Schwangere 'Wüstenblume' als hüllenlose Schönheit

Waries Dirie im Mutterglück

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Star-Autorin Waris Dirie ist im siebten Monat schwanger. MADONNA traf das Supermodel zum weltweit exklusiven Shooting in Paris. Und zum ganz intimen Gespräch über das neue Leben in ihrem Bauch, das Schicksal Beschneidung und warum sie niemals „ankommen“ wird.

Über zehn Jahre stand Waris Dirie, die einst als erstesschwarzes Model auf dem Vogue-Cover für Furore sorgte, für keineFotostrecke zur Verfügung. Für MADONNA machte sie jetzt eine Ausnahme.Beim exklusiven Shooting und Interview in Paris ließ Dirie, die sichselbst als schwierig bezeichnet, all ihre Hüllen fallen – undoffenbarte ihre äußere und innere Schönheit.


Diashow

Produktion: Daniela Schimke; Fotos: Inge Prader; Styling: Michaela Scheurer; Make-up: Delphine/ Modshairagency Paris; Outfits von: Genio del Tempo, Steffl Accessoires, Viva Vienna; Perücken von: Karglmayer, Wien 1; Location: Hotel Arc de Triomphe, Paris, www.hilton.com

Waris' Leben als Kinofilm - lesen Sie hier mehr! Ihr Leben gleicht einer Hochschaubahn. Als Waris Dirie letzte Woche die Präsidenten-Suite des Pariser Hotel Hilton Arc de Triomphe betritt, steht fest: Zurzeit ist sie ganz oben! Das ehemalige Top­model ist im siebten Monat schwanger. Und überglücklich. Nichts, aber gar nichts erinnert daran, welch unglaubliches Schicksal die Somalierin im Alter von fünf Jahren erlitt, als sie der Genitalverstümmelung zum Opfer fiel – jenem schrecklichen Ritual, gegen das sie bis heute mit ihrer Waris Dirie Foundation kämpft.

Und auch die ominöse Geschichte ihres Verschwindens in Brüssel, mit der die österreichische Staatsbürgerin im letzten Jahr für Schlagzeilen sorgte, ist schlagartig vergessen. Darüber möchte Waris, bereits Mutter eines zwölfjährigen Sohnes, der bei seinem Vater in den USA lebt, auch gar nicht sprechen. Ebenso wenig, wie über den Vater des Babys, das sie in ihrem (wunderschönen) Bauch trägt. „Er ist ein menschliches Wesen – mehr sage ich dazu nicht“, lacht sie frech.

Waris, Sie sind schon lange nicht als Fotomodel vor der Kamera gestanden. Warum haben Sie sich gerade jetzt, hochschwanger, für ein „Comeback“ entschieden?
Waris Dirie:
Als „Comeback“ würde ich das nicht bezeichnen. Das Shooting für MADONNA ist eine große Ausnahme! Als ich mit meinem heute 12-jährigen Sohn Aleeke schwanger war, habe ich auch solche Fotos gemacht. Und es hat unglaublichen Spaß gemacht. Ich fühle mich selbst am schönsten, wenn ich schwanger bin. Sobald das ­Baby heraußen ist, bin ich gar nicht mehr so hübsch (lacht). Ganz im ernst: Sich so selbstbewusst und weiblich zu zeigen, macht Freude. Und solche Bilder sind natürlich auch eine schöne Erinnerung für mich und das Kind. Irgendwann kann ich sie ihm zeigen und sagen: Schau mal, was Du mir angetan hast (lacht)!

Wie meinen Sie „angetan“?
Dirie:
Naja, natürlich ist es schön, ein Baby im Bauch zu tragen. Aber es hat auch „Nebenwirkungen“, die nicht ganz so lustig sind. Mein Bauch ist jetzt schon so groß, dass ich zum Beispiel sehr schlecht schlafe. Und meine Hormone spielen verrückt. Einmal bin ich so glücklich, dass ich die Welt umarmen könnte. In der nächsten Sekunde könnte ich alle umbringen. Aber das ist ja normal. Ansonsten fühle ich mich zurzeit sehr stark.

Sie wurden vor zwölf Jahren zum ersten Mal Mutter eines Sohnes. Gibt es etwas, das Sie anders machen möchten?
Dirie:
Zwölf Jahre sind eine lange Zeit und ich habe inzwischen völlig vergessen, wie ich damals die Schwangerschaft und die Geburt erlebte. Deshalb ist es für mich, als ­wäre es mein erstes Kind. Ich möchte das Erlebnis dieses Mal in vollen Zügen genießen. Ob ich jedoch etwas anders machen würden, kann ich nicht sagen. Vieles ergibt sich bestimmt von selbst, denn klarerweise habe ich mehr Lebenserfahrung und eine andere Sichtweise.

Würden Sie gerne mit Ihrem Sohn zusammen leben?
Dirie:
Welchen Sohn meinen Sie jetzt (lacht verschmitzt)?

Ihren ersten Sohn Aleeke, der bei seinem Vater lebt.
Dirie:
Dass Aleeke bei seinem Dad lebt, hat sich durch meinen Beruf und mein Leben damals so ergeben. Aber wenn die Zeit reif ist, wird er zu mir kommen. Bis dahin sehen wir uns regelmäßig in den USA. Ich war gerade jetzt wieder bei ihm. Aber natürlich würde ich gerne mit ihm und dem Baby als Familie zusammenleben.

Was sagt er dazu, dass er ein Geschwisterchen bekommt?
Dirie:
Anfangs war er ein bisschen irritiert. Und das Einzige, was er sagte, war: „Dieses Baby wird ein glückliches Baby!“ Aber ich glaube, er freut sich.

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Sie waren in den letzten Monaten viel unterwegs. Gehen Sie die letzten Wochen vor der Geburt etwas ruhiger an?
Dirie:
Nein! Stillstand ist nichts für mich. Für längere Zeit am selben Ort zu sein, langweilt mich. Um glücklich zu sein, muss ich in Bewegung bleiben, verschiedene Orte, Menschen und Lebenssituationen kennenlernen. Und dabei kann mich auch mein großer Bauch nicht bremsen.

Wann ist der Geburtstermin?
Dirie:
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich es wirklich nicht weiß. Ich vergesse immer, dass man hier ja alles plant und festlegt. Bei mir ist das anders: Wenn ich das Gefühl habe, jetzt sollte ich zum Arzt gehen, dann gehe ich.

Halten Sie die Geburtsvorbereitungen etwa in Europa oder den USA für übertrieben?
Dirie:
Nein, die Frauen hier kennen es ja nicht anders. Ich bin eben anders aufgewachsen, habe es anders gelernt. Jeder muss seinen Weg gehen – wobei Euer Weg ein aufwendiger, anstrengender ist (lacht).

Wie stehen Sie zur Diskussion „Kind und Karriere“?
Dirie:
Es ist fantastisch, dass es immer mehr berufstätige Mütter gibt. Genau das macht Frauen unabhängig. Natürlich muss man gewisse Opfer bringen, um die Balance zwischen Beruf und Familie zu halten. Das Wichtigste ist aber, glücklich zu sein und Spaß zu haben in dem, was man tut. Dann ist das alles keine Hexerei.

2009 wird in mehrerer Hinsicht ein aufregendes Jahr für Sie – im Herbst kommt der Film über Ihr Leben in die Kinos. Was empfinden Sie, wenn Sie Ihre Lebensgeschichte auf der Leinwand sehen?
Dirie:
Schwer zu beschreiben, was da in einem vorgeht... Es ist wohl das komischste Gefühl, das man überhaupt haben kann. Ich weiß ja nicht genau, wie alt ich bin. Aber ich bin jedenfalls nicht so alt, dass es schon mehrere Bücher und jetzt sogar noch einen Film über mein Leben geben müsste. Trotzdem bin ich froh, dass es dieses Movie gibt – aus einem einzigen Grund: Weil hoffentlich möglichst viele erfahren, welche Grausamkeiten Menschen angetan werden.

Sie sprechen das Ritual der Genitalverstümmelung an, der Sie selbst im Alter von fünf Jahren zum Opfer fielen. Als Sie 1997 zum ersten Mal öffentlich darüber sprachen, haben Sie weltweit ein Tabu gebrochen. Wie gehen Sie als Mutter mit dem Thema um?
Dirie:
Wie kann man Kindern erklären, welch schreckliche, gefährliche, brutale Dinge in der Welt passieren? Ich glaube, man muss einfach die Wahrheit frei heraussagen. Kinder sind viel härter im Nehmen, als man denkt. Ich habe auch versucht, mein Buch Wüstenblume vor Aleeke zu verstecken. Ich dachte: Das ist zu viel für ihn. Natürlich fand er es eines Tages. Als ich ins Zimmer kam, saß er da, vertieft in die Zeilen, in denen stand, was mit mir passiert war. Ich riss es ihm aus der Hand. Da sagte er: „Mama, was ist los? Das ist dein Buch, warum lässt du es mich nicht lesen?“ Daraufhin habe ich ihm die ganze Wahrheit von Anfang bis zum Ende erzählt. Und es war okay so.

Sie besitzen seit 2005 die österreichische Staatsbürgerschaft. Was empfinden Sie heute für Ihre Heimat Somalia?
Dirie:
Einerseits empfinde ich große Trauer darüber, was in diesem Land geschieht, wie zerstört es ist und dass sich dort nichts zum Besseren verändert. Andererseits liebe ich Somalia und die Menschen dort unendlich. Man hat zu seiner Heimat nun einmal ein ganz besonderes Verhältnis. Ich hoffe, dass sich eines Tages etwas in diesem Land verändern wird. Aber dafür muss der Rest der Welt etwas verändern, und auch die Menschen dort müssen sich verändern.

„Change“ lautet auch das Motto des neuen US-Präsidenten Barack Obama. Setzen auch Sie große Hoffnungen in ihn?
Dirie:
Natürlich! Er ist fantastisch. Ich bete nur, dass das alles nicht nur ein „Hype“ ist. Aber ich glaube an ihn. Noch bevor er überhaupt zur Diskussion für die Wahlen stand, habe ich gesagt, dass dieser Mann die Welt verändern könnte. Jetzt warte ich nur noch auf meine Einladung von ihm (lacht). Ohne Spaß: Ich würde gerne mit ihm über meine Projekte sprechen.

Sie haben hier in Paris ein neues Charity-Vorhaben besprochen. Worum handelt es sich?
Dirie:
Der französische Unternehmer und Eigentümer von PPR (Anm.: Gucci, Yves Saint Laurent etc.), François Henri Pinault, hat mich eingeladen, gemeinsam mit Salma Hayek, Stella McCartney und anderen Powerfrauen Vorstandsmitglied einer neuen Stiftung für die Würde und Rechte der Frauen zu werden. In der Gründungssitzung wurden nun bereits Projekte für eine Million Euro abgesegnet, wie die Errichtung von Frauenhäusern oder Initiativen gegen Gewalt an Frauen in der ganzen Welt. Eine tolle Sache.

Sie kämpfen seit über zehn Jahren gegen weibliche Genitalverstümmelung. Wie viel konnten Sie tatsächlich erreichen?
Dirie:
Vor zehn Jahren wusste kein Mensch etwas mit dem Thema anzufangen. Das hat sich verändert. Heute wissen die Menschen zumindest, was „Female Genital Mutilation“ bedeutet. Trotzdem haben wir noch einen langen Weg vor uns. Man darf nicht aufhören, gegen dieses fürchterliche ­Ritual anzukämpfen.

Dass Sie in der ganzen Welt gehört wurden, haben Sie auch Ihrer Karriere als Topmodel zu verdanken. Bei unserem Shooting waren Sie völlig in Ihrem Element – vermissen Sie Ihren ehemaligen Beruf manchmal?
Dirie:
Es hat Spaß gemacht, wieder einmal vor der Kamera zu stehen. Ich habe diesen Beruf immer geliebt. Auch wenn ich sehr undiszipliniert und schwierig war! Ich fand es toll, Geld dafür zu bekommen, dass man schön gemacht wird und so viel reisen darf. Aber ich vermisse den Job nicht. Ich ­habe heute andere Aufgaben. Als Menschenrechtskämpferin. Und als Mutter.
(Autor: Daniela Schimke)

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Im Herbst läuft 'Wüstenblume' weltweit an

Waris' Leben als Kinofilm

 

Star-Produzent Peter Herrmann verfilmte das bewegte Leben der „Wüstenblume“. MADONNA sah zusammen mit Waris Dirie den ersten Trailer.

(c) PraderEs sind nicht nur die besten Geschichten, die das Leben schreibt, sondern auch die traurigsten, brutalsten und ergreifendsten. Insgesamt vier Bestseller landete Waris Dirie. Von Wüstenblume (1998 bei Schneekluth erschienen) bis Brief an meine Mutter (2007, Ullstein Verlag) – die autobiografischen Bücher über ihre dramatische Flucht aus der Wüste und ihren unerbitterlichen Kampf gegen die Genitalverstümmelung von Frauen in der ganzen Welt haben ein Millionenpublikum berührt.

Nicht zuletzt ein Grund für Star-Produzent Peter Herrmann (Nirgendwo in Afrika), Wüstenblume (zu Englisch: Desert Flower) zu verfilmen. Im September diesen Jahres kommt das Movie mit Topmodel Liya Kebede in der Hauptrolle in die Kinos. MADONNA sah den Trailer zu dem Streifen vorab.

Ergreifende Szenen
„Die Realität war leider noch viel brutaler“, kommentiert Waris Dirie die ersten Szenen aus dem Film, die einem einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Sie zeigen die kleine Waris in einer Strohhütte in ihrer Heimat Somalia, umringt von Einheimischen, dazu laute Musik. Und dann: ein gellender Schrei. Schnitt.

Trotz aller Brutalität setzt Herrmann jedoch auch die Schönheit Afrikas, durch ­dessen Wüste das Mädchen schließlich flieht, in Szene. Und auch für ein wenig Humor ist Platz in dem aufwendig produzierten Streifen, der vor allem in Dschibuti, England und Deutschland gedreht wurde: Als die Somalierin in einer Szene etwa als Model-Anfängerin erstmals auf Stöckelschuhen läuft, beginnt Waris Dirie herzhaft zu lachen: „So ging es mir wirklich. Eigentlich kann ich bis heute nicht mit hohen Absätzen gehen.“

Ob der Film ein Kassenschlager wird, scheint der Menschenrechtskämpferin relativ gleichgültig zu sein. „Mir ist wichtig, dass er den Menschen nahe bringt, warum man gegen Genitalverstümmelung kämpfen muss.“ Und wie man kommerziellen Erfolg auch ­positiv nutzen kann.

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