Sportlich ist Rapid auf einem guten Weg in die CL-Quali. Doch intern brodelt es gewaltig beim Wiener Traditionsklub.
Die Corona-Krise, die verpatzte Chance auf den Meister-Titel und vor wenigen Tagen der Umgang mit dem sexistischen Fan-Plakat: All das brachte bei den Rapid-Fans wohl das Fass zum Überlaufen. Die Initiative "Rapid bin ich" schießt in einer Aussendung scharf gegen die Klub-Bosse, allen voran gegen Geschäftsführer Christoph Peschek.
Auch die "Unsichbarkeit" von Präsident Martin Bruckner ärgert die Fans. "Scheinbar hat das aktuelle Präsidium den Verein gänzlich dem Geschäftsführer Wirtschaft überlassen, der damit offenbar überfordert ist", geht die Aussendung mit Peschek hart ins Gericht.
Die Initiative wirft der Klubspitze außerdem mangelnde Transparenz sowie einen unprofessionellen Umgang mit aktuellen Themen vor.
Die komplette Aussendung von "Rapid bin ich" hier im Wortlaut:
Liebe Rapid-Mitglieder,
wir haben zur aktuellen Entwicklung lange geschwiegen, uns die Handlungen der Entscheidungsträger unseres Vereins, speziell des vor über einem halben Jahr neu gewählten Präsidiums, in den letzten Monaten angesehen und sehen nach der letzten Mitgliederversammlung die Lage wie folgt:
Der neue Präsident Martin Bruckner ist mit dem Versprechen angetreten, auf alle in diesem Verein, speziell auf die Verlierer der Wahl, hinzu zu gehen und den Verein wieder zu einen. Davon haben zumindest wir als Mitgliederinitiative nichts bemerkt. Auch anderen Vereinsgremien scheint es so zu gehen. Die versuchte Beeinflussung der Wahl des Kuratoriums-Vorsitzenden durch einen Brief mit Wahlempfehlung an die Kuratoriumsmitglieder wird wahrscheinlich ebenso wenig dazu beigetragen haben wie die abgesagte Sitzung des Beirates im Dezember 2019. Ebenso gab es keinen Kontakt mit dem Ethikrat bis Anfang Juni. Innerhalb von mehr als sechs Monaten wäre ausreichend Zeit gewesen, die man nicht genutzt hat.
Es ist klar, dass die Krise durch die Covid19 Pandemie für unseren und nahezu alle anderen Sportvereine existenzbedrohend ist. Daher war es für uns auch selbstverständlich auf die Erstattung für das Abo aus den ausstehenden Spielen zu verzichten. Was wir nicht verstehen ist allerdings, dass man die Mitglieder und Abonnenten lange im Unklaren ließ hinsichtlich der Vorgangsweise. Wochenlang gab es lediglich Ausflüchte und hinhaltende Antworten, anstatt die Lage ehrlich zu erklären und um den Verzicht auf die Rückzahlung zu bitten. Es war schon lange klar, dass diese Saison keinesfalls mit Zuschauern beendet werden wird. Es gibt wohl kaum ein gutmütigeres Wesen als den Fan in Verbindung mit seinem Verein. Daher ist diese Angst vor klaren Aussagen einfach völlig unverständlich.
Jetzt sogar um den Verzicht auf das Geld für das Auswärtsabo zu bitten, mit der Formulierung, man kann damit zeigen, was für ein großartiger Rapidler man ist, was wiederum impliziert, dass man dies andernfalls eben nicht ist, halten wir für überzogen und unverschämt. Dies auch in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um eine insgesamt gesehen, relativ kleine Summe handelt und dieses Geld auch nie für unseren Verein vorgesehen war. Wir hätten es als schönes Zeichen der Solidarität gesehen, wenn wir dieses Geld den jeweiligen Vereinen mit Ausnahme von Red Bull gespendet hätten. Dass die Verantwortlichen auch noch auf die Idee kamen, die Auswärtsfahrer einzuladen, auf die Rückzahlung für die bereits bezahlte Busfahrt nach Salzburg zu verzichten, wollen wir gar nicht weiter behandeln.
Die Information bei der Mitgliederversammlung bezüglich der finanziellen Lage war auch höchst enttäuschend. Mehr als dass man ein Minus von ca. 6 Millionen Euro erwartet, war nicht zu hören. Es wäre interessant und eine Chance gewesen, den Willen zur immer wieder versprochenen Transparenz zu zeigen, wenn man die voraussichtlichen Einnahmenausfälle in den jeweiligen Geschäftsfeldern aufgezeigt hätte. Stattdessen wurde als „Leuchtturmprojekt“ der Verkauf von 50.000 Schutzmasken gefeiert.
Der letzte Anlass, der die Führungsschwäche aufgezeigt hat, war das sexistische Banner beim Spiel gegen Hartberg. Allerdings ist für uns nicht das Banner der eigentliche Skandal, sondern der Umgang der Verantwortlichen mit der Situation. Abgesehen davon, dass es keine Entschuldigung sein kann, dass der Geschäftsführer noch nicht im Stadion ist, wäre die Stellungnahme gegenüber den Medien keine Angelegenheit für einen bezahlten Mitarbeiter gewesen, sondern für den gewählten Präsidenten oder ein anderes Präsidiumsmitglied. Auf die Qualität der Stellungnahme unmittelbar nach dem Spiel wollen wir hier nicht weiter eingehen.
Scheinbar hat das aktuelle Präsidium den Verein gänzlich dem Geschäftsführer Wirtschaft überlassen, der damit offenbar überfordert ist. Wir wissen aufgrund des mangelhaften Umgangs mit dieser Angelegenheit definitiv von einigen Mitgliedern, die ihre Mitgliedschaft zurückgelegt haben oder es für die nächsten Tage angekündigt haben. Auch sind einige wichtige Sponsoren über das nicht vorhandene Krisenmanagement in dieser Sache massiv aufgebracht, was gerade in dieser schwierigen wirtschaftlichen Zeit ein zusätzliches Risiko für unseren Verein darstellt.
Worauf wir ebenfalls noch eingehen müssen, ist der Umstand, dass die leitende Position des Direktor Finanzen, Organisationsentwicklung, IT & Personal mit dem Trauzeugen des Geschäftsführers Wirtschaft besetzt wurde und dieser auch im Auswahlgremium für diesen Job war, was ganz klar eine Unvereinbarkeit darstellt. Dies ist wieder einmal eine ganz schlechte Optik bei der Besetzung von Spitzenpositionen und lässt die Hoffnung auf Transparenz weiter sinken.
Sorry, aber gutes Krisenmanagement und Leadership sehen anders aus. Rapid verdient mehr! Trotz aller Kritik sind wir aber Rapidler mit ganzem Herzen und wollen nur das Beste für unseren Verein.
Darum haben wir folgende Forderungen für die nahe Zukunft:
Jetzt hat das Präsidium, und dieses steht als gewähltes Leitungsgremium in der Verantwortung, die Pflicht, das Versprechen aus dem Wahlkampf zu erfüllen und den Verein vor Investoren zu schützen und nicht der Versuchung zu erliegen, auf diese Weise kurzfristig Gelder zu lukrieren. Wenn die Situation derart ernst sein sollte, dann müsste man eher überlegen, ob man nicht die Mitglieder als Teilhaber gewinnen sollte.
Es müssen endlich gemäß des angenommenen Antrags bei der außerordentlichen Hauptversammlung des Jahres 2013 getrennte Geschäftsberichte für den Verein und die Kapitalgesellschaft erstellt werden. Wenn dies nicht geschieht, braucht man auch nicht über Transparenz sprechen.
Zum Ende noch ein Aufruf: Bitte bleibt oder werdet Mitglieder und verlängert eure Abos!