Tantra-Seminare, Swinger Clubs & Co.

Neues Buch: Endlich wieder Lust!

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Tina Molin entdeckte mit Mitte vierzig – nach zwei Jahren ohne Sex – ihre Lust wieder. In einem Buch beschreibt sie ihre Reise durch Tantra-Seminare, Swinger Clubs & Co. – und bricht damit ein Tabu.

Über mich selbst schwarz auf weiß zu lesen: ,Sie hatte zwei Jahre lang keinen Sex‘, war schon ein Schock“, erzählt Tina Molin, die die Schlagzeile selbst ausgelöst hatte. Die heute 47-jährige Mutter einer 8 Jahre alten Tochter hat ein Buch geschrieben, in dem sie ganz offen über ihre Unlust schreibt, die nach der Geburt ihrer Tochter ihre sonst so glückliche Liebe belastete. Die Reaktionen überwältigten sie: „Unglaublich, wie viele Zuschriften ich von Menschen bekommen habe, die genauso empfinden, wie ich es tat. Frauen und Männer, die einfach keine Lust mehr auf Sex haben.“
Der Weg, den die in Wien geborene Journalistin, die seit 23 Jahren in Berlin lebt, wagte, hat sich gelohnt. Ihre Suche nach ihrer „inneren Wild Woman“, wie Molin sagt, führte sie zu Tantra-Workshops, Kuschelpartys, in einen Swinger-Club … manchmal mit, oft auch ohne Partner. Das Interview über eine ungewöhnliche Reise, die die 48-Jährige zu einem erfüllten, völlig neuen Sexleben und einem selbstbewussteren Ich führte.

Sie haben nach der Geburt Ihrer Tochter die Lust auf Sex verloren. Nichts Ungewöhnliches, würden viele meinen. Gab es einen Schlüsselmoment, in dem Ihnen klar wurde, dass Sie etwas verändern ­wollen?
Tina Molin:
Ja, da gab es einen ganz klaren Moment: Ich hatte das Thema Sex davor überhaupt nicht priorisiert. Ich war froh, mit dem Kind klarzukommen, wieder arbeiten gehen zu können und das alles irgendwie zu schaffen. Mein Mann hat immer sehr liebevoll angeklopft: Mal gab es sexy Wäsche geschenkt, mal hat er mich zu einem erotischen Arthousefilm eingeladen … Ich hörte ihn zwar klopfen, aber ich habe es nie ernst genommen. Und dann wurden die Gespräche schwieriger, er wurde eingeschnappt, es hat ihm wehgetan. ­Eines Tages stand er vor mir und sagte: „Ich kann das nicht mehr. Ich vermisse dich als Frau, ich vermisse dich als meine Geliebte, ich mag kein Leben ohne Sex haben.“ Und ich habe den Schmerz in seinen Augen gesehen, und auch die Verzweiflung. Das ging durch Mark und Bein, weil ich gemerkt habe, wenn ich das jetzt nicht in die Hände nehme, dann nimmt das zwischen uns kein gutes ­Ende. Der entscheidende Punkt war, dass ich meinen Partner ja immer geliebt habe, aber ich hatte einfach keine Lust auf Sex. Als er das so artikulierte, wusste ich, es muss etwas passieren.

Lautet Ihr Appell also: Sagt eurem Partner, dass ihr den Sex vermisst?
Molin:
Ich maße mir nicht an, jemandem zu sagen, was er tun soll. Aber aus meiner Sicht ist es enorm wichtig. Ich war unglaublich dankbar, dass mein Mann es gesagt hat und mich nicht einfach betrogen hat – damit gehört er bestimmt zu den Ausnahmen. Er hat das so lange und so klar kommuniziert, bis ich es gespürt habe. Aber es war dann für ihn auch eine Herausforderung, diesen ganzen Prozess mitzugehen. (lacht)


Sie haben ja sehr vieles ausprobiert, einiges davon auch zusammen. Gab es Dinge, die Ihnen oder Ihrem Partner dann doch zu heftig waren. Gab es Diskussionen?
Molin:
Also, das war sehr lustig: Ich wollte unbedingt auf eine Kuschelparty gehen, das war ihm zuerst viel zu intim. Swinger-Partys waren hingegen sofort okay für ihn – das wollte ich zunächst nicht. Aber wir haben dann ausgemacht, dass wir einfach hingehen, und erst mal nur schauen und nichts passiert. Das war dann für mich in Ordnung. So habe ich auch gelernt, dass man nicht immer „all-in“ gehen muss. Man ist niemals zu etwas verpflichtet und kann Nein sagen.


Würden Sie sagen, Sie haben nun nach ­Ihrer Reise ein perfektes Sexleben?
Molin:
Lustig, dass Sie das ansprechen: es war alles super – und dann kam Corona. Dann klappte es wieder überhaupt nicht, weil wenn man 24 Stunden aufeinander hockt und noch ein Kind „beschult“, die Existenz gefährdet ist und wir unsere Jobs umbauen mussten. Aber ich sage immer, Sex ist wie ein Kanarienvogel – wenn etwas in Schieflage gerät, ist Sex das Erste, das abgestellt wird. Und so war es da auch – aber wir konnten auch lachen, weil wir wussten, wir finden wieder dahin zurück. Wir haben uns einen tollen Toolkasten erarbeitet, den wir in solchen Situationen anwenden.


Nämlich, dass man sich auch disziplinieren muss, es zu tun, um wieder Lust darauf zu bekommen?
Molin:
Disziplinieren beim Sex ist eine schwierige Wortwahl. Aber es ist ein bisschen wie Sportroutine. Wenn man es macht, merkt man wieder, wie gut es tut, und macht es dann weiter. Das Wichtigste dabei ist zu akzeptieren, dass Sex nicht perfekt sein muss und auch mal etwas schiefgehen darf. Ich plädiere ja auch immer dafür, Sex anders zu fassen. Warum kann nicht eine wilde Knutscherei oder nur nackt nebeneinander liegen schon Sex sein? Warum ist es nicht Sex, wenn ich ihm dabei zusehe, wir er masturbiert und ich dabei Lust empfinde? Wenn wir wegkommen von unseren Vorstellungen von Sex, kann viel mehr Sex sein und dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bisschen etwas passiert, gleich viel größer.


Es gibt Menschen, die sagen, Liebe hat nichts mit Sex zu tun. Würden Sie das ­unterschreiben?
Molin:
Ich möchte nichts verallgemeinern. Ich kenne Paare, wo das gilt, die eine tolle Beziehung haben ohne Sex. Für mich persönlich gehört Liebe und Sex zusammen – ich habe auch festgestellt: Als wir keinen Sex hatten, haben wir viel mehr gestritten. Sex macht die Beziehung einfach sehr viel schöner.


Hat sexuelle Freiheit viel mit der Freiheit im Leben allgemein zu tun?
Molin:
Auf jeden Fall – wer weiß, was er will und dies auch ganz klar artikulieren kann, ist frei und selbstbestimmt. Wer selbstbestimmten Sex hat, geht auch selbstbestimmter durchs Leben.

Das Buch über Tina Molins Reise zur Lust mit viel Wissenswertem zum Thema Sex ist im Goldmann-verlag um 10,30 Euro erhältlich.

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