ÖSTERREICH-Interview

Nachbaur: "Es ist kein Geld geflossen"

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Stronachs Ex-Vertraute über ihren Wechsel in den ÖVP-Klub: "Werde nicht ÖVP-Parteimitglied."

ÖSTERREICH: Frau Nachbaur, erklären Sie Ihren Wählern, warum Sie plötzlich vom Team Stronach in die von Ihnen heftig kritisierte ÖVP wechseln?
Kathrin Nachbaur: Ich habe das Gefühl, dass ich auf dieser Plattform mit den Botschaften und Inhalten, für die ich angetreten bin, besser durchdringen kann.

Die Hintergründe: ÖVP holt Stronach-Vertraute

ÖSTERREICH: Und warum?
Nachbaur: Weil ich glaube, dass man in Österreich in einer Regierungspartei mehr bewegen kann als in der Opposition. Ehrlich: Ich habe in den letzten Monaten gelernt, dass Opposition frustrierend ist, weil in unserem politischen System alles, was von der Opposition kommt, prinzipiell abgeschmettert wird.
ÖSTERREICH
: Und da kommen Sie erst jetzt drauf?
Nachbaur: Es war ein Lernprozess. Aber das Wichtigste ist: Ich war immer eine Wirtschaftsliberale mit Herz. Jetzt werde ich die Wirtschaftsliberalen in der ÖVP unter der dynamischen Führung von Reinhold Mitterlehner stärken. Dessen Arbeit sehe ich sehr positiv.
ÖSTERREICH
: Sie haben die ÖVP immer scharf kritisiert!
Nachbaur: Ich habe sowohl die Steuerreform als auch die Griechenhilfe scharf kritisiert, und ich werde mich auch in beiden Punkten nicht verbiegen lassen. Natürlich bedeutet eine Koalition mit der SPÖ für die ÖVP viele Kompromisse, die ich sicher nicht alle mittragen werde. Ich werde auch nicht ÖVP-Parteimitglied.
ÖSTERREICH
: Heißt das, Sie stimmen im Parlament auch gegen Regierungsbeschlüsse?
Nachbaur: Wenn ich mich damit nicht identifizieren kann, ganz sicher. Ich werde zum Beispiel niemals für die finanziellen Hilfen für Griechenland stimmen, weil ich das für völlig falsch halte.
ÖSTERREICH
: Warum haben Sie Stronach jetzt verlassen?
Nachbaur: Frank Stronach und ich hatten eine lange Aussprache – und wir stimmen überein: Es muss jeder seinen Weg gehen, so wie er ihn für richtig hält.
ÖSTERREICH
: Sie konnten mit ihm nicht mehr weiterarbeiten?
Nachbaur: Mit Frank wär’s schon gegangen, aber die Umstände haben sich zunehmend schwieriger gestaltet. Mehr sage ich dazu nicht.
ÖSTERREICH
: Aber Sie waren seine wichtigste Stütze. Das muss für ihn ja ein fürchterlicher Tiefschlag sein.
Nachbaur: Wir haben viele Jahre sehr, sehr gut zusammengearbeitet. Und dann gab es leider unterschiedliche Sichtweisen. Aber ich bin ihm sehr sehr dankbar für die Chance, die er mir gegeben hat.
ÖSTERREICH
: Was hat er Ihnen zum Abschied gesagt?
Nachbaur: Frank ist ein Mensch, der keine negativen Energien kennt. Ich bin mir sicher, er weiß ganz genau, wie er sein politisches Projekt weiterführen will.
ÖSTERREICH
: Ihnen ist schon klar, dass Sie mit diesem Wechsel viel Kritik ernten werden.
Nachbaur: Stronachs Tochter Belinda hat einen sehr klugen Satz gesagt: „It doesn’t matter where you sit, but where you stand.“ Genau das ist mein Motto. Mir geht’s um meine Prinzipien und Inhalte – und die lasse ich mir von niemandem verbiegen.
ÖSTERREICH
: Ganz ehrlich gefragt: Wie viel hat Ihnen die ÖVP für den Wechsel bezahlt?
Nachbaur: Herr Fellner, in welchen Kategorien denken Sie? Um Gottes willen! Da ist nix geflossen. Absolut null.
ÖSTERREICH
: Auch kein Versprechen für ein Mandat oder einen Ministerposten?
Nachbaur: Wo denken Sie hin! Nichts. Kein Versprechen. Kein Geld. Das wäre ja auch ­gegen das Gesetz! Das war meine freie Entscheidung. Sonst nichts.

Interview: W. Fellner

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