Sieg der konservativen Opposition in Bulgarien

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Die bisher im Parlament in Sofia nicht vertretene bürgerliche GERB-Partei hat die Wahlen am 5. Juli in Bulgarien klar gewonnen, die absolute Mehrheit jedoch verfehlt. GERB (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens) errang 116 der 240 Mandate in der Volksversammlung.

Nach dem vorläufigen Endergebnis vom 6. Juli kamen die seit 2005 regierenden Sozialisten auf nur 40 Sitze. Sie wurden von den Wählern wegen der weit verbreiteten Korruption abgestraft, die im vergangenen Jahr zum Stopp von EU-Hilfen von rund 500 Millionen Euro geführt hatte. GERB-Gründer Bojko Borissow erklärte, schnellstmöglich eine Regierung bilden zu wollen.

Zudem kündigte er umgehend drastische Ausgabenkürzungen und eine Verschlankung des Verwaltungsapparats an. Allein durch die Streichung von Stellvertreterposten in Ministerien und Behörden seien Einsparungen in Millionenhöhe möglich, sagte der frühere Bodyguard.

"Notwendige Anti-Krisen-Maßnahmen"

Staatspräsident Georgi Parwanow wollte das neu gewählte Parlament schon für den 14. Juli zu seiner konstituierenden Sitzung einberufen. Die Regierungsbildung dürfe sich nicht verzögern, um "keine Zeit für dringend notwendige Anti-Krisen-Maßnahmen" zu verlieren, begründete er seine Eile. Der Präsident muss laut Verfassung die GERB als stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragen.

Borissow erhob noch in der Wahlnacht Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten. Der jetzige Bürgermeister der Hauptstadt Sofia versprach eine wirksame Korruptionsbekämpfung und den Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Als wahrscheinlicher Partner gilt die konservative Blaue Koalition von Ex-Regierungschef Iwan Kostow, die 15 Parlamentssitze erhielt. Eine "prinzipientreue" Regierungskoalition könne "nur zwischen uns und GERB gebildet werden, wir sehen keine anderen Beteiligten", sagte Ko-Vorsitzender Martin Dimitrow. Anders als im Wahlkampf schloss Borissow am Sonntag aber auch ein Bündnis mit der EU-feindlichen und nationalistischen Ataka nicht aus.

"Affären der scheidenden Regierung"

Ebenfalls im Parlament vertreten sind die - bisher mit den Sozialisten regierende - türkische Minderheitspartei DPS mit 38 Abgeordneten und Ataka (Attacke) von Wolen Siderow mit 21. Siderow hatte als ihr Vorsitzender noch in der Wahlnacht die GERB-Partei aufgefordert, die "Affären der scheidenden Regierung aufzudecken". Schließlich schaffte noch die neue Partei der "Ordnung, Gesetz, Gerechtigkeit" mit voraussichtlich zehn Vertretern den Sprung in die Volksvertretung. Sie hat sich auch die Korruptionsbekämpfung auf die Fahnen geschrieben.

Nicht geschafft hat es indes die ebenfalls mitregierende liberale "Königspartei" NDSW. Deren Parteichef, Bulgariens letzter König Simeon II., trat am Montag zurück. Das sei nur logisch, sagte der ehemalige Monarch und Ex-Premier (2001-2005), der mit bürgerlichem Namen Simeon Sakskoburggotski (74) heißt. "Keiner ist unersetzlich." Die NDSW erhielt nur 3,5 Prozent der Stimmen. Bei der Parlamentswahl 2005 hatte sie noch fast 22 Prozent der Stimmen geholt.

Berichte über Stimmenkäufe

Der Urnengang, an dem sich offiziellen Angaben zufolge rund 60 Prozent der Wähler beteiligten, war von Berichten über Stimmenkäufe überschattet worden. Medienberichten zufolge wurde am Montag ein Vize-Minister unter dem Vorwurf des Stimmenkaufs festgenommen. Wie die Nachrichtenagentur Focus unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft in Sofia berichtete, soll gegen den stellvertretenden Minister für Katastrophenschutz, Alexander Filipow, Anklage wegen "Machtmissbrauchs und des Aufbaus einer Stimmenkauf-Gruppe" erhoben werden.

Die Beobachtermission der OSZE (ODHIR) und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) stellte am 6. Juli fest, dass die Wahl "grundsätzlich im Einklang mit den internationalen Normen" verlaufen sei. Es habe eine breite Auswahl für die Wähler gegeben und im Wahlkampf seien grundlegende Freiheiten respektiert worden. "Aber späte Veränderungen im Wahlrecht (Einführung des Mehrheitswahlrechts für einen Teil der Mandate, Anm.), die Sorge über die Wirksamkeit der Strafverfolgung und der Justiz, sowie überzeugende und anhaltende Vorwürfe des Stimmenkaufs" beeinträchtigten den Urnengang. Hier seien "mehr Anstrengungen" nötig, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) am 6. Juli mit.

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