Am Wiener Landesgericht

Strache-Prozess mit weiteren Zeugen fortgesetzt

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Als Zeuge wurde zunächst Philipp Trattner vernommen, unter türkis-blau Referent im Kabinett von Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache.

Wien. Am Donnerstag ist am Wiener Landesgericht der Prozess gegen den ehemaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und den mitangeklagten Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz fortgesetzt worden. Als Zeugen wurde zunächst Philipp Trattner, unter türkis-blau Referent im Kabinett von Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache, und Hartwig Hufnagl vernommen.

Hufnagl war seinerzeit stellvertretender Kabinettschef im Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie unter Norbert Hofer (FPÖ). Seit 1. Februar 2019 ist er Asfinag-Vorstandsdirektor. Er sei mit zuvor mit Stieglitz befreundet gewesen, räumte Hufnagl auf Frage der Richterin ein ("Wir sind gemeinsam zum Fußball-Spiel gegangen und haben das eine oder andere Bier getrunken"), habe für diesen aber nicht interveniert, als dieser Aufsichtsrat der Asfinag und bei der ÖBB-Holding werden wollte.

Hufnagl berichtete in diesem Zusammenhang, er hätte von Hofers Kabinettschef eine Liste von möglichen von der FPÖ zu nominierenden Aufsichtsrat-Stellen bekommen. "Meine Aufgabe war es, den Letztcheck zu machen", sagte Hufnagl. Der von ihm telefonisch kontaktierte Stieglitz habe großes Interesse am Mandat in der Asfinag erkennen lassen: "Die Prüfung seiner Qualifikation war nicht meine Aufgabe." Er habe dessen Namen "ans Beteiligungs-Management weitergegeben." Mit dem Bestellungsvorgang an sich habe er nichts zu tun gehabt. Auf die Frage, wie sich Stieglitz im Asfinag-Aufsichtsrat geschlagen habe, erwiderte Hufnagl: "Er war sehr, sehr gut vorbereitet. Er war sehr engagiert und hat durchaus seine Expertise im Bereich Immobilien aufblitzen lassen." Stieglitz sei für das Mandat "durchaus geeignet" gewesen.

Trattner: "Ganz üblicher Usus" 

Trattner wiederum war bis Ende 2017 Generalsekretär im Basketball-Verband. Auf Bitte der FPÖ-Abgeordneten Petra Steger nahm er an den Koalitionsgesprächen zwischen ÖVP und FPÖ teil und verhandelte den Bereich Sport mit. Nach der Regierungsbildung holte ihn Strache in sein Kabinett. Für diesen hatte er dann Listen für mögliche von der FPÖ zu nominierende Aufsichtsräte in staatsnahen Unternehmen zu führen. Das Auswechseln von Aufsichtsräten unter türkis-blau habe "so wie bei der jetzigen Regierung und jeder vorigen Regierung auch" stattgefunden, das sei "ganz üblicher Usus", sagte Trattner, der inzwischen Sektionschef im Sportministerium ist.

Auf die Frage nach der Qualität dieser Listen, meinte Trattner: "Es gab Parameter, die wir uns selbst auferlegt haben." Man habe "auf die Frauenquote" und darauf geachtet, "dass die Qualifikation zum Geschäftsfeld passt". Außerdem habe man keine "Ämterkumulierung" haben wollen, da in dieser Hinsicht die zahlreichen Posten des Ex-Wirtschaftsministers Harald Mahrer (ÖVP) damals breit medial erörtert wurden, "der in acht oder neun Aufsichtsräten war". Von einem Side-Letter zwischen Strache und dem damaligen ÖVP-Obmann Sebastian Kurz zur Besetzung von Aufsichtsgremien in staatsnahen Betrieben habe er nichts gewusst, sagte Trattner. Auch dass vereinbart war, dass die FPÖ ein Drittel und die ÖVP zwei Drittel der vakant werdenden Posten bekommen sollte, sei ihm nicht bekannt gewesen.

Stieglitz, den er "heute das erste Mal physisch" sehe, sei auf einer handschriftlich von ihm geführten DIN-A4-Liste gelandet, legte der Zeuge dar. Dieser sei qualifiziert gewesen, verwies Trattnig auf Stieglitz' "Expertise im Immobilien- und Energie-Bereich". Dass Stieglitz dann bei der Asfinag zum Zug kam, wo dieser unter dem damaligen Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) in den Aufsichtsrat einzog, habe er erst im Nachhinein erfahren, hielt der Zeuge fest.

Chat-Nachrichten von ihm an Strache

Allerdings dürfte Trattner an den Bemühungen Stieglitz' um Sitze in der ÖBB-Holding und beim Verbund beteiligt gewesen sein oder zumindest davon gewusst haben, wie sichergestellte Chat-Nachrichten von ihm an Strache nahe legen. "Sigi bekommt den nächsten freien Sitz in der Holding", hieß es in einer Nachricht", wenig später "Sigi wird in den Verbund entsandt".

Hinsichtlich der ersten Nachricht erklärte Trattner: "Das dürfte zwischen anderen Personen besprochen worden sein. Das wusste ich. Das hatte ich von Dritten mitbekommen." Er selbst habe sich nicht für Stieglitz in der ÖBB eingesetzt, da sein Vater dort in führender Funktion tätig gewesen sei. Er habe sich aufgrund dessen bewusst aus den ÖBB herausgehalten, um keine mediale Angriffsfläche zu bieten. Zur zweiten, den Verbund betreffenden Nachricht bemerkte Trattner: "Das weiß ich nicht mehr, warum ich das so geschrieben habe."

Von Spenden oder sonstiger Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit den Vergaben von Aufsichtsrat-Posten habe er nichts mitbekommen, versicherte Trattner. Strache wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Bestechlichkeit, Stieglitz Bestechung vorgeworfen. Laut Anklage soll Strache Stieglitz für in mehrere Tranchen gestückelte Spenden an den FPÖ-nahen Verein "Austria in Motion" einen Asfinag-Aufsichtsratsposten verschafft haben. Ende Februar 2020 wurde Stieglitz von der zuständigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) als Asfinag-Aufsichtsrat abberufen. Strache und Stieglitz bestreiten die wider sie erhobenen Vorwürfe vehement. Stieglitz hatte weder ein Mandat bei der ÖBB-Holding noch beim Verbund erhalten.

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