Siemens und Mitsubishi vor Angebot. Joe Kaeser morgen im Pariser Parlament.
Die Zeit im Alstom-Poker läuft: Noch am Montag wird ein Angebot von Siemens und seinem japanischen Partner Mitsubishi Heavy Industries erwartet. Im Tagesverlauf läuft die Frist ab, die sich der deutsche Elektrokonzern dafür gesetzt hatte. Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hatte zuvor erklärt, dass statt einer blanken Übernahme von Alstom die Bildung einer Allianz im Vordergrund stünde.
Mit ihrem Angebot würden Siemens und Mitsubishi Heavy Industries (MHI) endgültig in den Kampf gegen den US-Konzern General Electric (GE) um den französischen Hersteller einsteigen. GE bietet 12,35 Mrd. Euro für die Alstom-Energietechnik.
Nach einem Bericht der französischen Zeitung "Le Figaro" will das deutsch-japanische Bündnis auch die Schaffung von 1.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in Frankreich anbieten. Mit dem gleichen Vorschlag hatte zuvor GE sein Offert aufgebessert. Siemens-Chef Joe Kaeser und MHI-Chef Shunichi Miyanaga wollten ihr Konzept am Montagnachmittag dem Sondergremium des Alstom-Verwaltungsrates präsentieren, hieß es in dem Zeitungsbericht.
An diesem Dienstag seien sie dann gemeinsam bei Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande und Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg. Siemens wollte den Bericht am Montag nicht kommentieren. Das Parlament in Paris bestätigte, dass Kaeser am Dienstag zu einer Anhörung vor dem Wirtschaftsausschuss der Nationalversammlung erwartet wird.
Der Siemens-Aufsichtsrat war am Sonntagabend zu einer entscheidenden Sitzung zusammengekommen. Ergebnisse wurden zunächst nicht mitgeteilt, dies wurde erst für Montag erwartet. Diese ungewöhnlich lange Zeitspanne könnte auch dafür sprechen, dass hinter den Kulissen noch Abstimmungen über Details eines Offerts laufen. Die Münchner hatten wochenlang die Alstom-Bücher geprüft.
HI teilte am Montag in der Früh mit, "mehrere Möglichkeiten" bezüglich einer Teilübernahme von Alstom zu prüfen. Entschieden sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch nichts. Die Japaner arbeiten seit geraumer Zeit daran, ihre Position im globalen Energiemarkt auszubauen. Anfang des Jahres legte MHI zu diesem Zweck sein Thermokraftgeschäft, zu dem die Gas- und Dampfturbinen gehören, mit dem entsprechenden Geschäftsbereich von Hitachi zusammen.
Nach Medienberichten sieht das Offert von Siemens und MHI vor, dass sich itsubishi an Alstom beteiligt, und zwar in einer Größenordnung von zehn Prozent. Im gleichen Umfang könnte der französische Staat Anteile erwerben. Bisher ist der französische Mischkonzern Bouygues Alstom-Großaktionär.
Siemens soll sich den Berichten zufolge nicht an Alstom direkt beteiligen. Dem Vernehmen nach geht es den Münchnern bei dem Geschäft vor allem um das Gasturbinengeschäft, das sie erwerben wollen, während MHI ein Auge auf die Dampfturbinen geworfen haben soll. Hinsichtlich des Gasturbinengeschäfts wird darüber spekuliert, dass in bar 4 Mrd. Euro gezahlt werden sollen.
Denkbar wäre nach dpa-Informationen auch ein Szenario, in dem Siemens gar nicht selbst als Bieter auftreten würde, sondern später durch ein Untergeschäft mit MHI Zugriff auf die Gasturbinen bekäme. Das könnte angesichts des politisch heiklen Deals eine gesichtswahrende Lösung für die französische Regierung sein, hieß es. Alstom hat sich immer als scharfer Konkurrent von Siemens gesehen, der Vorstand favorisierte bisher das GE-Offert. Paris hatte sich erst vor einigen Wochen per Dekret ein Vetorecht bei Übernahmen gesichert.
Im Falle eines Engagements von Siemens und MHI solle Alstom als eigenständiges Unternehmen erhalten bleiben, heißt es in Branchenkreisen. Teile des Geschäfts der Franzosen könnten dann in Joint Ventures eingebracht werden.
Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hatte bereits den Charakter eines möglichen Alstom-Angebotes betont: "Basis unseres Projekts ist eine Allianz - nicht einfach eine Übernahme gegen Cash", hatte Cromme der französischen Wirtschaftszeitung "Les Echos" (Freitag) gesagt. Er habe den Eindruck, dass die französische Politik sich davon angesprochen fühle.
Siemens hatte auch vorgeschlagen, im Bahntechnikbereich ein von französischer Seite kontrolliertes Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, um so zwei starke europäische Champions zu schmieden. Dieser Teil eines möglichen Offerts dürfte aber nach dpa-Informationen erst in einem nächsten Schritt auf der Agenda stehen.