KHG erzählt bei FELLNER! Live, wovon er jetzt lebt: "Ich musste alles verkaufen und den Großteil zahlt meine Frau"
Wien. Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser spricht bei Fellner! LIVE offen über seine letzten 10 Jahre.
oe24.TV: Ein unglaubliches Jubiläum, das Sie feiern: Nach acht Jahren Ermittlungen haben Sie jetzt zwei Jahre Prozess hinter sich.
Karl-Heinz Grasser: Ja, mehr als 130 Tage vor Gericht, 90 Zeugen. Zusammen mit acht Jahren Ermittlungen sind es schon mehr als 10 Jahre.
oe24.TV: Ursprünglich waren es vier Anklagepunkte, zwei sind über geblieben. Einer ist gravierend: Korruptionsverdacht bei Privatisierung der BUWOG.
Grasser: Richtig, der Großteil ist bereits eingestellt. Und wenn ich mir jetzt diese zwei Jahre und alle Zeugenaussagen ansehe, dann – muss ich ehrlich sagen – fühle ich mich durch den Prozessverlauf bestätigt und auch entlastet.
oe24.TV: Warum dieser Prozess so wahnsinnig lang dauert, verflucht noch mal.
Grasser: Je länger die Ermittlungen gedauert haben, umso mehr Steuergeld die Staatsanwälte ausgegeben haben, um so intensiver haben sie mich verfolgt. Obwohl sie sich verrannt haben, sagten sie: Es muss eine Anklage geben.
oe24.TV: Ist ein Ende in Sicht?
Grasser: Ich hoffe sehr dass es dieses Urteil vor dem Sommer 2020 gibt. Das ist wirklich meine große Hoffnung. 2009 hat es begonnen. Ich habe mir, als Marcel Hirscher zurückgetreten ist. seine Karriere angeschaut. 2009 hat er seinen ersten Weltcupsieg gehabt, seitdem hat er acht Mal den Gesamtweltcup gewonnen. In dieser Zeit ist über mich dieses Damoklesschwert des Verfahrens geschwebt. Für mich ist das wie eine virtuelle U Haft.
oe24.TV: Wie viel kostet denn so ein Verfahren?
Grasser: Du brauchst Gutachter. Berater, ich habe ein Zivilverfahren zu führen und dieses Strafverfahren. In Summe sind es 2,5 Mio Euro, schätze ich. Aber was dazu kommt: Zwischen 40 und 50 machen die meisten Riesenschritte in ihrer wirtschaftlichen Karriere – ich aber habe zehn Jahre Ächtung hinter mir.
oe24.TV: Wovon leben sie?
Grasser: Von dem. was ich davor aufgebaut habe. Alles alles was ich besessen habe, musste ich verkaufen. Ich hab meine Wohnung in Wien verkauft. ich hab in einer Stiftung ein Seehaus gehabt, das wurde verkauft. Meine Frau zahlt den Großteil unseres Lebens. Aber erstens möchte ich meine Anwalt- und Verfahrenskosten selbst zahlen. Und natürlich muss man auch einen Beitrag zur Familienführung leisten.
oe24.TV: Wie steht man das denn alles psychisch durch?
Grasser: Manchmal besser manchmal schlechter. Zu Prozessbeginn – genau am Tag des Geburtstags meiner Mutter – hat mein Anwalt die gesamte Anklage entkräftet. Wenige Tage später kommt der Herr Hochegger (Mitangelklager) und erzählt seine Lügen – offensichtlich unter dem Druck der Staatsanwaltschaft. Offensichtlich wurde auch (Immofinanzchef) Petrikovics unter Druck gesetzt und ihm gesagt, Liefern Sie uns den Grasser.
oe24.TV: Sie meinen die hatten einen Deal mit der Staatsanwaltschaft?
Grasser: Natürlich ist Druck auf Hochegger gemacht worden. Und er war das schwächste Glied, derjenige, der gesagt hat, die Wahrheit ist mir wurscht. Wenn so etwas für dich überraschend kommt, ist das ein Schock und du fragst doch: Kann ich das Verfahren jetzt noch gewinnen?
oe24.TV: Es geht um 10 Jahre Haft. Hat man da Angst davor?
Grasser: Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde man hat keine Angst davor, weil man erkennt dann schon, wenn du vor Gericht sitzt, dass es ernst ist. Einer meiner Anwälte hat mir Zeit gesagt. vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand. Damals habe ich noch drüber gelacht.
oe24.TV: Sie hoffen also auf einen Freispruch?
Grasser: Ich hoffe massiv auf einen Freispruch, natürlich.
oe24.TV: Ist dann ihr Leben wieder in Ordnung, wenn dieser Freispruch kommt?
Grasser: Schauen sie diese zehn Jahre vergisst man nie. Das sind genauso wie sieben Jahre Finanzminister für mich eine extreme positive Zeit war, mit ungeheuer viel Möglichkeiten. Meine Helden sind meine Familie. Meine Frau, wir halten so fest zusammen, meine Kinder stehen zu mir, natürlich Eltern und Schwiegereltern. Das ist alles nicht selbstverständlich.
oe24.TV: Das ist also ein besonderes Weihnachten heuer – verbunden mit dieser Hoffnung auf Freispruch?
Grasser: Ich will mein Leben zurück. Darauf hoffe ich nach einem Urteilsspruch. Ich hoffe auch dass man dann anerkennt dass alle Vorwürfe einfach nicht gestimmt haben.