Das sagt ÖSTERREICH

Wenn die Regierung im ORF "putscht" muss es ein ORF-Volksbegehren geben

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner. 

35 ORF-Stiftungsräte werden am Dienstag die Medienzukunft unseres Landes entscheiden, wenn sie den neuen ORF-Generaldirektor wählen. Ihre Wahl wird die Medienpolitik dieses Landes für Jahre prägen.Es geht schlicht um die Frage: Wird die größte Medien-Orgel dieses Landes in Zukunft parteiunabhängig sein? Oder wird aus unserem Staatsfunk ein ­Regierungsfunk?

Eines sei gesagt: Alle vier Kandidaten sind fachlich exzellent.

Lisa Totzauer führt ORF 1 bemerkenswert innovativ und zeigt, welche Führungsqualitäten Frauen haben.
Thomas Prantner hat mit TVthek und orf.at die erfolgreichsten Digitalangebote Europas aufgebaut.
Roland Weißmann hat den ORF (freilich unter Führung von Wrabetz) wirtschaftlich gut durch die Pandemie gebracht.
Und Alexander Wrabetz ist derzeit der erfolgreichste Chef eines öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens Europas, er führt diesen Staatsfunk seit 15 Jahren fast fehlerfrei und gewährleistet wenigstens ein Minimum an Unabhängigkeit.

Überall in der freien Wirtschaft oder sonst in der Welt würde die Amtszeit dieses General­direktors verlängert werden.

Österreich ist anders – weil Österreich medienpolitisch Nordkorea ist. Hier hat ein Gesetz festgelegt, dass die Regierung mit einer 18:17-Mehrheit via Stiftungsrat einen „General“ nach ihrem Willen im ORF einsetzen kann. Und damit kein Stiftungsrat auf falsche Ideen kommt, muss offen abgestimmt werden.

Die Regierung hat nun festgelegt, dass „ihr“ Kandidat, der vom Freundeskreis der ÖVP-Stiftungsräte „adoptierte“ Vize-Finanzdirektor Weißmann, neuer ORF-Chef werden soll. Und sie will diese Entscheidung mit einer Brutalität durch­ziehen, gegen die Viktor Orbán wie ein Lehrbub wirkt.

Mit Roland Weißmann – bei allem Respekt für seine Arbeit, Innovationen (etwa den ORF-Player) und Qualitäten – wird aus dem „Staatsfunk ORF“ ein reiner „Regierungsfunk ÖVP“. Das ist eine Schande für den ORF – eine Schande für Österreich. Unser Land wird damit zur ärgsten Medien-Diktatur Europas.

Im Gegensatz zu allen anderen EU-Staaten hat die Regierung in Österreich nämlich seit Jahrzehnten die Entwicklung einer konkurrenzfähigen Privat-TV-Szene brutalst verhindert und stattdessen den ORF mit wahnwitzigen 660 Millionen Euro Gebühren pro Jahr zu einem Medienmonopol gefüttert.

Das heißt: Ein milliardenschwe­rer Regierungs-ORF wird gegen private Zwerge die Informations­politik dieser Regierung in alle Haushalte transportieren.

Wenn die 18 türkisen Stiftungsräte wirklich die Kühnheit besitzen und den wenigstens re­lativ unabhängigen ORF-Chef Alexander Wrabetz gegen den komplett regierungsdiktierten Roland Weißmann „wegputschen“, dann ist der Bogen überspannt. Es gibt Grenzen, was sich die Österreicher gefallen lassen. Ganz sicher nicht, dass ihnen die ÖVP einen Regierungsrundfunk aufzwingt, den sie wie Vollidioten auch noch mit mehr als 300 Euro GIS im Jahr finanzieren müssen.

Wenn also bei den Stiftungsräten nicht noch in letzter Sekunde ein Umdenken für einen unabhängigen ORF einsetzt und der Regierungsputsch durchgezogen wird, …

… dann ist es höchste Zeit für ein neues Rundfunk-Volksbegehren. Dann sollen die Österreicher einmal klar sagen, ob sie weiter einen Stiftungsrat mit lauter Politikern und Regierungsmehrheit wollen; ob sie weiter die höchste Rundfunkgebühr Europas zahlen wollen oder ob man die GIS endlich abschaffen soll; ob der Staatsfunk ORF weiter ein Monopol haben oder mit den privaten TV-Sendern gleichgestellt werden soll.

Der drohende Regierungsputsch muss der Letzte in der heimischen Medienpolitik sein – die ORF-Seherinnen und -Seher sollten sich wehren: mit einem Volksbegehren für die Unabhängigkeit des ORF. 

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