Wien

Mord an 85-Jähriger - Putzfrau vor Gericht

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Gerichtsmediziner zeigte Fotos von entkleideter Leiche.

Während im Prozess um die gewaltsam ums Leben gebrachte Maria E. die angeklagte Putzfrau ihren Ex-Freund belastete, verstörte der Gerichtsmediziner Johann Missliwetz bei der Präsentation seines Gutachtens, indem er im Gerichtssaal nicht nur Fotos vom geschundenen Körper und blutüberströmten Kopf der Leiche in Großaufnahme auf eine Leinwand projizierte.

Der Gutachter zeigte auch wesentlich irritierendere Bilder her. So bekamen die Geschworenen und die Zuschauer Fotos zu Gesicht, die offenbar die Tatortarbeit aus medizinischer Sicht veranschaulichen sollten: Zwei Bilder zeigten die Leiche bei der "Messung der Rektaltemperatur im Bereich der Gesäßfalte". Unmittelbar darauf folgte ein Foto, das in Nahaufnahme die komplett entkleidete Leiche auf dem Obduktionstisch des Gerichtsmediziners zeigte.

Zur-Schau-Stellung
Spätestens da stellte sich die Frage, ob und inwieweit diese Zur-Schau-Stellung zur Erfüllung des Gutachter-Auftrags wirklich nötig war. Fest steht, dass allgemein gerichtlich beeidete und zertifizierte Sachverständige ihren Standesregeln zufolge bei ihrer Tätigkeit den Schutz der Privat- und Intimsphäre zu wahren haben. "Dies gilt insbesondere für Bild-, Film- und Tonaufnahmen. Im Zweifel ist das Einverständnis der davon betroffenen Personen einzuholen", heißt es in 2.10.9 der Standesregeln. Ob bei Kapitalverbrechen diese Bestimmung beim Ableben des Opfers außer Kraft gesetzt wird, ließ sich für die APA vorerst nicht klären.

Die Angeklagte hatte in ihrer Einvernahme wie schon zuletzt ihren Ex-Freund belastet. Dieser habe sie "überredet", zu Maria E. zu fahren. Sie sei "leider so naiv und dumm" gewesen, dem Mann vom Geld zu erzählen, das die 85-Jährige besaß. Ihre Aufgabe sei es gewesen, die alte Frau abzulenken, nachdem sie diese in die Wohnung gelassen hatte. Plötzlich habe ihr Freund die 85-Jährige angegriffen: "Auf einmal zischt der mit einer Krücke ins Wohnzimmer und auf die Frau drauf", schilderte die Putzfrau.

Konnte kein Blut sehen
Sie habe dann mitangesehen bzw. mitansehen müssen, wie ihr damaliger Partner mit den Worten "Jetzt muss ich das zu End' bringen, was ich ang'fangen habe" die Pensionistin tötete. Er habe ihr Befehle erteilt, die Wohnung zu durchwühlen ("Such' im Schlafzimmer!"). Sie sei "perplex" und "in Panik" da gestanden und habe ihm gehorcht, behauptete die 41-Jährige. Dabei könne sie kein Blut sehen.

Die Staatsanwältin zeigte sich überzeugt, dass all dies Schutzbehauptungen waren und die Frau die Bluttat allein und ohne Komplizen begangen hatte. "Der Lebensgefährte war an dieser Tat nicht beteiligt", hielt die Anklägerin fest.

Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag mit Zeugenbefragungen fortgesetzt. Geladen sind unter anderem der Ex-Freund der Putzfrau, mehrere Kunden der 41-Jährigen, die von dieser bestohlen worden sein sollen, sowie der Sohn von Maria E. Der 41-Jährigen drohen bei einem anklagekonformen Schuldspruch zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.

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