Infektionen im Knochen und in den Gelenken sind die am meisten gefürchteten Komplikationen bei orthopädischen Operationen. Schätzungen sagen, dass rund ein Viertel der offenen Brüche zu einer solchen Knochenentzündung (Osteomyelitis) führen. Bei geschätzten 90.000 Frakturen pro Jahr in Österreich sind mehr als 20.000 Patienten betroffen.
Bei ihnen beginnt ein mitunter jahrelanger Leidensweg, weil die Krankheit zwar erkannt, die Behandlung aber extrem schwierig ist. In Wien findet dazu bis 19. September der Kongress der "European Bone & Joint Infectin Society" statt.
Ein ähnliches Risiko haben die rund 30.000 Patienten, die jährlich in Österreich ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk implementiert bekommen. Forschungen zeigen, dass eingedrungene Mikroorganismen bei Osteomyelitis im Knochen oder Gewebe nach kurzer Zeit "Biofilme" bilden, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien. Diese sind dann auch die Ursache für den chronischen Verlauf der Infektionen. Die vielfältigen Bakterien vereinigen sich dabei derart, dass herkömmliche Behandlungen mit Antibiotika nicht greifen. Die Erreger sind in diesem Biofilm vor der Immunabwehr geschützt und verhindern somit die Heilung.
Die Infektionsrate wird bei orthopädischen und unfallchirurgischen Eingriffen mit ein bis fünf Prozent berichtet. Allein im Bereich der Prothesenimplantation sind bei etwa 250.000 Hüft- und Knieprothesen pro Jahr allein in Deutschland ca. 5.000 Patienten betroffen. Die Kosten sind enorm. Zum Beispiel werden in den USA jährlich etwa elf Milliarden US-Dollar (7,50 Mrd. Euro) für die Behandlung von Knochen-Infekten ausgegeben.
Vorbeugende Beschichtung mit Antibiotika
Die Behandlung der Infektion erfordert oft komplexe, chirurgische Maßnahmen. Für diese hoch spezialisierten Eingriffe sind kompetente Experten mit großer Erfahrung auf diesem Gebiet erforderlich. Daneben besitzt die Vermeidung einer weiteren Infektion höchste Priorität. Bei der Optimierung der Hygienemaßnahmen oder der Operationstechnik hat man oft schon die Grenzen des Machbaren erreicht. Implantate können zur Vorbeugung mit Antibiotika beschichtet werden.
Wiener Experten (Infektiologen, Pharmakologen und orthopädischen Chirurgen), einer von ihnen ist Heinz Winkler vom Osteitis-Zentrum in der Döblinger Privatklinik, konnte eine Methode entwickeln, mit der Knochen als Träger für verschiedene Antibiotika genutzt werden. Dabei werden Transplantatknochen von Organspendern durch verschiedene Behandlungsschritte von allen antigenen Bestandteilen befreit. Dabei bleibt jedoch die mechanisch relevante Knochenstruktur, bestehend aus Knochengrundsubstanz und Mineralien, unversehrt erhalten. Mittels spezieller Imprägnierungsmethoden wird der präparierte Knochen direkt mit Antibiotika beladen. Diese Transplantate produzieren erstmals ausreichend hohe und langanhaltende Wirkspiegel am Ort der Infektion. Sie sind in der Lage, auch verbliebene Biofilmreste zu penetrieren und die darin enthaltenen Keime zu eliminieren.