Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übt scharfe Kritik an Justizministerin Alma Zadic. Gericht hätte innerhalb von drei Monaten über Abschiebung entscheiden müssen.
Der Fall Leonie, die mutmaßlich von mehreren Afghanen missbraucht und getötet worden ist, sorgt in der türkis-grünen Regierung für Dissens. Während Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH Änderungen der internationalen Bestimmungen fordert und auch über Abschiebungen ins Bürgerkriegsland Syrien nachdenkt, sieht Justizministerin Alma Zadic (Grüne) keinen Anlass für Verschärfungen der Gesetze.
Die Justizministerin ist der Ansicht, die Gesetze bieten genügend Möglichkeiten und müssten nur konsequent angewendet werden. Für Aufregung sorgt vor allem auch Zadics Aussage, dass das Innenministerium die Möglichkeit gehabt hätte, die aufschiebende Wirkung der Beschwerden der vorbestraften Afghanen gegen ihre Abschiebung aufzuheben.
Keine Rechtsgrundlage
Dagegen wehrt sich nun das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in einer Aussendung. Eine aufschiebende Wirkung kann nur „gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz“ erfolgen. Ein solcher Fall liege bei den tatverdächtigen Afghanen allerdings nicht vor. Es sei rechtlich unzutreffend im Zusammenhang mit diesem Fall von der Möglichkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu sprechen, so das BFA. Im vorliegenden Fall hätte es keine Rechtsgrundlage dafür gegeben, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde abzuerkennen.
Gericht hätte innerhalb von drei Monaten entscheiden müssen
Die Asyl-Behörde hält auch Fristsetzungsanträge im vorliegenden Fall für ungeeignet. Das BFA stellt Fristsetzungsanträge nur in absoluten Ausnahmefällen, da diese vor allem zu einer weiteren Arbeitsbelastung bei BVwG und Verwaltungsgerichtshof (VwGH) führen würden. "Dieses Instrument wäre im vorliegenden Fall verfehlt gewesen, da ja bereits ex lege das BVwG innerhalb von drei Monaten entscheiden hätte müssen", so das BFA. Eine Frontal-Attacke in Richtung der Justizministerin: Denn das ihr unterstellte Bundesverwaltungsgericht hätte demnach innerhalb von drei (!) Monaten über die Abschiebung der tatverdächtigen Afghanen entscheiden müssen. Gekommen ist es leider anders: Im Fall des sich nun auf der Flucht befindlichen mutmaßlichen 4. Täters dauerte das Abschiebe-Verfahren sogar mehr als drei Jahre!
Die Asylbehörde betont in der Aussendung, dass man "nach dem Legalitätsprinzip zur strengen Einhaltung der Gesetze verpflichtet" sei, jegliches Handeln könne nur auf Basis der Gesetze erfolgen. Eine Verwaltungsbehörde, wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, könne der Entscheidung jenes Gerichtes niemals vorgreifen, das im Rechtsschutzverfahren die Entscheidung des BFA zu überprüfen hat. Das würde den Grundsätzen der österreichischen Verfassung, konkret dem Rechtsschutzprinzip, widersprechen. Daher muss bei Aberkennungsverfahren die Entscheidung des unabhängigen Gerichts abgewartet werden, bevor eine Außerlandesbringung erfolgen kann.