Sujets hätten einen "eindeutig satirischen Charakter" gehabt, heißt es im Urteil
Dass "oe24.at" im Herbst Memes zeigte, auf denen Noch-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) als "Prinzessin" verspottet wurde, ist kein Verstoß gegen den Presse-Ehrenkodex. Dies stellte der Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung fest. Denn: Die Sujets hätten einen "eindeutig satirischen Charakter" gehabt, und dafür reiche die Freiheit der Meinungsäußerung besonders weit.
Der Senat 2 des Presserats beschäftigte sich mit einer Leserinnen-Beschwerde über zwei Beiträge auf der Online-Plattform "oe24.at". Im ersten ("Der Kanzler crasht oe24.tv-Interview") wurde berichtet, dass Kern einen Auftritt im zur Mediengruppe Österreich gehörenden Internet-Sender abgesagt hatte. Dazu wurden ausgewählte Memes (also im Internet verbreitete mehr oder weniger humorige Bilder) von Lesern in Reaktion darauf abgebildet: etwa mit Kern als Prinzessin oder mit einer Gegenüberstellung von Kern und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un, jeweils mit einem Kind auf dem Arm.
Im zweiten Beitrag ging es um ein Video, in dem sich Kerns Ehefrau Evelin Steinberger-Kern auf Facebook zu Wort meldete und Angriffe auf ihre Person beklagte. "Kanzler-Frau inszeniert sich als 'Opfer'", titelte oe24.at und berichtete von "Kritik" im Internet bzw. veröffentlichte einige kritische Facebook-Userbeiträge.
Aus Sicht des Senats sind beide Beiträge medienethisch tragbar. Er räumte laut Aussendung ein, dass der Artikel "Kanzler Kern crasht"... "bewusst gegen Bundeskanzler Kern gerichtet" gewesen sei. Der Senat geht dabei "von einer Art 'Gegenschlag'" aus, weil Kern zuvor wegen Berichten über ein internes SPÖ-Mail, in dem Zuschreibungen wie "Prinzessin" gefallen waren, einen Interview-Boykott gegen "Österreich" angekündigt habe.
Meinungsäußerungsfreiheit
Aber: Nach Ansicht des Senats bewegt sich der Artikel "im Rahmen dessen, was sich ein Politiker gefallen lassen muss", heißt es wörtlich. Die Memes hätten einen "eindeutig satirischen Charakter", zumal sie "auf die Beschreibung des Bundeskanzlers in dem SPÖ-internen Mail" anspielten. "Bei satirischen Beiträgen reicht die Meinungsäußerungsfreiheit weiter als bei einem neutralen Bericht", so der Presserat. Die Gegenüberstellung mit Nordkoreas Diktator sei auch keine "herabwürdige Gleichstellung" mit diesem.
Was das Steinberger-Kern-Video betrifft, sei in dem Artikel zwar Kritik an ihr zu lesen gewesen, es habe aber keine Beleidigungen gegeben. Daher sei dies aus medienethischer Sicht "unbedenklich", zumal ihr Video auch dem Beitrag vorangestellt worden sei. Als Nicht-Politikerin genieße Steinberger-Kern zwar "grundsätzlich mehr Persönlichkeitsschutz" als ihr Mann. Im Wahlkampf sei sie aber "selbst an die Öffentlichkeit herangetreten und darf deshalb auch stärker kritisiert werden", befand der Presserat.