Opfer waren für Tschetschenen-Bande "zu westlich"

Sittenwächter terrorisierten Landsfrauen

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Die Angeklagten suchten in sozialen Medien nach Opfern, die frei leben wollten. 

Wien. Seit Anfang des Vorjahres spielte sich eine Bande von Tschetschenen im Großraum Wien als selbst ernannte „Sittenwächter“ auf. Die Mitglieder sollen Landsfrauen verfolgt, geschlagen und bedroht haben, weil diese sich ihrer Meinung nach „zu westlich“ verhielten oder sich nicht ihren Wertvorstellungen entsprechend verhalten haben.

Gruppe suchte Opfer per Social Media

Die hierarchisch strukturierte Gruppe soll sich in Chat-Gruppen im Mes­sengerdienst Telegram zusammengeschlossen und als Administratoren agiert haben, um in der tschetschenischen Community ein der Scharia konformes Verhalten durchzusetzen.
Die Opfer wurden vor allem über ihre Social-Media-Profile aufgestöbert. Dabei reichte es schon, wenn eine junge tschetschenische Frau ein Urlaubs-Foto im Bikini postete, sich in der Öffentlichkeit zu freizügig zeigte oder eine Beziehung mit einem Mann einer anderen Ethnie hatte.

Opfer abgepasst und ›Kopfwäsche‹ unterzogen

Die Administratoren der Gruppe ermittelten daraufhin Wohnadressen, Schulen oder Arbeitsplätze der Frauen und führten mit ihnen ein „belehrendes Gespräch“. Zeigten sich die Betroffenen einsichtig, blieb es bei einer Verwarnung. Weigerten sich die jungen Frauen, ihr Verhalten zu ändern, kam es zu Drohungen und die Opfer wurden öffentlich bloßgestellt. Laut Anklage mussten einige Tschetscheninnen unter Gewaltandrohung ihre Liebesbeziehungen beenden.

Gerichtsprozess gestartet

Mittwoch standen fünf Sittenwächter (19 bis 40) wegen krimineller Vereinigung in Wien vor Gericht. Der Erstangeklagte (38), der sich schuldig bekannte, fasste nicht rechtskräftig 15 Monate Haft, davon fünf unbedingt, aus. Der Prozess gegen die anderen Angeklagten wurde vertagt. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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