NHL

Neue Rolle für Nödl bei Flyers

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Wiener spielt nur in vierter Linie, dafür viel Eiszeit im Unterzahlspiel.

Fast die halbe Mannschaft der Philadelphia Flyers ist dem Umbau nach dem klaren Aus in der zweiten Runde des Play-off der National Hockey League (NHL) zum Opfer gefallen. Auf Andreas Nödl baut Trainer Peter Laviolette aber weiter. Der österreichische Eishockey-Stürmer hat einen neuen Zweijahresvertrag und zumindest vorerst eine neue Rolle erhalten. Nödl ist in die vierte Linie gerutscht, hat dafür eine aufgewertete Aufgabe im Unterzahlspiel.

Gehirnerschütterung überstanden
Nödl hat die Gehirnerschütterung, die er im zweiten Play-off-Spiel gegen die Buffalo Sabres (Thomas Vanek) erlitten hatte, überstanden und sich im Sommer mehr Muskelmasse antrainiert. Nun steht er bei rund 90 kg im Vergleich zu 86 im Jahr davor. "Ich habe in der vergangenen Saison fünf Kilo verloren. Durch die Gehirnerschütterung noch einmal fünf Kilo, weil ich nur schlafen konnte und nichts trainieren. Da war ich nur noch eine Stange", begründete Nödl seinen Gewichtsaufbau.

In der Vorbereitung hat er sich darauf eingestellt, mit den Neuen Max Talbot und Zac Rinaldo die vierte Linie zu bilden, mit der er oft gegen die Top-Linien der Gegner spielen wird. Die Defensivaufgaben haben so Vorrang, auch wenn Nödl wieder Tore mitliefern will. In der vergangenen Saison hat der 24-Jährige elf Treffer erzielt und ist auch in einer der Toplinien der Flyers zum Zug gekommen.

Das Kollektiv zählt
"Ich schaue, dass ich ein guter Bestandteil der Mannschaft bin, dass ich in der letzten Minute draußen bin wenn es darum geht, einen knappen Vorsprung zu verteidigen. Dass ich gut in Unterzahl spiele", lauten seine persönlichen Ziele. Gegen Boston (2:1) hat Laviolette in der Schlussphase auf Nödl vertraut. Der Flügel sieht daher seine Rolle aufgewertet. "Der Trainer zeigt damit, dass er dir vertraut. Das sagt dann schon einiges, das sehen auch die Mannschaftskollegen", erklärte er.

Großer Konkurrenzkampf
Die Hoffnung auf einen Aufstieg in eine der Scorerlinien hat er aber längst nicht aufgegeben. "Aber wir haben immer gute Stürmer, der Konkurrenzkampf ist sehr groß. Und solange wir gewinnen, gibt es keinen Grund, etwas zu verändern", sagte Nödl. Der Start mit zwei Auswärtssiegen bei Titelverteidiger Boston Bruins und den New Jersey Devils ist jedenfalls geglückt.

Vergleich mit Titelverteidiger Boston
Nödl will den guten Start nicht überbewerten, traut dem neuen Flyers-Team aber viel zu und sieht Ähnlichkeiten mit dem aktuellen Stanley-Cup-Sieger. "Wir haben vier Linien die regelmäßig spielen, so wie Boston. Die haben auch keinen Superstar, aber drei Linien, die Tore machen, und ihre vierte Linie spielt auch viel. Sie haben auch gute Verteidiger und einen super Tormann. Ich glaube so sind heuer auch wir aufgebaut", analysierte der Wiener.

Das wird man in Philadelphia gerne hören. Denn von den Flyers wird stets viel erwartet, bei Misserfolgen endet die Geduld von Medien und Fans schnell. "Der Druck ist sehr groß. Wenn wir verlieren, schreiben die Medien nur schlecht. Und die Fans haben uns schon ausgebuht, obwohl wir Erster oder Zweiter in der Liga waren, nur weil wir hinten waren. So ist es, wenn man in Philadelphia spielt, in New York oder in Kanada", erklärte Nödl.

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Philadelphia ist mit knapp über 1,5 Millionen Einwohnern die fünftgrößte Stadt der USA. Im Zentrum rund um die 'Liberty Bell', mit der im Juli 1776 die Unabhängigkeit der USA eingeläutet worden ist, herrscht viel Hektik. Davon bekommt Nödl nichts mit. Der 24-jährige Wiener hat mit Freundin Jena und Hund Stella ein Appartement in einer ruhigen Gegend bezogen, wo er sich vom stressigen Spielplan der NHL erholt.

Ruhe, "sonst packst du es nicht"
Nödl hat sich in einer neuen Appartementsiedlung jenseits des Delaware-Flusses im Staat New Jersey niedergelassen. In Voorhees hat er nur wenige Minuten zum Trainingsgelände der Philadelphia Flyers, der Flyers Skate Zone, und viel Ruhe. "Du musst abschalten können, sonst packst du die lange Saison nicht. Wenn ich nach Hause komme, will ich vom Eishockey gar nichts wissen. Dann schaue ich im Fernsehen Football oder Baseball, spiele Videospiele, koche mit meiner Freundin, gehe mit ihr shoppen oder mit dem Hund Gassi", beschreibt der Weinliebhaber seine unspektakuläre Freizeitgestaltung.

Eishockey bleibt in der Halle
In der Wohnung findet man nur wenige Eishockey-Erinnerungsstücke. Die Aufstellung seiner ersten NHL-Partie hängt eingerahmt an der Wand, genauso eine Plakette mit dem Puck, mit dem er sein erstes NHL-Tor geschossen hat. Mit seinem Outfit erinnert er vielmehr an zwei große US-Stars aus anderen Sportarten. Das Kapperl ist eines von Tiger Woods, ein Armband von Lance Armstrong. "Ich golfe sehr gerne und Woods ist mein Lieblingsgolfer. Das ist meine Lieblingssport im Fernsehen neben Football. Und die Tour de France habe ich mir immer gerne angeschaut, als Armstrong siebenmal gewonnen hat", sagt Nödl, der entspannt und locker wirkt, obwohl in Philadelphia stets viel Wirbel um die Flyers herrscht.

Sommerresidenz in Minneapolis
Nödl hat sich heuer häuslicher eingerichtet. Nicht nur in Voorhees, sondern auch in Minneapolis, wo er sich ein Appartement gekauft hat. Denn dort hat er seine Eishockey-Ausbildung und das College absolviert, von dort kommt auch Jena, die Tochter eines Managers der Flyers. Und dort kann sich Nödl vorstellen, einmal sesshaft zu werden. "Im Sommer ist es dort Weltklasse. Es gibt viele Seen, man kann viel Golf spielen, meine besten Freunde sind dort. Und es gibt gute Trainingsmöglichkeiten."

Finanzielle Sicherheit
Möglich gemacht hat das der neue Vertrag, den er im Sommer unterzeichnet hat und der ihm 845.000 Dollar pro Jahr garantiert. Nödl hat dabei finanziell sogar einen ganz kleinen Schritt zurück gemacht. Wichtiger war ihm, dass er einen One-Way-Vertrag für zwei Jahre bekommen hat, er also nichts verliert, wenn ihn der Club ins Farmteam schicken sollte. Zudem hat er bei den Flyers, die stets bis an die Gehaltsobergrenze gehen, als billiger Spieler auch bessere Karten für Einsätze. "Ich wollte hierbleiben. Ich habe mir keine Sorgen gemacht, aber es ist beruhigend, dass ich für zwei Jahre ein fixes Gehalt bekomme", erklärt er.

Erinnerungen an den WEV
Trotz des guten Vertrags und des Aufstiegs, der ihn von der österreichischen Nationalliga bis zu einem Spitzenclub in der stärksten Liga der Welt geführt hat, ist der Wiener bescheiden geblieben. Er denkt noch gern an die Zeit beim WEV zurück, als er mit 15 Jahren bei den Erwachsenen Fuß fasste. "Das hat mir am meisten geholfen, das war eine gute Zeit. Da hast du viele Freunde. Das ist schon, was ich hier vermisse. Es war eine Kameradschaft, wir hatten gemeinsam Training, dann sind wir gemeinsam ins Kino oder weg gegangen. Hier ist es nur Business. Du gehst hin, fünf Stunden Training und Meetings. Du bist gut Freund mit ihnen, sie respektieren dich, aber es geht jeder seinen eigenen Weg", meint Nödl. Etwa einmal im Monat gibt es aber auch in Philadelphia einen Spielerabend mit Frauen und Freundinnen.

Riskanter Weg
Dass er schon früh den Sprung nach Amerika gewagt hat, bereut er aber keineswegs. "Ich wäre sicher nicht in der NHL, wenn ich nicht mit 17 schon herübergegangen wäre", ist er überzeugt. So wie das auch Pöck, Vanek oder Grabner mit Erfolg getan haben. "In letzter Zeit gibt es aber nicht viele junge Österreicher, die nach Amerika kommen. Weil es doch ein großer Sprung ist. Was ich so höre, gehen viele nach Schweden oder Finnland", weiß Nödl.

Nödl ist über das österreichische Eishockey noch gut informiert. Capitals-Stürmer Rafael Rotter ist einer seiner besten Freunde, "und meine Mutter geht auch zu den Capitals und erzählt mir dann". Auch über das Nationalteam erkundigt er sich, auch wenn er nur bei einer Weltmeisterschaft (2009 in der Schweiz) mit dabei war. Gern würde er wieder kommen, allerdings wird er nur dann freigestellt, wenn die Flyers das Play-off verpassen oder frühzeitig ausscheiden. Das ist eher unwahrscheinlich. "So ist das halt, wenn du bei einer guten Mannschaft spielst". Er hätte es schlimmer erwischen können.

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