Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) hat am 30. Oktober den Umstand verteidigt, dass in Teilen des Wiener Magistrats Mitarbeiter über ihrer Krankenstände befragt werden - also auch über die Diagnose. Dies gehöre zur Fürsorgepflicht gegenüber Arbeitnehmern, betonte Häupl in der Fragestunde des Gemeinderates.
Kritik übte er jedoch an Briefen, in denen Bedienstete im Krankenstand auf die Möglichkeit einer Kündigung hingewiesen wurden. "Es steht für mich außer jeden Zweifel, dass der Dienstnehmer das Recht auf Vertraulichkeit hat und es steht außer Zweifel, dass der Dienstgeber die Pflicht hat, Krankheitsdaten vertraulich zu behandeln. Es gibt aber auch auf der anderen Seite die rechtliche Bestimmung der Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern", betonte der Bürgermeister. Es sei wichtig, dass beiden Teilen das gleiche Augenmerk geschenkt werde.
Der Fragesteller, der Grün-Abgeordnete Martin Margulies, zeigte sich darüber erbost, dass Bedienstete - etwa in der MA 48 (Müllabfuhr) - nicht nur nach ihrer Krankheitsdiagnose, sondern zum Teil auch nach Prognosen befragt werden: "Das ist schlichtweg eine Sauerei." Margulies ortete Druck auf die Mitarbeiter bzw. Mobbing durch Vorgesetzte. Ob er, Häupl, sicherstellen werde, dass dies nicht mehr geschehe, wollte er vom Bürgermeister wissen. Dieser verneinte. Die Fürsorgepflicht sei sonst nicht mehr auszuüben, betonte Häupl. Und die Frage nach der Diagnose könne wichtig sein, wenn es darum gehe herauszufinden, ob die Krankheit mit den Arbeitsbedingungen zu tun habe.
"Kündigung bei weiteren Abwesenheitszeiten"
FP-Gemeinderat David Lasar zitierte aus einem Brief an einen erkrankten Magistratsmitarbeiter, in dem laut FPÖ auf die Möglichkeit einer Kündigung bei weiteren Abwesenheitszeiten hingewiesen wird. Derartige Schreiben habe es in mehreren Abteilungen geben, versicherte die Opposition. Damit nicht genug: Es gibt demnach auch Berichte, wonach Mitarbeiter Vereinbarungen unterzeichnen mussten, dass sie nicht mehr in den Krankenstand gehen.
Bürgermeister Häupl bezeichnete die briefliche Mitteilung als "Rechtsauskunft", die er allerdings als "reichlich unsensibel" betrachte, wie er erklärte. Kein Verständnis zeigte er für die erwähnte Aufforderung zur Unterschrift. Dies sei aus seiner Sicht eine Rechtsverletzung, so Häupl.
Generell sei eine "individuelle Beurteilung" der Krankenstände notwendig. Denn er sage auch "in aller Deutlichkeit", dass Krankenstandstage ausgenutzt wurden, um als Taxifahrer zu arbeiten oder sich einen Zusatzurlaub zu verschaffen. Häupl: "Um es auf wienerisch zu sagen, Owezahrer (Personen, die sich vor Arbeit drücken, Anm.) sind nicht von unserer Seite schutzwürdig." Jene, die krank geworden sind oder einen Dienstunfall hatten, seien hingegen "ordentlich und respektvoll" zu behandeln.