Natascha Kampusch

"Werde noch lange nach Normalität suchen"

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Die 22-Jährige kritisierte ihren Vater als "unreif".

Entführungsopfer Natascha Kampusch will von nun an nur an ihre Zukunft denken. "Es wird lang dauern, bis ich begreifen werde, was ein normales Leben für mich ist. Es wird noch viel Zeit brauchen, bis ich die Normalität erreichen werde. Ich weiß aber nicht, ob sie mir gefallen wird, wenn ich sie einmal erreicht habe", erklärte Kampusch im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Sonntag.

Gedanke an Mutter gab Mut
Während ihres achteinhalbjährigen Martyriums im Verlies ihres Peinigers Wolfgang Priklopil in Strasshof in Niederösterreich habe ihr der Gedanke ihrer Mutter Mut gegeben. "Ich versuchte zu erraten, was sie mit ihrer Kraft an meiner Stelle getan hätte. Ich wusste es nicht, doch in jenen Jahren hat sie nie den Gedanken aufgegeben, dass ich noch am Leben war. Mein Vater hatte dagegen schon die Suche nach meiner Leiche eingeleitet", sagte Kampusch.

Natascha über Vater: "Unreif"
Die heute 22-Jährige übte Kritik an ihrem Vater. "Mein Vater ist so unreif. Er ist in einem Entwicklungsstadium stecken geblieben, der nicht meinem entspricht. Beide meiner Eltern waren bei meiner Geburt nicht bereit, die Verantwortung für eine Tochter zu übernehmen. Als Kind hatte ich oft den Eindruck, ich musste die Verantwortung für sie übernehmen. Das ist jetzt aber nicht mehr möglich. Ich muss an mich und an meine Zukunft denken", erklärte Kampusch.

Die Rückkehr zum normalen Leben sei nicht einfach. "Am Anfang haben mich die Verleumdungen, die Zweifel über meine Aussagen verletzt, sowie der Versuch, mir die Verantwortung für das Geschehene zuzuschreiben. Man hat versucht, mir meine Geschichte zu entreißen, mich meiner existenziellen Erfahrung zu berauben", erklärte die junge Frau.

Heute versuche sie, eine Grenze zu anderen Menschen zu ziehen. "Ich fühle mich verlegen, wenn ich eine Person besuche oder wenn ich bei mir zu Hause Besuche empfange", erklärte sie. Ihren Peiniger habe sie gehasst. "Ich glaube aber, dass wenn man jemanden hasst, man sich auch selber hasst. Oft entsteht Hass aus Machtlosigkeit."

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