Dr. Arif de Mendelssohn im Talk
Muss man, um mit dem Rauchen aufzuhören, den Willen dazu haben?
Dr. Arif de Mendelssohn: Viel mehr als den Willen zu haben, müssen Sie verstehen, dass die Nikotinsucht nicht mehr als ein Spiel ist – ein Trugschluss. Unter „den Willen haben“ versteht man immer, dass man eine kognitive Abwägung macht, sich die Gründe aufzählt, warum das Rauchen schlecht ist. Wichtiger ist aber das emotionale Wissen, dass Sie sich beim Rauchen schlicht etwas vormachen – es geht einem mit Zigarette nicht besser, aber ohne schlechter. Das gilt es zu verstehen, um erfolgreich aufzuhören.
Hat jeder Mensch dasselbe Suchtpotenzial?
Dr. Mendelssohn: Nein, das ist sicher individuell. Die Frage ist, wo beginnt eine Sucht und wo hört sie auf? Jede Verhaltensweise, die zu einem guten Gefühl führt, kann Suchtcharakter bekommen. Reduziert man die Palette an Regulationsmöglichkeiten zugunsten einer bestimmten, steigt die Wahrscheinlichkeit, einen Suchtmechanismus zu entwickeln. Ob man nun mehr oder weniger gefährdet ist, eine Sucht zu entwickeln, hängt von frühkindlichen Prägungen, der Genetik und dem Umfeld ab.
Heißt, nicht jeder kann auf dieselbe Art und Weise mit dem Rauchen aufhören?
Dr. Mendelssohn: Es gibt standardisierte Programme, die so zugeschnitten sind, dass sie für viele Leute ein brauchbares Angebot bieten. Setzt man sich mit einer Person zusammen, bieten sich allerdings viel mehr Möglichkeiten, da man auf die individuellen Stärken und Schwächen eingehen kann.
Ab wann gilt man als geheilt?
Dr. Mendelssohn: Eine Suchterkrankung ist eine Rückfallserkrankung, die nicht heilbar ist. Man kann seine Abstinenz lediglich immer weiter festigen und eine stabile Identifikation als Nichtraucher erreichen.
Wann sollte sich ein Betroffener vom Experten Hilfe holen?
Dr. Mendelssohn: Hat man festgestellt, dass zwei bis drei ernst gemeinte Rauchstopps ohne Erfolg blieben, ist professionelle Hilfe indiziert, da ein Rauchstopp aus eigener Kraft vermutlich nicht mehr möglich ist.