Politik-Insider

Vor Anti-Teuerungs-Klausur: In der Ampel ist der Wurm drin

Die Klage von Sozialministerin Korinna Schumann gegen vier Handelsketten hat die Stimmung in der Ampelkoalition nicht unbedingt verbessert.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Doch zum Lachen hat man in der Ampelkoalition momentan wenig Anlass. Denn spätestens mit der jüngsten Inflationsschätzung - die Preise stiegen im Juli im Vergleich zum Vorjahr um enorme 3,6 % - ist in der Koalition Feuer am Dach. Die SPÖ sieht den Kampf gegen die Teuerung als "Herzensanliegen", fordert Maßnahmen - und klagt gegen vier Handelsketten. Ein Schritt, der vor allem auf der ÖVP-Seite als unfreundlicher Akt gesehen wird. "Wir sind schon irritiert", sagt man bei den Schwarzen. Umso mehr, als man von der Klage aus der Zeitung erfahren hat. Trotzdem will man die Sache nicht eskalieren lassen: "Streit ist das keiner, aber die Klage ist definitiv kein Projekt der Regierung." Irgendwie ist in der Koalition derzeit der Wurm drin.

Immerhin hat sich jetzt einer sommerlichen Schrecksekunde doch die Ansicht durchgesetzt, dass bei der Regierungsklausur, die aus Spargründen statt in einem illustren Hotel am 2. und 3. September wieder im Kanzleramt stattfindet, doch rasch Maßnahmen gegen die Teuerung hermüssen: Damit sind die beiden Themen der Veranstaltung schon fix: Der Kampf gegen die Teuerung und der Aufschwung.

Den hat das Land auch dringend nötig - denn dass ohne Wachstum das Budget saniert werden kann, glaubt keiner.

Und so wird als erstes Thema nächste Woche die Teuerung angegangen - SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler will bei seinem ORF-Sommergespräch am kommenden Montag eine Mietpreisbremse auch für den freien Wohnungsmarkt präsentieren - und dann bei der Klausur und dem darauffolgenden Ministerrat, der am zweiten Klausurtag angesetzt ist, Beschlüsse fassen.

Und nicht nur das: Geplant ist auch abseits der Schumann'schen Klage ein Paket gegen die Teuerung im Lebensmittelbereich. Die wichtigsten Punkte:

  • Kampf gegen die "Shrinkflation". Der unseligen Praxis von kleineren Verpackungen bei gleichen oder gar höheren Preisen soll der Garaus gemacht werden - im Koalitionspakt sind hier "Verbesserungen der Grundpreisauszeichnung" vorgesehen, "damit Preisvergleiche leichter möglich und Preiserhöhungen einfacher erkannt werden".
  • Schach dem Österreich-Zuschlag: Viele Produkte von Lebensmittel-Riesen sind in Österreich teurer als beispielsweise in Deutschland, oe24 berichtet bereits vom Eislutscher Magnum, der bei uns um 65 % teurer ist. Die Regierung will jetzt Maßnahmen auf EU-Ebene treffen, dass dies nicht mehr passiert - kein leichtes Unterfangen. Doch auch dazu findet sich eine Passage im Koalitionsübereinkommen. Allerdings ist hier Widerstand zu erwarten: Die Markenartikel-Industrie weist nämlich darauf hin, dass Produktionen in Österreich gefährdet werden könnten, wenn die Handelsketten Produkte wie Coca Cola oder Eskimo-Eis quer durch Europa kaufen können.
  • Transparente Preise: Vor allem "unechte" Rabatte sind dem Finanzministerium ein Dorn im Auge - also Rabattaktionen, nachdem die Preise zuvor stark angehoben wurden. Hier soll die Wettbewerbsbehörde - mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet - dagegen vorgehen und für mehr Preistransparenz sorgen.

Große Reformen angekündigt

Was die Koalition - ebenfalls am ersten Klausurtag - indes zum Thema Aufschwung plant, ist noch ein Geheimnis, die Rede ist davon, "endlich Strukturreformen" auf den Weg zu bringen. Nur: Für konjunkturbelebende Maßnahmen ist kein Geld da. Da sollen Experten Tipps geben. Am zweiten Klausurtag ist dann abgesehen von der Ministerratssitzung auch eine Bestandsaufnahme der "Reformpartnerschaft" mit den Ländern geplant - da soll Bilanz gezogen werden, "wo wir jetzt stehen".

Budget kracht wie eine Kaisersemmel

Dass das Budget wie eine Kaisersemmel kracht, wird in der Koalition zwar abgestritten - oe24 wurde aber von zwei der drei Ampelparteien bestätigt, dass für 2026 nachgeschärft werden muss. Zwei Bereiche, wo viel Geld zu holen ist, sind die Pensionen sowie die Beamtengehälter. Und in beiden Bereichen sind die Erhöhungen mit 2,7 bzw. über 3 % bereits gesetzlich geregelt. Keine leichte Sache - doch ob das Thema bereits bei der Klausur angegangen wird, ist unwahrscheinlich.

Finanzminister Markus Marterbauer hat sich jedenfalls bereits im Urlaub auf einen heißen Herbst vorbereitet: Auf Instagram postet er mit Blick auf das Grödner Tal das neueste Wifo-Buch "Wirtschaftsstandort Österreich". Der Text ist ein bisschen eine Kampfansage: "Unter Wettbewerbsfähigkeit verstehen die WIFO-Ökonom:innen ,die Fähigkeit eines Wirtschaftssystems, … nachhaltig hohe Realeinkommen zu schaffen und die sozialen und ökologischen Lebensbedingungen zu verbessern.' Gefällt mir."

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