Bilanz aus der Mozartstadt: 24 Mio. Euro aus dem Kartenverkauf und eine Auslastung zu 94 Prozent (243.500 Besucher) in 207 Veranstaltungen.
Die Salzburger Festspiele schon am Montag eine Bilanz gezogen und ein paar Stücke- und Künstlernamen für die Festspiele 2008 fallen lassen.
Besucher aus 65 Nationen
243.457 Besucher aus 65 Nationen wurden
gezählt in den 207 Veranstaltungen des Jahres 2007, das entspricht einer
Auslastung von 94 Prozent. Das 48-Mio.-Euro-Budget stammt zu 50 Prozent aus
den Kartenverkäufen (24 Mio. Euro), Zahlen, die nur im Mozartjahr 2006 noch
besser waren. Zudem wurden fast 3.500 Karten an Jugend- oder Sozialprojekte
gratis oder sehr günstig abgegeben.
Das Leitungsteam
Jürgen Flimm und seine Partner Markus
Hinterhäuser und Thomas Oberender haben in ihrem ersten Jahr an der Spitze
der Salzburger Festspiele ein eigenes Profil zu Stande gebracht und die
Festspiele nach dem Mozartjahr 2007 neu und durchaus erfolgreich
positioniert. Auch wenn das internationale Feuilleton viele Produktionen in
der Luft zerrissen hat, ist eine eigene Stimmung entstanden mit vielen ohne
Zweifel gelungenen Produktionen und Projekten.
Absagen-Orgie
Der Salzburger Intendant sah sich in diesem Sommer
mit nicht weniger als einem Dutzend Absagen von Künstlern im Theater- und
Musikbereich konfrontiert. Ein Quantum, das nachdenklich macht. Denn nicht
nur Erkrankungen waren für diese Absagen die Ursache, sondern auch Unlust
oder das Gefühl, falsch besetzt worden zu sein. Als nach den Stornos von
Shicoff und Kasarova auch noch Netrebko und Villazón absagten, reagierten
Salzburgs Festivaliers verschnupft: Von „Unverlässlichkeit“ war da die Rede.
Die Absagen-Flut sorgte für den größten Festspiel-Eklat in diesem
Jahr.Glücklicherweise gab es heuer gleich mehrere "neue Netrebkos"
oder besser potenzielle Stars von morgen auszukundschaften: so etwa die "Armida"
Annette Dasch oder Maija Kovalevska (Benvenuto Cellini).
Schauspielbilanz
Auch das Schauspiel bilanziert 2007 über der
Kalkulation. Für 2008 kündigte Thomas Oberender den Nobelpreisträger Orhan
Pamuk in der Reihe "Dichter zu Gast" an, und der
bulgarisch-österreichische Shootingstar Dimitre Dinev hat einen
Schreibauftrag für ein Bühnenstück erhalten, das Andrea Breth inszenieren
wird. Grzegorz Jarzyna aus Polen wird ebenfalls eine Regiearbeit abliefern,
eine dreiteilige Uraufführung aus Belgien braut sich auf der Pernerinsel
zusammen. Auch im Landestheater wird es ein Gegenwartsstück geben.
Ricardo Muti 2008
Dementsprechend erschöpft (und zu Tränen
gerührt) ließ Flimm den Festspielsommer Revue passieren und kündigte für
2008 einen "Othello" mit Riccardo Muti sowie ein
Bela-Bartok-Projekt mit Peter Eötvös an. Wieder aufgenommen werden soll
Pierre Audis und Riccardo Mutis "Zauberflöte", und Bertrand
de Billy soll einen neuen "Don Giovanni" dirigieren. Franz
Welser-Möst wird in Dvoraks "Rusalka" am Pult stehen, und
Placido Domingo wird vermutlich die "Romeo et Juliette"-Inszenierung
von Bartlett Sher dirigieren, auch die Namen Netrebko und Villazon sollen
auf der Besetzungsliste stehen. Die fehlenden Puzzle-Teile sollen aber erst
im November bei der Vorschau auf den Festspielsommer 2008 bekanntgegeben
werden.
Nächste Seite: Barenboims Saisonhöhepunkt und Ausblick 2008
Höhepunkt: West-Eastern Divan Orchestra
Festspielpräsidentin
Helga Rabl-Stadler bezeichnete die Gastspiele des West-Eastern Divan
Orchestras als "Höhepunkte der Saison", und Konzertchef
Hinterhäuser sagte, Daniel Barenboim habe auf den Punkt gebracht, dass
Kunst, Gesellschaft und Politik untrennbar zusammen gehörten. Für 2008 hat
Hinterhäuser das Simon Bolivar Youth Orchestra aus Venezuela eingeladen. In
diesem musikalischen Sozialprojekt musizieren Jugendliche aus
südamerikanischen Slums auf höchstem Niveau. Im Umfeld dieses
Symphonieorchesters bekamen insgesamt 200.000 junge Leute ein Instrument und
eine Musikausbildung. In Salzburg wird das Simon Bolivar Youth Orchestra mit
seinem Chef Gustavo Dudamel eine "Schule des Hörens"
gestalten.
Cleveland Orchestra
Statt der vielen Gastorchester wird das
Cleveland Orchestra eine zentrale Rolle spielen, und Salvatore Sciarrino
wird die Reihe "Kontinent" prägen. Zum Festspielsommer 2007 sagte
Hinterhäuser, das Revitalisieren der Kollegienkirche als Festspiel-Spielort
sei sein bedeutendster Beitrag. Die Dirigenten der Wiener Philharmoniker 08
heißen Pierre Boulez, Riccardo Muti, Mariss Jansons, Esa-Pekka Salonen und
Jonathan Nott.
Kunstanspruch
Tatsächlich ist das Publikum auch bei den "sperrigen"
Programmteilen mitgegangen und hat zum Beispiel der Reihe "Kontinent
Scelsi" eine Auslastung von 70 Prozent beschert. "Wir haben einen
Anspruch formuliert und das Publikum gefordert. Und wir haben sehr viel vom
Publikum zurück gekriegt", so Hinterhäuser.