100 Tage-Bilanz

Conchita Wurst: Ihr Leben nach dem Sieg

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Sie jettet unermüdlich durch Europa: Sie ist diesen Sommer Superstar der Gay-Paraden.

Stockholm, Madrid, Amsterdam. Dazwischen ein Shooting mit Design-Guru Jean Paul Gaultier in Wien, Auftritte in Innsbruck, Graz und in der Zeit im Bild 2. Unsere Glamour Queen rast unermüdlich durch ganz Europa. Denn alle wollen die Song-Contest-Siegerin live sehen. "Jeden Tag passiert etwas ganz Großartiges -und das ist schon fast befremdlich", so die Wurst. Rund 100 Tage sind seit ihrem Überraschungssieg in Kopenhagen vergangen, seither lebt die 24-Jährige ihren Traum: "Ich habe mich ein Leben lang darauf vorbereitet, diese Art von Leben zu führen."

Großes Geld
Das ganz große Geld spült es für die bärtige Ikone für Toleranz aber noch nicht in die Kassa: Denn die Auftritte bei den diversen "Pride"-Events, den Veranstaltungen der Homosexuellen-Organisationen in Europa, sind finanziell wenig einträglich. Wurst betont: "Nur weil man den Song Contest gewonnen hat, hat man nicht für immer ausgesorgt -das ist ein Schwachsinn. Ich bin genauso gut wie das, was ich jetzt musikalisch von mir geben werde." Darum will sie sich auch Zeit mit der Veröffentlichung ihres Albums lassen - selbst wenn böse Zungen der Musikbranche tuscheln, Conchita Wust habe den besten Zeitpunkt, ein Album herauszubringen, längst verpasst. Conchita sieht das gelassen: "Noch habe ich die Chance, nach dem Sieg einen tollen Song rauszubringen. Da warte ich lieber länger, um etwas Ordentliches zu machen, als dass ich auf schnell, schnell was rausbrate." Diese Woche hat sie allerdings endlich damit begonnen, erste Lieder für das neue Album einzusingen, aber sie betont: "Ich lasse mir genauso viel Zeit, bis ich sage, ich kann mit dem Song feiern und weinen." Am Hungertuch muss Conchita ohnehin nicht mehr nagen: Allein die Rechte für das Abspielen ihres Sieger-Songs sollen ihr bis zu einer Million Euro eingebracht haben.

Zweites Standbein
Ihren ganz großen Auftritt in Österreich wird Conchita dann im Mai 2015 haben. Beim Song Contest in Wien wird ihr jedenfalls eine tragende Rolle zuteil (siehe Interview rechts). Bis dahin will sie sich - falls Zeit -auch immer wieder ihrem gelernten Beruf widmen: dem Designen von Kleidern. Mode-Guru Jean Paul Gaultier, für den sie längst zur Muse geworden ist, kann hier sicherlich hilfreiche Anregungen für aufregende Outfits geben ...

Böhm: "Selbstverständlich wird Conchita beim Contest 2015 tragende Rolle haben"

ÖSTERREICH: Conchita Wurst tourt derzeit durch Europa. Alle wollen sie live sehen. Wie erklären Sie sich, dass der Hype um sie weiter anhält?
Edgar Böhm: Conchita steht für Toleranz und für den Respekt vor dem Anderssein sowie für Internationalität und Weltoffenheit. Das tut Österreich sehr gut. Sie ist ein gutes Signal in die Welt, ein Signal, das man a prima vista von uns gar nicht erwartet hat.
ÖSTERREICH: Ganz Österreich wartet nun natürlich auf ein Album von Conchita. Sie startet jetzt damit. Läuft ihr nicht die Zeit davon? Was sagen Sie als Musikexperte?
Böhm: Es ist richtig, dass sie und ihr Team jetzt nicht versuchen, den Spontanerfolg des Song Contests überstürzt umzumünzen - im wahrsten Sinn des Wortes -und schnell irgendeinen Song auf den Markt zu werfen. Wichtig ist, dass sie eine künstlerisch gute Produktion nachliefert. Conchita soll kein One-Hit-Wonder sein. Sie hat eine Botschaft und das Potenzial, über einen langen Zeitraum erfolgreich zu sein. Dazu braucht es aber das richtige Programm und die richtige Musik. Gott sei Dank lässt sie sich Zeit und holt sich internationales Knowhow.
ÖSTERREICH: Wie hoch ist der Druck auf Conchita?
Böhm: Man hat ihr gegenüber natürlich eine irrsinnige Erwartungshaltung. Daher darf sie ganz einfach nichts x-Beliebiges machen. Sie arbeitet ja im Hintergrund auch schon intensiv und bereitet ihr Album vor. Nur zur Verdeutlichung: Wir haben auch mehr als ein halbes Jahr gebraucht, um den richtigen Song-Contest-Titel für sie zu finden. Und unsere Entscheidung, uns Zeit zu lassen, hat sich gelohnt.
ÖSTERREICH: Wird Conchita Wurst beim Song Contest 2015 eine Rolle zuteil oder nicht?
Böhm: Selbstverständlich wird Conchita beim Contest 2015 eine tragende Rolle spielen. Das ist unbestritten. Klar ist, dass sie ihren Siegersong nochmals singt und die Trophäe überreicht. Das ist gute Tradition. Gemeinsam werden wir nun auch erarbeiten, welche weitere Rolle von ihr gut erfüllt werden kann.
ÖSTERREICH: Viele wünschen sich Conchita als Moderatorin. Was muss ein idealer Moderator mitbringen?
Böhm: In jedem Fall braucht ein Moderator dieser größten Musikshow der Welt ein unglaublich gutes Nervenkostüm. Er oder sie muss das Handwerk perfekt beherrschen und Mehrsprachigkeit ist eine Selbstverständlichkeit. In drei Sprachen zu moderieren, darf keine Anstrengung sein. Für uns ist klar, dass es ein Team aus zwei oder mehreren Moderatoren sein wird und dass es Österreicher sind.
ÖSTERREICH: Neben Conchita Wust wurden Namen wie Christoph Waltz, Dagmar Koller oder Mirjam Weichselbraun genannt. Optionen?
Böhm: Es stimmt, diese Namen gingen durch die Medien, wurden aber nicht von uns ins Spiel gebracht. Aber wir werden nun, nachdem die Standortfrage für Wien gefallen ist, das gesamte inhaltliche Konzept festlegen. Dann treffen wir die personellen Entscheidungen.
ÖSTERREICH: Bis wann soll das gesamte Konzept stehen?
Böhm: Ende November, Anfang Dezember muss alles fixiert sein. Dann steht fest, welche Künstler dabei sein werden, welche Showblöcke stattfinden und wer moderiert.

Interview: Iris Brüggler

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