Zwei angeklagte Tschetschenen sollen mit Schusswaffen gegen Syrer der Gruppierung "505" vorgegangen sein. Mutmaßlicher Schütze und Unterstützer streiten aber alles ab - mit vielen Ausreden.
© Viyana Manset Haber×![]()
Wien. Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Tschetschenen und Syrern in Wien im vergangenen Jahr startete am Montag am Landesgericht der Prozess gegen zwei Tschetschenen im Alter von 29 und 30 Jahren. Die Anklage legt ihnen versuchten Mord zur Last. Der Ältere soll sich am 5. Juli 2024 an einer Schießerei im Anton-Kummerer-Park in der Brigittenau beteiligt haben. Der Jüngere soll dabei gewesen sein und insofern einen psychischen Tatbeitrag geleistet haben.
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Die Angeklagten waren nicht geständig. Die von den Verteidigern Alexander Philipp und Florian Kreiner vertretenen Männer versicherten, sie hätten den Park gar nicht betreten, nachdem dieser von Dutzenden mit Holzlatten, Eisenstangen, Macheten und anderen waffentauglichen Gegenständen ausgerüsteten Syrern gestürmt worden sei. "Wo ich das gesehen hab, bin ich gar nicht hinein. Es waren mittelalterliche Zustände", schilderte der 29-Jährige einem Schwurgericht.
30-Jähriger soll sechs Mal geschossen haben
Dem 30-Jährigen wird vorgeworfen, mit einer Pistole zumindest sechs Mal in Tötungsabsicht auf fünf Kontrahenten gefeuert zu haben. Die Kugeln verfehlten die Syrer laut Anklage nur knapp. Zwei von ihnen wurden durch von Fahrzeugen abprallende Projektile verletzt. Der eine erlitt eine vier Zentimeter messende Splitterverletzung im Bereich der Brustbeinspitze, der andere eine oberflächliche Rissquetschwunde am rechten Oberschenkel.


Der 30-Jährige räumte nur ein, mit seinem dunklen BMW zum Anton-Kummerer-Park gefahren zu sein. Er sei in einem Fitnessstudio trainieren gewesen und hätte dort von einem Landsmann erfahren, dass dessen jüngerer Bruder "Stress" habe. Man habe beschlossen, mit einem weiteren im Gym anwesenden Tschetschenen zur Unterstützung in die Brigittenau zu fahren.
"Aus Selbstschutz schnell das Weite gesucht"
Dort angelangt, hätten seine Begleiter plötzlich Schreckschusspistolen hervorgezogen und wären in den Park gelaufen. Dann hätte er Schüsse vernommen: "Da bin ich eingestiegen und schnell weggefahren. Das war so 100 bis 150 Meter entfernt, ich wollte nicht, dass mein Auto kaputt gemacht wird." Außerdem habe er "aus Selbstschutz" das Weite gesucht. Der Mann war am 6. Juli festgenommen worden. Seither befindet er sich in U-Haft und hat bis zur Hauptverhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Auch der 29-Jährige hatte bisher keine Angaben gemacht. Er soll in Kenntnis des Tatplanes den Hauptangeklagten, mit dem er eigenen Angaben zufolge seit 14 Jahren befreundet ist, begleitet haben. Laut Anklage bewaffnete sich der Jüngere am Tatort ebenfalls, ein Waffengebrauch war ihm allerdings nicht nachzuweisen. Die Anklageschrift unterstellt ihm, er hätte seinen Kumpel "zumindest psychisch bei dessen Schussabgaben bestärkt".
"War mit einer Freundin Pizza essen"
Der 29-Jährige erklärte, er hätte sich nicht gemeinsam mit dem Hauptangeklagten, sondern zusammen mit einer Freundin zum Kummerer-Park begeben, mit der er in der Nähe zum Pizza-Essen verabredet gewesen sei: "Plötzlich sind alle in den Park hineingelaufen." Er habe schauen wollen, was dort los sei, "da hab' ich schon Knallen und Schüsse gehört." Als er "Männer mit südländischem Aussehen, Araber" mit über den Kopf gezogenen T-Shirts und Waffen in den Händen wahrgenommen habe, habe er es vorgezogen, sich mit seiner Begleiterin zurückzuziehen: "Wir waren dann Fußball schauen in einem Schanigarten."
Sogar Erklärung für Schmauchspuren in seinem Auto
Belastet wird der 29-Jährige zum einen vom Ergebnis einer Rufdatenrückerfassung. Er streitet jedoch gar nicht ab, in der Nähe des Tatorts gewesen zu sein. Zum anderen wurde seine Bauchtasche im BMW des Hauptangeklagten sichergestellt. Dazu erklärte der 29-Jährige, er hätte seinen Freund am Nachmittag getroffen gehabt und die Tasche im Auto versehentlich liegen gelassen. Sein Verteidiger Florian Kreiner zeigte sich von einem Freispruch überzeugt: "Er hat weder mitgekämpft noch sich sonst beteiligt. Es gibt kein Beweisergebnis, dass er bei den Schüssen daneben gestanden ist."
Gegen den Hauptangeklagten sprechen die Angaben von Zeugen sowie ein Schießgutachten. An seiner Kleidung sowie am Lenkrad seines Pkw waren Schmauchspuren entdeckt worden. Dazu erklärten der 30-Jährige und sein Verteidiger Alexander Philipp, der Mann sei am Vortag in Bratislava gewesen und habe an einem Schießstand mehrere Schusswaffen, darunter eine Glock, ausprobiert. Wenige Stunden vor seiner Festnahme habe er nach den Schießübungen in der Slowakei zu Hause seine eigene Waffe gesäubert.
Zeugen hatten im Ermittlungsverfahren den dunklen BMW des 30-Jährigen beschrieben und angegeben, aus dem Fahrzeug seien drei mit Pistolen bewaffnete Männer ausgestiegen und in den Park gegangen. Die Zeugen hätten bei einer Gegenüberstellung den Hauptangeklagten aber nicht identifiziert, räumte der Staatsanwalt in der Verhandlung ein. Folglich ging auch dessen Rechtsvertreter davon aus, dass dieser "nur freigesprochen werden kann."
Die Verhandlung ist auf zwei Tage anberaumt. Die Urteile sollen am 7. Mai fallen.