Neues Regierungsprogramm

Koalition: Wesentliche Vorhaben stecken weiter fest

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ÖVP lässt SPÖ bei kalter Progression abblitzen.

Die Umsetzung des neuen Regierungsprogramms stockt weiter. Vor der Sitzung der Regierungskoordinatoren am Dienstagnachmittag wurde in Koalitionskreisen nicht mit einer Einigung bei der Abgeltung der "kalten Progression" gerechnet. Damit steckt auch die höhere Forschungsprämie fest. Weiteren Gesprächsbedarf sieht die ÖVP auch bei der Unterstützung von Kleinunternehmern im Krankheitsfall.

Die SPÖ hatte am Wochenende einen nach eigenen Angaben letzten Kompromissvorschlag zur Abfederung der "kalten Progression" gemacht. Demnach sollen Einkommen bis 5.800 Euro monatlich von der automatischen Inflationsanpassung der Steuertarife profitieren. Die ÖVP pocht allerdings weiterhin auf ihr Modell, bei dem auch darüberliegende Einkommen von einem weitgehenden Entlastungs-Automatismus profitieren würden. Außerdem sei der am Wochenende ventilierte Kompromissvorschlag nicht neu, hieß es aus ÖVP-Kreisen.

Lösung unwahrscheinlich

Dass die Regierungskoordinatoren um Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) den Knoten am Dienstagabend lösen können, gilt als unwahrscheinlich. Ein Beschluss beim Ministerrat am Mittwoch scheint damit ausgeschlossen. Zumal die SPÖ beklagt, dass eine vorbereitende Verhandlungsrunde auf Ministerebene von der ÖVP abgesagt worden sei. Bei der Gelegenheit hätte auch die "Aktion 20.000" besprochen werden sollen, wo Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) noch offene Fragen sieht.

Nicht beschlossen wird mangels Einigung bei der kalten Progression wohl auch die geplante höhere Forschungsprämie. Die SPÖ verknüpft die beiden Themen, weil beide Punkte im Einkommensteuergesetz geregelt sind. Alle drei Punkte - kalte Progression, Aktion 20.000 und Forschungsprämie - hätten laut Regierungsprogramm bereits im April durch den Ministerrat gehen sollen.

Diskussionsbedarf

Weiteren Diskussionsbedarf hat die Koalition auch bei den Plänen zur Entlastung von Kleinunternehmern im Krankheitsfall. Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) hat ihren Entwurf ohne Absprache mit der ÖVP in Begutachtung geschickt. Regierungskoordinator Harald Mahrer (ÖVP) fordert nun seriöse Verhandlungen darüber ein. Offen ist insbesondere die Finanzierung, weil die SPÖ die Kosten der Maßnahmen zwei ÖVP-geführten Sozialversicherungen (der SVA und der AUVA) aufbürden möchte.

Der morgige Ministerrat wird damit voraussichtlich nicht allzu große Beschlüsse bringen - abgesehen vom Strafrechtspaket, das neue Tatbestände gegen staatsfeindliche Bewegungen und sexuelle Belästigung in Gruppen bringt.

Im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsbonus dürfte am Mittwoch noch etwas Begleitlegistik beschlossen werden. Dabei geht es unter anderem darum, budgetär Vorsorge für den Beschäftigungsbonus wie auch die Investitionszuwachsprämien zu treffen. Noch akkordiert und im Laufe des Monats vorgelegt werden soll die eigentliche Förderrichtlinie im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsbonus.

Teilweise im Zeitplan

Regierungsprogramm
© APA

Zwar ist die Koalition bei vielen Vorhaben ihres eigenen Programms vom Jänner säumig, einige Punkte können aber doch schon abgehakt werden oder befinden sich zumindest im Zeitplan. So brachte die Regierung etwa ein Integrationspaket, die Halbierung der Flugticketabgabe oder eine Lockerung des Kündigungsschutzes für Ältere auf den Weg. Im Folgenden ein Überblick:

  • Beim ab Juli wirksamen BESCHÄFTIGUNGSBONUS ist die Regierung im Zeitplan: Die Maßnahme wurde wie vorgesehen im Februar im Ministerrat beschlossen, die Inhalte des Ministerratsvortrags müssen aber noch in die Förderrichtlinie der Regierung eingearbeitet werden - das wird derzeit noch zwischen Kanzleramt, Finanz- und Wirtschaftsministerium akkordiert und soll im Laufe des Mai vorgelegt werden. Im morgigen ersten Mai-Ministerrat soll begleitende Legistik - etwa zur budgetären Vorsorge - beschlossen werden.

  • Die von der Bundesregierung und den Landeshauptleuten gemeinsam eingesetzte ARBEITSGRUPPE zur Entflechtung der KOMPETENZVERTEILUNG hat sich zumindest wie vorgesehen im Februar einmal getroffen. Noch im ersten Halbjahr 2017 will man eine Reihe von Vorschlägen präsentieren, die für ein effizienteres Staatswesen sorgen. Gelegenheit für entsprechende Gespräche bietet auch die Landeshauptleute-Konferenz nächste Woche.

  • Die KLEINE ÖKOSTROMNOVELLE passierte zwar Ende Februar etwas früher als geplant den Ministerrat, hängt nun aber im Parlament fest. Ein eigentlich Ende März geplanter Beschluss im Nationalrat scheiterte an der fehlenden Zwei-Drittel-Mehrheit, weitere Verhandlungen zwischen Koalition und Grünen wurden vereinbart und führten noch zu keinem Ergebnis.

  • Pünktlich Ende Februar durch den Ministerrat gegangen ist die INVESTITIONSZUWACHSPRÄMIE. Das Programm für große Leitbetriebe mit mindestens 250 Beschäftigten war mit 100 Mio. Euro dotiert.

  • Die Halbierung der FLUGTICKET-ABGABE ab kommendem Jahr hat der Nationalrat bereits Ende März beschlossen, das Vorhaben wurde also sogar früher erledigt als im Koalitionsprogramm geplant.

  • Auch die neue OMBUDSSTELLE im Arbeitsinspektorat hat das Sozialministerium bereits im März und damit zwei Monate früher als laut Zeitplan notwendig eingerichtet.

  • Das für März angekündigte INTEGRATIONSPAKET wurde zeitgerecht im Ministerrat beschlossen. Es sieht unter anderem ein verpflichtendes Integrationsjahr, mehr Deutsch- und Wertekurse sowie gemeinnützige Arbeit für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte vor. Außerdem enthält es ein Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum sowie Einschränkungen bei der Koranverteilung. Voraussichtlich nächste Woche wird im Parlament der Außen-Ausschuss dazu tagen.

  • Die umstrittene Novelle im PRIVATKONKURSRECHT ist Ende März vom Justizausschuss in Begutachtung geschickt worden, die dieser Tage endet.

  • Die Lockerung des KÜNDIGUNGSSCHUTZES für über 50-Jährige wurde bereits Anfang März vom Parlament beschlossen.

  • Das DEREGULIERUNGSPAKET, das die Gesetzesflut eindämmen soll, war im Februar ganz nach Plan im Ministerrat und hat Ende März den Nationalrat passiert.

  • Im Bereich der Terrorbekämpfung hat das Justizministerium mit etwas Verspätung im April einen Erlass zur FUSSFESSEL FÜR GEFÄHRDER erledigt, allerdings eigentlich nicht im Sinne des Regierungsprogramms. Dort steht nämlich, dass die Fußfessel als gelinderes Mittel angestrebt wird, wenn eine Gefährdung nur abstrakt ist und die U-Haft unverhältnismäßig wäre. "Der Justizminister wird diese Maßnahme im Erlassweg über die Staatsanwaltschaften unterstützen." Im Erlass an die Oberstaatsanwaltschaften wird aber - aufgrund der bestehenden Rechtslage - klargestellt, dass die Fußfessel nur Alternative zur U-Haft sein kann.

  • Eine verbesserte RECHTSSICHERHEIT bei der Abgrenzung von selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit wurde mit etwas Verzögerung Ende April im Ministerrat beschlossen, vorgesehen gewesen wäre eigentlich März. Mit etwas Verspätung durch den Ministerrat gegangen ist im April auch ein Paket , das etwa den Sprachaufenthalt von LEHRLINGEN fördert und die Vorbereitung auf die Gesellenprüfung unterstützt.

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