Zweiter Anlauf: Irland entscheidet über EU-Zukunft

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Zum zweiten Mal innerhalb von 15 Monaten entscheiden die Iren am 2.10. per Referendum darüber, ob ihr Land dem EU-Reformvertrag zustimmt.

Sollten die Iren wieder mehrheitlich mit Nein stimmen, gilt die EU-Reform als gescheitert - mit weitreichenden Folgen. Für das Inkrafttreten der Verträge ist die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten erforderlich.

Der irische Ministerpräsident Brian Cowen hat in den vergangenen 15 Monaten in Brüssel weitreichende Verbesserungen für sein Land innerhalb des Reformvertragswerkes heraushandeln können. So wird das strikte Abtreibungsverbot im katholischen Irland nicht infrage gestellt. Auch darf weiterhin jedes Land und damit auch Irland einen EU-Kommissar stellen.

Wirtschaftslage drängt Iren zum Ja

Nicht zuletzt deshalb gilt ein Ja der Iren im zweiten Anlauf als sehr wahrscheinlich, wie Meinungsumfragen belegen. Auch die desaströse Wirtschaftslage auf der grünen Insel spricht dafür. Die Iren, glauben Wirtschaftsexperten, haben die Vorteile der Gemeinschaft inzwischen erkannt. Der Gewerkschaftsführer David Begg nannte ein Nein "selbstmörderisch". Auch die katholische Kirche gab ihre Skepsis auf.

Die Einbettung in die Finanzstrukturen der EU hat das taumelnde irische Bankensystem in der Finanzkrise über Wasser gehalten. Die Wirtschaft steckt aber weiter in einer Rezession. Für das laufende Jahr mit einem Staatsdefizit von 9,5 % gerechnet. Hilfen aus Brüssel und die Ansiedlung von Firmen aus den Ländern der Union dürften höchst willkommen sein. Ministerpräsident Cowen sieht ein Ja als Voraussetzung für die wirtschaftliche Erholung in seinem Land.

Sollte Irland den Lissabon-Verträgen zustimmen, fehlt für deren Verabschiedung noch die Ratifizierung der EU-Kritiker Polen und Tschechien. Beide wollen zunächst die Haltung der Iren abwarten. In Deutschland leistete Bundespräsident Horst Köhler die bis vor kurzem ausstehende Ratifizierungsunterschrift noch rechtzeitig von den Bundestags-Wahlen. Die vom deutschen Bundesverfassungsgericht erzwungenen Begleitgesetze hatte er bereits am vergangenen Mittwoch unterschrieben.

Für den Fall, dass Irland mit Nein stimmt, wäre der Lissabon-Vertrag nach Einschätzung von Experten "tot", zumal dann auch die Ratifizierung in Polen und Tschechien äußerst fraglich wäre. Dann würden die bisher geltenden Nizza-Verträge weiter die Grundlage für die EU-Politik darstellen. Skeptiker glauben, dass in diesem Fall die Diskussion über ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten" wieder an Fahrt gewinnen würde.

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