Wien

Experten: "Nicht bei Schülern sparen"

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Die Einsparungen von 117 Millionen wären auch abseits der Schulklassen möglich.

Eltern, Lehrer und Schüler protestieren. Grund: Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hoseks Sparpläne (etwa größere Klassen und weniger Team-Teaching) treffen vor allem die Schüler hart. Dabei ging die Klassenschülerhöchstzahl in den letzten Jahren enorm zurück: 2006/07 waren es noch 919 Klassen mit mehr als 30 Schülern, 2012/13 nur mehr 183
.
Experten schlagen Alarm: Die geplanten Einsparungen im Ausmaß von 117 Millionen wären auch abseits der Klassen möglich. Das erklären die Bildungsinsider Andreas Salcher und Bernd Schilcher im ÖSTERREICH-Interview. In dieselbe Kerbe schlägt auch Rechnungshof-Präsident Josef Moser.

  • Überstunden: Allein 2010

2011 wurden 3,7 Millionen Überstunden geleistet, so Salcher. Die meisten davon durch ältere teurere Lehrer. Effekt: Junge, billige Lehrer kamen gar nicht zum Zug, reguläre Stunden (ohne Zuschlag) abzuleisten.

  • Verwaltung: Laut Statistik Austria gibt das Ministerium nur für seine eigene Verwaltung (inklusive Unterstützungsleistungen) knapp 1,6 Milliarden Euro aus. „Da liegt das Geld“, moniert Schilcher. Hintergrund: Für die Schulverwaltung sind außer dem Ministerium auch neun Landesschulräte mit ihren eigenen Beamten zuständig. Auch Moser kritisierte im Rechnungshofausschuss Anfang April „Ineffizienzen in der Schulverwaltung“.
  • Lehrer: Länder stellen regelmäßig mehr Lehrer ein als mit dem Bund abgesprochen. Zahlen muss dafür aber der Bund. Die Kosten für die Überschreitung machten zuletzt 33 Millionen Euro aus, hieß es im Rechnungshofausschuss.
  • Unterstützungspersonal: Fast paradox: Mehr Unterstützungspersonal macht das Schulsystem billiger, so Moser. Administratoren und IT-Experten einzusetzen, sei günstiger, als Lehrer für diese Aufgaben abzuziehen und andere Lehrer weitere Überstunden leisten zu lassen.

Salcher ist optimistisch, dass Reformen kommen: „Der Regierung wird das Geld ausgehen, dann ist sie zu Reformen gezwungen.“

Ex-VP-Politiker Andreas Salcher
»Müssen System radikal ändern«

ÖSTERREICH: Sind die Einsparungen zu verkraften?
Andreas Salcher: Der Aufschrei geht in die völlig falsche Richtung. Wir müssen das Schulsystem radikal ändern. Jetzt drehen wir wieder nur an einzelnen Schrauben.

ÖSTERREICH: Könnte die Ministerin in ihrem Ressort außerhalb der Klassen sparen?
Andreas Salcher:  Die Kostentreiber liegen woanders: Die Kosten für die Überstunden der Lehrer explodieren. Wir leisten uns unterschiedliche Schulerhalter und eine mehrteilige Verwaltung. Ich sage: Geben wir das Geld dorthin, wo es hingehört, dann könnten wir das beste Schulsystem der Welt haben.

Ex-Landesschulrat Schilcher
»Sparpläne sind Schuss ins Knie«

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu den Sparplänen?
Bernd Schilcher: Sparen in der Bildung ist immer ein Schuss ins eigene Knie. Dafür zahlt man ein Vielfaches im Sozialbereich zurück. Nur Länder, die viel in die Bildung investieren, sparen bei den Sozialkosten.

ÖSTERREICH: Gibt es andere Möglichkeiten als im Schulbereich zu sparen?
Bernd Schilcher: Natürlich, wir sind strukturell ganz schwach. Jeder Landeshauptmann macht, was er will. Es ist zum Beispiel ein irrsinniges Prinzip, dass die Länder die Lehrer einstellen, der Bund aber zahlt. Da gibt es riesige Überschreitungen.

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