Polster & Krankl

Die große Bundesliga-Bilanz

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Unser Fußball spielt verrückt. Die Fans können sich schon jetzt aufs Frühjahr freuen. Das sagen Krankl und Polster zum irren Titelkampf.

ÖSTERREICH: Hätten Sie das so erwartet, Herr Krankl?
Hans Krankl: Nein. Mein Favorit ist Rapid gewesen. Normal muss Rapid auch Winterkönig werden, aber Rapid hat daheim zu viele Punkte verschenkt.

ÖSTERREICH: Hatten Sie Sturm auf Ihrer Rechnung, Herr Polster?
Toni Polster: Ich bezweifle, dass irgendjemand Sturm auf der Rechnung hatte. In Graz sind sie wahrscheinlich selbst am meisten überrascht. Trainer Franco Foda hat viel von Ivica Osim gelernt. Er setzt Osims Weg konsequent fort. Sturm spielt einen modernen Fußball, ist technisch gut. Sturm hat die Winterkrone verdient.

ÖSTERREICH: Kann Sturm Meister werden?
Krankl: Für mich gibt es im Frühjahr keinen Favoriten. Sturm, Salzburg, Austria, Rapid und LASK – sie alle greifen nach dem Titel. Und Mattersburg darf man auch nicht vergessen.

Polster: Für mich sind die Bullen noch immer der Top-Favorit. Jede Wette: Die rüsten in der Winterpause auf, holen einen Torjäger. Zickler allein schießt Salzburg nicht zum Titel. Es bleibt bis zum Schluss eng.

ÖSTERREICH: Was ist mit der Austria?
Polster: Die Austria hat im letzten Drittel der Herbstmeisterschaft alles verspielt. Dieser Einbruch hätte niemals passieren dürfen.

Krankl: Georg Zellhofer hat einen Riesenfehler gemacht. Er hat ständig von Austrias Doppelbelastung geredet und davon, wie müde die Mannschaft ist. Ich weiß es aus eigener Erfahrung: Als Trainer neigst du dazu, Ausreden zu suchen. Aber damit servierst du deinen Spielern geradezu ein Alibi. Mir geht diese Raunzerei gewaltig auf die Nerven. Zellhofer hätte froh und stolz sein müssen, dass die Austria überhaupt im Europacup dabei ist.

ÖSTERREICH: Sturm vorn, der LASK als Aufsteiger auf Tuchfühlung zur Tabellenspitze – ist das ein Armutszeugnis für die Großen?
Polster: Wo, bitteschön, gibt es bei uns noch Große? Ich sehe keine mehr! Die Liga wächst zusammen.

Krankl: Außerdem ist der LASK kein Aufsteiger im klassischen Sinn. Da spielen lauter Routiniers, das ist ein echter Spitzenklub. Der LASK kann Meister werden.

ÖSTERREICH: Spricht das jetzt für oder gegen das Niveau unserer Liga?
Polster: Wie stark die Liga ist, sieht man international. Die schwachen Europacup-Auftritte unserer Vereine sind kein Zufall. Wir haben Probleme, das Tempo mitzuhalten. Andere entwickeln sich weiter, sogar die Färöer Inseln tun das.

Krankl: Aber nur darüber zu jammern, wie schlecht alles ist, wird mit der Dauer auch fad. Wir sind ein kleines Land mit beschränkten Möglichkeiten und verlangen Überleistungen. Wir wollen uns mit England, Spanien, Italien und Deutschland messen – das funktioniert nicht. Man muss kritisch sein, und ich bin kritisch, aber man muss auch ehrlich sein. Unsere Liga lebt, sie verläuft hochdramatisch, die Stadien werden gestürmt – das ist positiv!

ÖSTERREICH: Und wie sehen Sie den Abstiegskampf?
Krankl: Der spitzt sich auch zu. Kärnten ist für mich die Enttäuschung des Jahres.

Polster: Kärnten ist von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Die dachten, sie bekommen von Pasching die besten Spieler. Aber das ist nicht der Fall gewesen. Top waren Baur, Sariyar und Mayrleb. Die sind woanders gelandet. Altach und Innsbruck müssen im Frühjahr auch noch zittern.

Moderation: Christian Russegger/ÖSTERREICH

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