Massive Zinserhöhungen

Türkei stemmt sich gegen Lira-Verfall

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Der Zinserhebung der Notenbank lag deutlich über den Erwartungen.

Die türkische Notenbank reagiert trotz des Widerstands von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan mit einer unerwartet kräftigen Zinserhöhung auf den jüngsten Kursverfall der Lira. Der Satz, zu dem sich die Banken über Nacht Geld bei der Zentralbank leihen können, wurde am Dienstagabend von 7,75 auf 12,0 Prozent angehoben. Der eigentliche Leitzins wurde auf 10 Prozent angehoben von zuvor 4,5 Prozent.

Massiv unter Druck

Die türkische Währung steht seit Wochen massiv unter Druck. Nach dem argentinischen Peso musste sie seit Jahresbeginn die stärksten Verluste aller Schwellenländerwährungen hinnehmen. In Erwartung einer raschen Straffung der US-Geldpolitik und einer erlahmenden Weltwirtschaft ziehen sich Anleger momentan aus der Türkei und anderen Schwellenländern zurück. Zudem sorgt der Korruptionsskandal im Umfeld der Regierung Erdogan seit Wochen für Verunsicherung unter Investoren.

Nach Meinung von Beobachtern wurde die ohnehin angespannte Lage von der Notenbank zusätzlich angefacht. In einer als halbherzig empfunden Entscheidung hatte sie vor rund einer Woche den Zins, zu dem sich Banken über Nacht bei ihr Geld beschaffen können, nur für bestimmte Tage angehoben. Die Lira geriet daraufhin unter zusätzlichen Druck.

Wenige Tage später intervenierte die Notenbank erstmals seit mehr als zwei Jahren außerplanmäßig am Devisenmarkt. Die Wirkung verpuffte allerdings. Beobachter rechnen vor, dass die Währungshüter nicht über ausreichende Devisenreserven verfügen, um diesen Kurs länger durchhalten zu können.

Erdogan gegen Erhöhung

Notenbankchef Erdem Basci hatte angesichts der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in der Türkei die Leitzinsen bisher niedrig gehalten. Erdogan hatte sich vehement gegen eine Zinserhöhung zur Verteidigung des Währungskurses ausgesprochen. "Trotz aller Diffamierungskampagnen und all der Sabotage bahnt sich die türkische Wirtschaft ihren Weg auf solide und unverwüstliche Weise", sagte Erdogan. 2013 seien so viele Autos, Kühlschränke und Waschmaschinen gekauft worden wie noch nie. Staatspräsident Abdullah Gül hatte hingegen an diesem Dienstag die Wichtigkeit der Unabhängigkeit der Notenbank betont.

Kapitalverkehrskontrollen, die den Abfluss der Gelder stoppen oder bremsen könnten, lehnt Basci ab. Höhere Zinsen könnten hingegen Investitionen in türkische Papiere wieder attraktiver machen und damit der Lira Auftrieb geben, die am Montag auf ein Rekordtief zum Dollar gefallen war.

Schon die Erwartungen der Zinserhöhung hatten den Kursverfall der Lira am Dienstag gestoppt und den Kurs bei 2,26 Lira je Dollar stabilisiert. Nach dem Beschluss der Notenbank fiel der Dollarkurs auf 2,18 Lira. Am Vortag war die Lira noch auf ein Rekordtief gefallen - in der Spitze mussten 2,39 Lira für den Greenback gezahlt werden.

Mehr Klarheit notwendig
Um das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen, sei - neben einer Zinserhöhung - jedoch auch mehr Klarheit notwendig, wie sich die innenpolitische Situation weiter entwickle, mahnte ein Händler. Die im Dezember bekannt gewordenen Korruptionsermittlungen, die bis in das Umfeld von Ministerpräsident Erdogan reichen, hatten die Währung in den vergangenen Wochen ebenfalls stark belastet.

Unter Erdogan, der drei Wahlen gewonnen hat, erlebte die Türkei einen Wirtschaftsboom. Zur Finanzierung ihres Wirtschaftswachstums ist die Türkei allerdings stark von ausländischem Kapital abhängig.

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