungen jederzeit eintreten kann. Eine solche Police kann bis zu 400 Euro monatlich kosten. |
An den größten deutschen Flughäfen in Frankfurt, Düsseldorf, München, Berlin und Hamburg fielen Montag früh zahlreiche Flüge aus - mehr als geplant: "Ein paar" Verbindungen aus dem Notflugplan hätten leider gestrichen werden müssen, sagte eine Sprecherin des Konzerns. Über die Dauer des gesamten Streiks bis Donnerstag rechnet die Fluggesellschaft damit, dass zwei Drittel der Flüge ausfallen. Es gilt ein Sonderflugplan. Die Bahn stellt zusätzliche Züge bereit.
Auch Wien ist betroffen. Am Montag fallen 11 von 24 Lufthansa-Flügen aus. 13 Flüge können am Dienstag mit Start ab Wien aus aktueller Sicht stattfinden. Welche Flüge zwischen Deutschland und Wien am Hub Wien im Detail dem Streik zum Opfer fallen, ist auf der Flughafen-Homepage ersichtlich.
DIHK kritisiert Arbeitskampf als verantwortungslosDer Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, nannte den Ausstand im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" verantwortungslos. Er äußerte sich vor allem besorgt über die Folgen für den Frachtverkehr. Viele Firmen hätten die Sorge, dass der Streik die notwendige Ersatzteillogistik für deutsche Maschinen und Anlagen lahmlegen könnte. Wansleben forderte die Pilotengewerkschaft Cockpit zum Einlenken auf: Die Piloten säßen an einer "Scharnierposition" für die Gesamtwirtschaft. |
Streiks im europäischen Luftverkehr: Ein Rückblick- Februar 2010: Aus Protest gegen das drastische Sparprogramm der Regierung treten in Griechenland unter anderem die Fluglotsen in den Streik. Der Luftraum über Griechenland bleibt für 24 h geschlossen. Die Fluglinien konnten die meisten ihrer Kunden jedoch vorwarnen. - November 2009: Weil das Kabinenpersonal streikt, muss die spanische Gesellschaft Iberia hunderte Flüge streichen. Betroffen sind rund 40.000 Passagiere. Die Gewerkschaften wollen Gehaltserhöhungen für die Beschäftigten und eine Verbesserung des Tarifvertrages. - November 2008: Wegen eines Pilotenstreiks muss die französische Air France hunderte Flüge streichen. Der Arbeitskampf der Piloten richtet sich gegen die Anhebung des Renteneintrittsalters von 60 auf 65 Jahre. - November 2008: Ein "wilder" Streik bei der insolventen italienischen Fluggesellschaft Alitalia führt zum Ausfall vieler Flüge. Der illegale Ausstand war von einer kleinen Gewerkschaft ausgerufen worden, die sich gegen den von einer Investorengruppe vorbereiteten Rettungsplan stemmt. Die großen Gewerkschaften schließen sich dem Streik nicht an. - September 2006: Piloten der Swiss European Air Lines (Swiss) streiken, Dutzende Flüge fallen aus. Betroffen ist aber nur die Avro-Flotte der Swiss, die etwa die Hälfte der Europaflüge abwickelt. Die ehemaligen Piloten der früheren Regionalfluggesellschaft Crossair, aus der die Swiss entstanden ist, kämpfen um Gleichbehandlung mit den Europapiloten der ehemaligen Swissair. Diese war 2001 insolvent zusammengebrochen. - August 2005: 70.000 Passagiere sitzen wegen eines Streiks am Londoner Flughafen Heathrow fest. Auslöser ist die Entlassung von etwa 600 Mitarbeitern einer Cateringfirma, die inoffiziell gestreikt hatten. Der Konflikt eskaliert, als Mitarbeiter der Gepäckabfertigung und des Bodenpersonales aus Solidarität spontan die Arbeit niederlegen. - Oktober 2003: Piloten und Bordpersonal der Austrian Airlines protestieren gegen geplante Sparmaßnahmen. Wegen Umbuchungen müssen die Passagiere lange Verspätungen in Kauf nehmen. - Dezember 2001: Ein 36-Stunden-Streik der Fluglotsen gegen die Liberalisierung der Luftraumüberwachung legt den Flugverkehr in Frankreich fast vollständig lahm. Etwa 85 % der Flüge von Air France fallen aus, auch andere Gesellschaften sind erheblich betroffen. - September 2001: Die Piloten der angeschlagenen belgischen Fluglinie Sabena legen die Arbeit nieder. Hintergründe sind die Auseinandersetzung über die Sanierung der halbstaatlichen Gesellschaft und der geplante Abbau von Arbeitsplätzen. Hunderte Flüge fallen aus. 2 Monate später beantragt Sabena Konkurs. - Mai 2001: Der erste Pilotenstreik in der Geschichte der Lufthansa führt auf allen großen deutschen Flughäfen zu Behinderungen. Betroffen sind 350 von 1.120 geplanten Flügen. Die Streiks werden in den folgenden Wochen fortgesetzt. Im Juli einigen sich die Tarifparteien auf Einkommensverbesserungen von rund 28 %. |