Grazer Psychologe rehabilitiert das Verdrängen

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"Glücklich ist, wer vergisst..." Der Grazer Psychologe Louis Schützenhöfer greift die Empfehlung aus der Operette "Die Fledermaus" auf, um in seinem jüngsten Buch zur Rehabilitierung des Verdrängens auszuholen. Schützenhöfer nimmt es dabei mit dem "Vater" der Psychoanalyse, Sigmund Freud, und allen jenen auf, die das Aufarbeiten von traumatischen und negativen Erlebnissen als Allheilmittel sehen.

Der Autor (Jg. 1940), in seiner aktiven Laufbahn Werbe- und Verkehrspsychologe, hat schon mit seinem Erstling "In aller Liebe. Wie Mütter ihre Kinder unglücklich machen" (2004) ein gängiges Bild auf den Kopf gestellt und am Mythos der liebenden Mutter gekratzt. In seinem neuen Werk "Die Kunst des Verdrängens", das am Mittwochabend in Graz vorgestellt wurde, trägt er Argumente und Einschätzungen zusammen, die den negativen Ruf des Verdrängens ins Unbewusste hinterfragen.

Das populärwissenschaftlich angelegte Buch bedient sich vieler fachlicher Sekundärzitate und versucht anhand von Fallbeispielen eine Überprüfung der Bewertung dieser Fähigkeit der Psyche: Offensichtlich gesunde diese bei manchen Menschen auch, ohne dass sie sich bewusst mit den belastenden Erlebnissen beschäftigen, schlussfolgert der Autor etwa aus dem Umstand, dass sich die Hinterbliebenen nach 9/11 kaum der Heerscharen an bereitgestellten Psychotherapeuten bedienten. Natascha Kampusch wiederum habe das Verdrängen geholfen, die Realität während ihrer Gefangenschaft zu ertragen und ermögliche es ihr heute, zu sich selber zu stehen.

Schützenhöfer deutet an, wie man Praktiken des Verdrängens bewusst einsetzen kann, um sich in in der Umwelt erträglich einzurichten und gleichzeitig innere Konsonanz herzustellen. Er klammert aber auch die Schattenseiten nicht aus. So kommt er Kritikern zuvor, die in seinen Überlegungen einen Freibrief für die zeithistorisch und gesellschaftspolitisch problematische "österreichische Seele" erblicken könnten: "Gewohntes gibt das angenehme Gefühl der Bestätigung, aber nur `Fremdes´ bringt uns weiter", eröffnet der Schlusssatz eine versöhnliche Perspektive - womit freilich die großspurigen Ankündigungen des Verlages "Vergessen sie Freud!" und "Verdrängen macht glücklich!" nicht eingelöst werden.

Service: Louis Schützenhöfer, "Die Kunst des Verdrängens. Glücklich ist, wer vergisst", Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2009, 145 Seiten, 17,95 EUR, ISBN 978-3-8000-7430-3

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