Späte Behandlung oft teurer

Psychisch traumatisierte Flüchtlinge in der Warteschlange

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Nicht aufgearbeitete Traumatisierungen als großes Problem

Österreich könnte seine föderalistischen und damit oft strikt kleinräumig betriebswirtschaftlichen Strukturen ("Floriani-Prinzip") im Flüchtlings- und Gesundheitswesen in Zukunft teuer bezahlen: Durch jahrzehntelange Sozial- und Gesundheitskosten, die infolge nicht behandelter schwerer posttraumatischer Belastungsstörungen entstehen.

Unbehandeltes Trauma kann Leben zerstören

Aus Studien mit Holocaust-Überlebenden, die bereits vor Jahrzehnten gestartet worden sind, geht klar hervor, dass eine nicht aufgearbeitete Traumatisierung das Leben der Opfer und ihrer Angehörigen nachhaltig schädigen oder gar zerstören kann. "Wir haben Menschen gesehen, die haben es in der Nacht nicht gewagt, sich auszuziehen, weil in Tschetschenien die Täter immer in der Nacht kamen", hatte Heiss beispielsweise bei den Gesundheitsgesprächen in Alpbach 2015 berichtet. Von Holocaust-Opfern ist bekannt, dass manche nach dem Überleben des Nazi-Terrors Jahre und Jahrzehnte ständig "auf gepackten Koffern" saßen, weil sie immer zur Flucht bereit sein wollten.

Zuwendung und Halt für Betroffene

Gerade in der Psychotherapie wird oft von den vielen unterschiedlichen "Schulen" gesprochen, die es auf diesem Gebiet gibt. In der Betreuung von Folteropfern und Traumatisierten ist das eine Art Luxusproblem, das nicht existent ist. "Wir haben psychoanalytisch arbeitende Therapeuten genauso wie Verhaltenstherapeuten oder Therapeuten, die aus anderen Bereichen kommen. Doch im Endeffekt geht es bei uns vor allem darum, die Menschen zunächst einmal zu stabilisieren, ihnen Zuwendung und Halt zu geben", sagte Heiss. Oft könne man mit der echten Aufarbeitung der oft grässlichen Erlebnisse und Belastungen erst später beginnen.

Kunsttherapie als Hoffnung

Eine große Hilfe könne zum Beispiel die Kunsttherapie sein. "Die Kunsttherapie ist in Österreich gar keine anerkannte Therapieform. Aber wir sehen, dass hier Kinder sehr gut reagieren, weil sie einmal ihre Erfahrungen kreativ darstellen können, die sie sprachlich nicht zu formulieren imstande sind. Und auch Erwachsene öffnen sich hier oft leichter", erzählte die Psychologin. Darüber hinaus hat die Kunsttherapie den Vorteil, dass man hier Gruppen bilden kann. "In einer Gruppe kann man natürlich nicht erwarten, dass eine Frau von ihrer Vergewaltigungserfahrung zu sprechen beginnt", sagte Heiss. Und Männer seien oft skeptisch gegenüber den Hilfsangeboten, wenn dabei die Psychotherapie sofort in den Vordergrund gestellt werde. "Immerhin haben wir unter unseren Klienten nur zur Hälfte Männer, die doch eigentlich die Mehrzahl der Flüchtlinge ausmachen."

Bürokratische und finanzielle Hürden

Das alles aber steht und fällt mit der Bereitschaft der Institutionen der öffentlichen Hand, über den jeweils eigenen Tellerrand und mehr in die Zukunft zu blicken, was die Finanzierung dieser Hilfen betrifft. Die Situation ähnelt jener, wie sie jährlich bei der Vorstellung des Berichts der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit getätigt werden. Nur, dass Flüchtlinge mit einer noch schlimmeren Ausgangslage konfrontiert sind.

"Wir verfassen hier ständig Anträge, Berichte, Neuanträge für Hilfe. Da geht es jeweils um ein paar tausend Euro. Besonders bürokratisch sind die Förderungen durch die EU. Ein unglaublicher Arbeitsaufwand - auf beiden Seiten. Irgendwer muss das dann ja auch lesen. Und dann streicht man uns die Finanzierung einer Leiter für den Austausch von Glühlampen", berichtete die Hemayat-Chefin. Die Gesellschaft drückt auf diesem Gebiet offenbar recht deutlich ihre Wertigkeiten aus.

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Die Chefin des Hilfsverein Hemayat im Gespräch 1/4

Keine Lösung der Probleme in Sicht

Defizite im Engagement zuständiger öffentlicher Institutionen baden in Österreich schlecht versorgte Flüchtlinge selbst - und die privaten Helfer aus. Ein Beispiel dafür ist Hemayat, jene Organisation, die seit mehr als 20 Jahren auf psychotherapeutische Interventionen bei traumatisierten Flüchtlingen und Folteropfern spezialisiert ist. Eine Lösung der Probleme ist nicht in Sicht. "Wir sehen die Traumatisierten immer mit einer Zeitverzögerung. Jetzt kommen die Flüchtlinge, die vergangenes Jahr in Österreich angekommen sind. Wir sehen vermehrt Kinder und Jugendliche, die in der Schule auffällig werden. Wir sehen die Syrer, Iraker und Afghanen, zum Teil ganze Familien. Und dann haben wir noch immer die traumatisierten Tschetschenen und Tschetscheninnen, von denen in Österreich aber offenbar niemand mehr etwas wissen will", sagte jetzt Cecilia Heiss, Chefin des Hilfsvereins mit Sitz in Wien-Alsergrund, im Gespräch mit der APA.
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